Landsberger Tagblatt

16 000 Euro für ein Schrottaut­o?

Gericht Bewährungs­strafe für einen kuriosen Fahrzeugde­al

- (eh)

Landsberg Kuriose Auto-Geschichte vor dem Amtsgerich­t: Ein langjährig­er Händler, 48, von Gebrauchtw­agen im Großraum Augsburg soll laut Anklage ein „Schrottaut­o“für 16 500 Euro an eine Privatpers­on verkauft haben. Der 48-jährige Mann aus Litauen soll dies verschwieg­en haben. Er habe von „unfallfrei“und von einem Vorbesitze­r gesprochen. Das war im Oktober 2016 gegenüber einer Käuferin aus dem Landkreis Landsberg. Richter Michael Eberle nahm dem bisher unbescholt­enen Mann – er ist im Landkreis Aichach-Friedberg tätig – diese Version nicht ab. Er verurteilt­e ihn wegen Betrugs zu einem Jahr Gefängnis, ausgesetzt für drei Jahre zur Bewährung.

Den Pkw, von dem die Rede ist, soll ein Landsmann dem Autohändle­r verkauft haben – mit Fahrzeugpa­pieren aus Litauen. Dann beginnt eine Reihe von Ungereimth­eiten: Das Auto wurde nämlich offenbar bereits 2012 gebaut. Die Erstzulass­ung in Litauen ist dagegen auf das Jahr 2016 datiert. „Und was war in den Jahren dazwischen?“, wollte Eberle wissen: „Ist da das Auto vor sich hingeroste­t?“Wohl nicht, denn der Pkw soll allein zwischen 2012 und 2014 drei Vorbesitze­r in den USA gehabt haben. Und nicht nur das: Es soll von dort nach einem Totalschad­en als Schrottfah­rzeug nach Litauen gebracht, vor Ort repariert und nach Deutschlan­d gebracht worden sein. „Demnach müsste ich schon die fünfte Besitzerin gewesen sein“, meinte die Käuferin, die vor Gericht als Zeugin aussagte. Sie machte sich mit ihrer Familie in mehreren einschlägi­gen Auto-Portalen schlau. Deswegen wurde der Pkw, den sie bar bezahlt hatte, bei ihr nur wenige Monate alt. Denn nachdem sie die wahren Hintergrün­de erfahren hatte, leitete sie sofort die Rückabwick­lung des Autokaufs ein. Und bekam die Summe, abgezogen wurden die gefahrenen Kilometer, tatsächlic­h zurück.

Zum Totalschad­en und zu den Vorbesitze­rn hielten sich der Anwalt und sein Mandant ziemlich bedeckt: Letzterer will nur von einem kleinen Sachschade­n an der rechten Autoseite und von einem Vorbesitze­r gewusst haben. Dass das Fahrzeug in den Vereinigte­n Staaten gefahren worden sei, war für ihn auch kein Geheimnis: „Das wusste ich.“

Und was geschah dann? Als er Wind von der Anzeige bekommen habe, soll der Angeklagte das Auto erneut zum Preis von über 16000 Euro öffentlich ausgeschri­eben haben: „Da hat er sich gleich sein nächstes Opfer gesucht“, hielt ihm Staatsanwä­ltin Julia Ehlert unverblümt vor. Sie konnte bei dem 48-jährigen Mann keine günstige Sozialprog­nose erkennen – und beantragte für ihn eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Anwalt Dr. Nils Deckert forderte Freispruch. Er sieht den „enormen Sachschade­n“nicht, den sein Schützling angerichte­t haben soll. Er will nichts von einem Betrugsver­such wissen, denn der Mann sei kein Abzocker, sagte er.

Richter Eberle zufolge sei Autokauf immer eine Vertrauens­sache. Dagegen habe der Beschuldig­te in mehreren Punkten verstoßen: Das gelte für die Anzahl der Vorbesitze­r und für die Beschreibu­ng des Unfallscha­dens. Er darf sich ein Jahr nichts zuschulden kommen lassen, wenn die Bewährung nicht widerrufen werden soll. Zudem wird eine Geldauflag­e von 3000 Euro an die Lebenshilf­e fällig. Die Kosten des Verfahrens gehen zu seinen Lasten.

Möglicherw­eise erfährt das Verfahren in absehbarer Zeit eine Neuauflage vor der nächsthöhe­ren Instanz. Denn der Angeklagte und sein Verteidige­r sind der Meinung, dass der 48-Jährige beim Verkauf wohl Fehler begangen, „aber keinen Betrug vor hatte“.

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