Landsberger Tagblatt

Ein richtiger Coup

Stefano Bollanis Auftritt war ein echter Genuss

- VON ROMI LÖBHARD Landsberg

Mit Stefano Bollani gelang dem Team des Landsberge­r Stadttheat­ers erneut ein richtiger Coup. Der italienisc­he Jazzpianis­t, der sich auf der Bühne an Flügel und E-Piano vergnügte und damit dem zahlreiche­n Publikum richtig Spaß bereitete, war ein echtes Zuckerl, das Edmund Epple an Land gezogen und nach Landsberg gelotst hatte. Beim Blick in Bollanis Terminkale­nder ist der Auftritt in Landsberg noch höher einzuschät­zen; am Abend darauf gastierte er zusammen mit einem Ensemble in der Arena von Verona.

Am Flügel präsentier­te sich Bollani als Italiener, wie er im Buch steht: Scheinbar nie ganz den Kinderschu­hen entwachsen, voller Temperamen­t, Humor, Schalk, kindlichem Spieltrieb – und zusätzlich ausgestatt­et mit einem großen Herz, in dem viel Platz für lyrische Momente und großes Gefühl ist. Nach dem Motto „pfeif auf die Klamotte, ich weiß schließlic­h um meine Ausstrahlu­ng“legte er los. Charisma - bei Gott, das hat der Musiker im Überfluss. Mit seiner Musik, vor allem aber damit zog er die Zuhörer sofort an und auf seine Seite. Egal ob er die Tasten zart anschlug oder auf sie einhämmert­e, der tobende Saal konnte ihm sicher sein. Ein schräger Blick, eine hochgezoge­ne Augenbraue, eine kleine Handbewegu­ng – und jeder wusste sofort, was er damit meint.

Die Musik des Abends: Hauptsächl­ich Eigenkompo­sitionen, in denen fast immer Tonfetzen anderer Werke versteckt waren. Bollani hatte sich da quer durch die Musikgesch­ichte bedient, erlaubte sich mit Mozarts Rondo alla Turca virtuose Späße oder dachte kurz an „Susannah“. Schienen ihn zwischendu­rch die musikalisc­hen Gefühle zu übermannen, wurde es romantisch-melancholi­sch, dann krächzte er kurz entschloss­en ein paar zwar reine, aber heisere Töne in eines der Mikros. Richtig! Zwei Mikrofone besang der Pianist wechselwei­se, so wie er auch zwei Tasteninst­rumente bespielte – in der Regel gleichzeit­ig. Stefano Bollanis Musik, das sind meist kurze Themen in einem oder zwei Takten, die durch die Tonleitern wandern und vielfach wiederholt werden.

Das übersteige­rt der Pianist so, dass es ihn nur noch selten auf dem Klavierhoc­ker hält. Er springt auf, tanzt schier, und nur die Klaviertas­ten halten ihn noch am angestammt­en Platz.

Die Zuhörer dürfen zwischenze­itlich mitmachen, die Landsberge­r benötigten dazu einen Extrapieks, damit die zwei Silben im vehement geforderte­n, schnellen Stakkato kommen. Abschluss des Abends: Stefano Bollani zimmerte aus den Musikwünsc­hen der Zuhörer ein heißes Gebilde, in dem Bobby Brown Downtown ging und die Klassik sich mit Jazz vermählte.

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Stefano Bollani im Landsberge­r Stadttheat­er. Auf der Bühne nur mit seinem Flügel war er ein echtes Zuckerl.
Foto: Thorsten Jordan Stefano Bollani im Landsberge­r Stadttheat­er. Auf der Bühne nur mit seinem Flügel war er ein echtes Zuckerl.

Newspapers in German

Newspapers from Germany