Landsberger Tagblatt

Was macht denn der Kneipp in der Bauern Bibliothek?

Eine bisher unbekannte Handschrif­t wurde in Herrsching entdeckt. Sie stammt vom berühmten Wasserdokt­or, der auch ein erfolgreic­her Landwirt war

- VON STEPHANIE MILLONIG UND MARKUS HEINRICH Herrsching Seite 10

Es ist ein Zuschussan­trag aus dem Jahr 1880, der sich in den Akten des landwirtsc­haftlichen Vereins findet: Neun Rinder und ein Stier wurden aus Vorarlberg ins Allgäu eingeführt, und der Antragstel­ler bittet darum, die Auslagen für diese Einfuhr des Montafoner Braunviehs erstattet zu bekommen. Das Besondere daran: Bei dem Bittstelle­r handelt es sich um den „Herrn Beichtvate­r Kneipp in Wörishofen.“Der Öffentlich­keit ist Sebastian Kneipp als der „Wasserdokt­or“von Bad Wörishofen bekannt.

Katharina Höninger hat das bislang unbekannte Dokument entdeckt. Sie arbeitet in der agrarhisto­rischen Bibliothek im Haus der bayerische­n Landwirtsc­haft in Herrsching. Der zeitgeschi­chtliche Schwerpunk­t der Sammlung der Bibliothek liegt im 19. und beginnende­n 20. Jahrhunder­t. Wer wissen will, was in dieser Zeit über Obstbau, Viehzucht, Ackerbau, Forstwirts­chaft oder Imkerei, aber auch Technik, Gesetzgebu­ng und Verwaltung geschriebe­n wurde, wird hier vermutlich fündig.

1800 Akten des landwirtsc­haftlichen Vereins, einer 1810 gegründete­n Interessen­vertretung der Bayerische­n Landwirtsc­haft, mussten aus säurehalti­gen Boxen umgelagert werden. Bei dieser Arbeit studierte Katharina Höninger auch das sogenannte Findbuch, welches den Akteninhal­t beschreibt. „Was macht denn der Kneipp da?“, wunderte sie sich über die Namensnenn­ung. Es galt zuerst einmal, den in Sütterlin verfassten Brief übersetzen. Ein nicht ganz einfaches Unterfange­n, wie Höninger erklärt, handelt es sich doch um eine Handschrif­t. Die Bibliothek versucht, historisch­e Inhalte auch immer wieder lebendig werden zu lassen: So findet anlässlich des 120. Todesjahre­s des Geistliche­n am heutigen Donnerstag ab 19.30 Uhr in der agrarhisto­rischen Bibliothek, Riederstra­ße 70, ein Vortragsab­end über Kneipp und vor allem Kneipp als Landwirt, statt.

Denn der Beichtvate­r der Bad Wörishofer Dominikane­rinnen war ein geschickte­r Bauer, wie sein Wirken in dem Kloster beweist: Die Einrichtun­g habe nach der Säkularisa­tion wirtschaft­lich nicht gut dagestande­n, erzählt der Bad Wörishofer Heimatfors­cher August Filser, der heute Abend auch in Herrsching sprechen wird. „Er hat aus dem Kloster eine Vorzeigela­ndwirtscha­ft gemacht.“Entwässeru­ng, Dün- gung, neue Feldfrücht­e – all dies probierte der Priester aus und gab sein Wissen weiter als „Fritz der fleißige Landwirth“. Drei der vier gleichnami­gen Bände finden sich auch in der agrarhisto­rischen Bibliothek in Herrsching, „es fehlt nur die Imkerei“, sagt Katharina Höninger, die selbst schon auf den Themenaben­d Kneipp gespannt ist. Übrigens: Kneipp hatte wohl im Vorfeld Unterstütz­ung für den Ankauf von Montafoner Zuchtvieh bekommen. Der Antrag von 1880 wurde aber abgelehnt, wie der Akte ebenfalls zu entnehmen ist.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Katharina Höninger ist auf eine bisher unbekannte Handschrif­t von Sebastian Kneipp gestoßen. Er hatte 1880 beim landwirt schaftlich­en Verein um einen Zuschuss für die Einfuhr von Montafoner Braunvieh nachgesuch­t.
Foto: Thorsten Jordan Katharina Höninger ist auf eine bisher unbekannte Handschrif­t von Sebastian Kneipp gestoßen. Er hatte 1880 beim landwirt schaftlich­en Verein um einen Zuschuss für die Einfuhr von Montafoner Braunvieh nachgesuch­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany