Dieser Garten hat viele Gesichter
In der Ruheoase von Marianne und Ludwig Bichler in Greifenberg gibt es viel zu sehen. Skulpturen aus Holz, Stein und Metall bilden mit Blumen, Bäumen und Gemüse eine liebenswerte Gemeinschaft
Gärtnern zählt nicht nur im Landkreis Landsberg zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Viele bezeichnen sich als Gartenliebhaber. Beim Tag der offenen Gartentür am Sonntag, 25. Juni, können wieder private Gärten von 10 bis 17 Uhr besucht werden. Im Landkreis geben acht Gartenbesitzer Einblick. Wir stellen sie in loser Reihenfolge vor. Heute den Garten von Marianne und Ludwig Bichler in Greifenberg.
Greifenberg In diesem Garten wimmelt es von Tieren. Riesige Libellen, kleine Bärenkinder, räuberische Adler, freche Katzen, edle Schwäne, Hühner, die einen stolzen Hahn umgurren – die heimische Fauna ist, so scheint’s zumindest, gut vertreten im grünen Reich von Marianne und Ludwig Bichler in Greifenberg. Doch nicht nur Tiere tummeln sich auf der großen Wiese, zwischen Blumenrabatten und Gartenhäuschen und Sitzplätzen. Es ist auch genügend Platz für zwei kleine, Fußball spielende Buben, ein Mädchen, das sein Haar im Wind fliegen lässt, eine auf dem Steg am frisch geschaffenen Schwimmteich in ein Buch vertiefte Leseratte und den Ruderer im Trockendock.
Dass es im Garten der Bichlers trotz dieser Vielzahl an Zwei- und Mehrbeinern paradiesisch ruhig ist, dass weder der Fußball im Blumenbeet landet, noch die Hühner den frisch gepflanzten Salat ausscharren, dass alle eine liebenswerte Gemeinschaft pflegen, hat einen simplen Grund: Es sind hölzerne oder metallische, zuweilen auch durchaus lebendige, dann aber einer ebenso stillen, im Garten wuchernden, willigen Flora übergestülpte Gesellen.
Das Ehepaar Bichler liebt und pflegt nicht nur den mit fast 2000 Quadratmetern riesigen, das gesamte Haus umschließenden Garten, sondern verschönt und schmückt ihn mit immer neuen, kunsthandwerklichen Skulpturen und Objekten. Natürlich selbst gefertigt: „Die Flechtarbeiten sind von meiner Frau“, erklärt Ludwig Bichler, „Holz-, Stein- und Metallfiguren sind von mir.“Marianne Bichler ist, wie sie erzählt, auch auf Flohmärkten unterwegs, findet beispielsweise eine Gartenkugel, die mit etwas Flechtwerk zu neuer Schönheit erblüht. Und Ludwig Bichler verpasst selbst einem einfachen Spaten aus dem Baumarkt noch eine künstlerische Note. Und weil die Ideen noch lang nicht ausgehen und immer wieder Neues entsteht, deshalb geben Bichlers Gartenkunst auch ab. „Der Erlös geht zu 100 Prozent an Ärzte ohne Grenzen oder die Welthungerhilfe“, betont Ludwig Bichler. Kunsttrotzschöne handwerk bleibt dem eine Nebensache, viel wichtiger ist den Bichlers schon der Garten an sich. „Es ist die Freude an der Natur“, sagt Ludwig Bichler, „zu sehen, wie alles wächst und gedeiht“. Da wandern auch mal Dinge, die bei anderen Leuten auf dem Kompost landeten, in Bichlers Garten und bekommen eine zweite Chance. „Ist irgendwo ein Loch, dann wird etwas reingepflanzt“, meinen beide schmunzelnd. Gefällt es der Pflanze, wächst sie an.
In diesem Sinn pflegt Ludwig Bichler eine weitere Leidenschaft: Unter Sträuchern und hinter einem Schuppen ist die Kinderstube von Eiben, Thujen, Nordmanntannen. Längst nicht alle Zöglinge wachsen; gedeihen sie aber, dann wird die Tanne zum Christbaum und aus den Thujen formt Bichler Kunstobjekte. „Der Mensch geht beim Garten in die Lehre“, philosophiert Ludwig Bichler darüber, „wir lernen, was gut wächst und zusammen passt und was nicht so gut ist für den Standort.“
In bunter Mischung gedeihen deshalb Pflanzen aller Art. „Bei uns blüht immer etwas“, sagt Marianne Bichler. Die lang gestreckte Staudenrabatte an der Südwestgrenze zum freien Feld hin, die bei Regenwetter so schön vom Wohnzimmer aus betrachtet werden kann, bestätigt das mit ihren bunten Farben. Ganz nebenbei ist auch die grüne Ernährung der Familie gesichert. An den Tomatenpflanzen reifen bereits erste Früchte, „von den Minigurken haben wir schon geerntet“. Vom jetzt blühenden Rucola werden bald die Samen geerntet. Borretsch breitet sich zwar sehr schnell aus, „aber er ist eine gute Bienenweide“. Denn auch das ist wichtig: Tiere sollen ihren Lebens- und Überlebensraum haben. Werden im Herbst reife, leckere Haselnüsse stibitzt, „dann bleiben für uns immer noch genügend Kerne“. Genügend
Zeit, um all die Pracht zu genießen, bleibt selbstverständlich. Dafür haben Bichlers, „unzählige“Sitzplätze im Garten verteilt. Mitten in der Wiese locken beispielsweise bequeme Flechtstühle an die Grill- und Feuerstelle. Marianne Bichler hat sich ein lauschiges Geheimplätzchen eingerichtet. Und die alte, morsch gewordene Bank darf, obwohl es längst einen bruchsicheren Nachfolger gibt, unter einem Apfelbaum ihren Lebensabend genießen. „Die hab’ ich halt gemeinsam mit unserer Tochter gemacht“, meint Marianne Bichler, „da hängen Erinnerungen dran“.