Das neue Viertel soll kein „Ghetto“werden
In Utting sollen 80 neue Wohnungen entstehen. Wie die Planung für das 20-Millionen-Euro-Projekt aussehen soll, erfuhren die Bürger an einem Informationsabend. Bald sind Architekten in einem Wettbewerb gefragt
Auf dem sogenannten Schmucker-Areal in Utting sollen 80 Wohnungen entstehen. Die Gemeinde hat jetzt in der Verwaltungsschule in Holzhausen den Bürgern die Leitplanken für die Planung vorgestellt. So können die Uttinger, bevor diese Zielvorgaben Grundlage für einen europaweiten Architektenwettbewerb werden, Kritik oder Anregungen vorbringen oder sogar für die nächste Gemeinderatssitzung einen Antrag stellen.
Nach den Vorstellungen der Gemeinde sollen auf den knapp 12 000 Quadratmetern 80 barrierefreie Wohnungen entstehen – rund 50 Prozent davon sind Drei- bis Vierzimmerwohnungen, 15 Prozent Einzimmerappartements und fünf Prozent Fünfzimmerwohnungen. Zwei Wohneinheiten sollen behindertengerecht ausgestattet werden, sodass Personen mit einem Elektrofahrstuhl dort leben können. Angedacht sind flache Satteldächer, Rund- und Flachdächer sind nicht gewünscht, das Maximum sind drei Vollgeschosse.
Geplant ist, die Dachgeschosse nicht auszubauen. Wichtig ist der Gemeinde, dass Begegnungsstätten im Haus und in der Außenanlage entstehen, sodass das neue „Stadtviertel“kein „Ghetto“, sondern ein Treffpunkt für alle Uttinger wird. In der Wohnanlage soll auch ein Gemeinschaftsraum mit Küche, Sanitäranlagen und Nebenraum Platz finden. Die Fläche soll, inklusive Tiefgarage, zu höchstens 70 Prozent versiegelt werden. Nur wenige Stellplätze sind oberirdisch vorgesehen, dafür aber 120 überdachte Fahrradstellplätze. Den Autoverkehr schnellstmöglich in die Tiefgarage zu leiten, ist das Ziel. Diese hält Platz bereit für ein Auto pro Wohnung.
Erschlossen werden soll das Grundstück von der Landsberger Straße aus über ein gemeindeeigenes Grundstück. Eine untergeordnete Anbindung an die Hechenwanger Straße im Westen und die Schondorfer Straße im Osten ist ebenfalls denkbar. „Auf eine hohe Gestaltungsund Freiraumqualität ist zu achten, ebenso auf wirtschaftliche Bauweise und die Förderung einer guten Nachbarschaft“, erklärte Christian Schaser vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München. Angedacht sei eine Ener- mit Gas und Pellets. Seine Kollegin Anna-Maria Martin ging auf die Regeln der europaweiten Ausschreibung nach dem VgVVerfahren ein, die erforderlich ist, da die Honorarkosten der Architekten über 209000 Euro liegen werden. 15 bis 20 Architekten werden sich, zusammen mit Landschaftsarchitekten, bewerben. Noch dazu lädt die Gemeinde Büros ein, die, nach Einschätzung der Regierung von Oberbayern, geeignet sind.
Darunter befinden sich aus unserer Region das Büro „Beer-BembéDellinger“aus Greifenberg, die Büros „Atelier Lüps“und „Vonmeiermohr Architekten“aus Schondorf sowie die Planergemeinschaft „Mack-Schmeller“Utting. Die Entwürfe werden von einem Preisgegieversorgung richt bewertet, dem unter anderem Bürgermeister Josef Lutzenberger, die Gemeinderäte des SchmuckerAusschusses sowie ein Architekt aus dem Wessobrunner Kreis angehören. Anschließend werden die Arbeiten öffentlich ausgestellt und Verhandlungsgespräche mit den Preisträgern geführt.
Mit dem Förderbescheid der Regierung von Oberbayern ist bis späauch testens Ende 2019 zu rechnen. Sobald es die Witterung zulässt, soll danach mit den Bauarbeiten begonnen werden, erläuterte Lutzenberger. Er gab zudem einen Rückblick auf die Historie des Grundstückserwerbs, der die Gemeinde inklusive der landwirtschaftlichen Flächen und Gebühren rund fünf Millionen Euro gekostet hat: Nach dem Tod von Dr. Schmucker 2013, wollten die Erben verkaufen. Die Gemeinde erließ eine Vorverkaufssatzung, mit dem Ziel, auf der Fläche Wohnraum für Uttinger zu schaffen, „die sonst nur schwer an bezahlbaren Wohnraum kommen“, so Lutzenberger. Die Gemeinde wird selber bauen und vermieten, die Baukosten könnten sich auf 20 Millionen Euro belaufen. Inzwischen konnte, südlich angrenzend an das SchmuckerAreal, eine weitere Fläche erworben und dem Gelände dazugeschlagen werden.
Wie groß das Interesse der Uttinger an dem neuen Wohnviertel ist, zeigte die hohe Anzahl von über 80 Besuchern, darunter viele Anwohner. Einigen von ihnen fällt der Gedanke, dass nun die Natur vor ihrer Haustüre verschwindet, schwer. So äußerte eine Frau die wohl nicht ernst gemeinte Hoffnung, dass dort vielleicht doch noch ein Nationalpark eingerichtet werden würde. Die frühe Rodung wurde kritisiert, diese wurde jedoch nicht durch die Gemeinde veranlasst. Schattenwurf der hohen Häuser, eine zu enge Bebauung, zu geringe Abstandsflächen und die Befürchtung, dass die künftigen Bewohner doch mehr Autos als geplante Stellplätze haben werden und die umliegenden Straßen noch mehr zugeparkt werden, waren Kritikpunkte.
„Es soll nicht eng und schlecht gebaut werden“, sagte ein Bürger, der auch auf mehr Anwohnerbeteiligung während der Planung pochte. Durch die Zufahrt zum Gelände werden den Anwohnern voraussichtlich keine Erschließungskosten entstehen, so Lutzenberger. Der Umgriff des neuen Bebauungsplans stehe momentan noch nicht fest. Anwohner wiesen auch auf die Problematik des Moosgrabens hin, der das Grundstück durchquert. Er ist teilweise verrohrt, die Rohre haben eine Drosselfunktion, bei Regen steige der Wasserpegel schnell auf einen Meter. Kritisiert wurde auch, dass die Gemeinde nun kein Geld mehr für ein Jugendhaus übrig hat.