Was macht denn der Kneipp in der Bauern Bibliothek?
Eine bisher unbekannte Handschrift wurde in Herrsching entdeckt. Sie stammt vom berühmten Wasserdoktor, der auch ein erfolgreicher Landwirt war
Es ist ein Zuschussantrag aus dem Jahr 1880, der sich in den Akten des landwirtschaftlichen Vereins findet: Neun Rinder und ein Stier wurden aus Vorarlberg ins Allgäu eingeführt, und der Antragsteller bittet darum, die Auslagen für diese Einfuhr des Montafoner Braunviehs erstattet zu bekommen. Das Besondere daran: Bei dem Bittsteller handelt es sich um den „Herrn Beichtvater Kneipp in Wörishofen.“Der Öffentlichkeit ist Sebastian Kneipp als der „Wasserdoktor“von Bad Wörishofen bekannt.
Katharina Höninger hat das bislang unbekannte Dokument entdeckt. Sie arbeitet in der agrarhistorischen Bibliothek im Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching. Der zeitgeschichtliche Schwerpunkt der Sammlung der Bibliothek liegt im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Wer wissen will, was in dieser Zeit über Obstbau, Viehzucht, Ackerbau, Forstwirtschaft oder Imkerei, aber auch Technik, Gesetzgebung und Verwaltung geschrieben wurde, wird hier vermutlich fündig.
1800 Akten des landwirtschaftlichen Vereins, einer 1810 gegründeten Interessenvertretung der Bayerischen Landwirtschaft, mussten aus säurehaltigen Boxen umgelagert werden. Bei dieser Arbeit studierte Katharina Höninger auch das sogenannte Findbuch, welches den Akteninhalt beschreibt. „Was macht denn der Kneipp da?“, wunderte sie sich über die Namensnennung. Es galt zuerst einmal, den in Sütterlin verfassten Brief übersetzen. Ein nicht ganz einfaches Unterfangen, wie Höninger erklärt, handelt es sich doch um eine Handschrift. Die Bibliothek versucht, historische Inhalte auch immer wieder lebendig werden zu lassen: So findet anlässlich des 120. Todesjahres des Geistlichen am heutigen Donnerstag ab 19.30 Uhr in der agrarhistorischen Bibliothek, Riederstraße 70, ein Vortragsabend über Kneipp und vor allem Kneipp als Landwirt, statt.
Denn der Beichtvater der Bad Wörishofer Dominikanerinnen war ein geschickter Bauer, wie sein Wirken in dem Kloster beweist: Die Einrichtung habe nach der Säkularisation wirtschaftlich nicht gut dagestanden, erzählt der Bad Wörishofer Heimatforscher August Filser, der heute Abend auch in Herrsching sprechen wird. „Er hat aus dem Kloster eine Vorzeigelandwirtschaft gemacht.“Entwässerung, Dün- gung, neue Feldfrüchte – all dies probierte der Priester aus und gab sein Wissen weiter als „Fritz der fleißige Landwirth“. Drei der vier gleichnamigen Bände finden sich auch in der agrarhistorischen Bibliothek in Herrsching, „es fehlt nur die Imkerei“, sagt Katharina Höninger, die selbst schon auf den Themenabend Kneipp gespannt ist. Übrigens: Kneipp hatte wohl im Vorfeld Unterstützung für den Ankauf von Montafoner Zuchtvieh bekommen. Der Antrag von 1880 wurde aber abgelehnt, wie der Akte ebenfalls zu entnehmen ist.