Singen macht viele glücklich
In Stadt und Landkreis ist in Chören und Blaskapellen viel geboten. Tausende Sänger und Instrumentalisten schätzen vor allem die Gemeinschaft – und das über Generationen hinweg
Landsberg wird von heute an für drei Tage zur Stadt der Musik: Zu den Europa-Tagen der Musik werden laut dem Bayerischen Musikrat rund 2000 Musiker und Sänger erwartet. Aber auch außerhalb dieses Großereignisses haben Singen und Musizieren eine große Bedeutung und sind für Tausende Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder ein schöner Teil des Alltags.
Die Vorsitzende des Chorverbands Landsberg, Maria Thomamüller, die beim Sängerkreis Gemütlichkeit in Egling singt, beschreibt das beispielsweise so: „Da kann ich mich wohlfühlen, vor allem, wenn ich gestresst von der Arbeit heimkomme: Nach der Gesangsprobe bin ich dann total relaxed und gehe anders heim, als ich weggegangen bin.“
Wie viele Menschen im Landkreis diese Art von Entspannung pflegen, kann Thomamüller nur schätzen: Im Chorverband selbst sind 27 Gesangsgruppen mit rund 700 Sängern organisiert – angefangen vom Kinderchor über Neugründungen wie dem „LiChörchen“aus Landsberg bis hin zum Männergesangsverein mit mehr als 100-jähriger Tradition. „Das sind aber längst nicht alle Chöre“, sagt Thomamüller. Insgesamt dürfte es im Landkreis rund 2000 Personen geben, die regelmäßig in Chören singen. Vor allem in den Kirchenchören finden sich viele weitere Sänger.
Der Eglinger Chor bestehe aus 25 Damen und 14 Herren. Einst als Männerchor gegründet, haben dort – wie häufig – die Frauen die Oberhand gewonnen. Zwar seien viele Männerchöre geschrumpft – Hofstetten und Pürgen fusionierten deswegen schon – oder wurden zu „gemischten Chören“, aber es gebe auch andere Beispiele: Die Uttinger „Liedertafel“bestehe aus mehr als 35 Sängern.
Wie bei allen anderen Vereinen ist auch bei den Chören die Gewinnung von Nachwuchs ein bestimmendes Thema, sagt Thomamüller, aber auch ein schwieriges Geschäft: Kinder- und Jugendchöre gibt es zwar etliche, aber mit dem Erwachsenwerden breche der Kontakt oft ab, bedauert die Sängerchefin.
Traditionelle Chornamen wie „Gemütlichkeit“und „Harmonie“sind übrigens durchaus programmatisch zu verstehen: „Es muss immer auch menschlich harmonieren, und in allen Chören entwickeln sich ganz viele private Kontakte, es gibt einen guten Zusammenhalt und man fühlt sich gut aufgehoben“– und dort kämen alle Bevölkerungsschichten zusammen – von der Verkäuferin bis zum Medizinprofessor.
Ein weiterer schöner Aspekt des Chorgesangs ist für Thomamüller, dass dieser auch noch im hohen Alter möglich ist. „Auch ältere Sänger können immer noch eine Heimat haben“, sagt Thomamüller, und für viele sei der wöchentliche Probenabend eben die Gelegenheit, unter andere Leute zu kommen.
Und das Vereinsleben besteht inzwischen nicht mehr nur aus regelmäßigen Proben und Auftritten. Gute Chorleiter sind nicht umsonst zu haben. Und um das Honorar bezahlen zu können, müsse man auch Geld haben. In Egling verdienen sich die Sänger dieses beispielsweise mit ihrem Stand auf dem Christkindlmarkt und bei ihrem Weinfest. Die Europa-Tage der Musik sieht Thomamüller als gute Möglichkeit, auf den Chorgesang im Landkreis aufmerksam zu machen: Beim morgigen Tag der Laienmusik werden allein 15 Chöre aus dem Landkreis gemeinsam mit weiteren Ensembles aus ganz Bayern zwischen 10 Uhr und Nachmittag auf verschiedenen Plätzen in der Stadt (hinterm Historischen Rathaus, Flößerplatz, Salzgasse, Spitalplatz, Café Markita, Färbertor, Pfarrhof, Stadttheater und Hellmairplatz) und bei Studiokonzerten um 14 und 16 Uhr in der Heilig-Kreuz-Kirche, Klosterkirche und der Aula des IKG sowie im Stadttheater singen. Etwas bescheidener nimmt sich da der Beitrag der Musikkapellen aus dem Landkreis für die Europa-Tage der Musik aus – aber die haben ja erst ihr Bezirksmusikfest in Denklingen absolviert, so der Hinweis des Chefs des Bezirks Lech-Ammersee im Musikbund für Oberund Niederbayern (MON), Bernhard Weinberger. Vom MON-Bezirk spielen nur die Stadtjugendkapelle (gemeinsam mit Ensembles aus England, Schottland, Ungarn und der Türkei beim Festkonzert am Samstag ab 20 Uhr im Sportzentrum) und die Stadtkapelle (Open Air am Sonntag ab 19 Uhr auf dem Hauptplatz) mit.
Die Musiker im Landkreis weisen einen deutlich höheren Organisationsgrad als die Sänger auf, über 2200 Musiker aus 37 Vereinen gehören zum MON-Bezirk. Mehr als die Hälfte davon sind Jugendliche. Damit sieht es im Nachwuchsbereich deutlich besser aus als vor etwa 15 Jahren, erklärt Weinberger. Damals habe man sich etwas einfallen lassen müssen, um junge Leute anzusprechen: „Was gezogen hat, waren Bläserschulen und Jugendkapellen. Es ist das Gemeinschaftsgefühl, was die Musik interessant macht“, sagt Weinberger: „Mein Gott, was haben wir mit der Musik alles erlebt, was wir ohne die Musik nie erlebt hätten“, das sei so ein Satz, den man immer wieder hören könne.
Zuletzt sei der Nachwuchsbereich wieder etwas stagniert, berichtet der MON-Chef weiter: Die Kinderzahlen seien zurückgegangen, und wegen des achtjährigen Gymnasiums hätten auch manche Eltern gemeint, für Sachen wie Musik sei keine Zeit mehr.
Inzwischen habe man aber nicht mehr nur die ganz Jungen im Blick, sondern auch die Älteren, auch Blasmusik muss keine Frage des Alters sein. Viele möchten zwar gerne weiterspielen, aber nicht mehr so viele Proben und Auftritte. So gibt es nun ein Ü50-Orchester mit 45 Mitwirkenden, das im vergangenen Jahr beim Seniorennachmittag in Obermeitingen gespielt hat.