Damit Wohnen bezahlbar bleibt
Wie finden Menschen in schwierigen Situationen, aber auch Normalverdiener noch ein bezahlbares Heim? Darum ging es bei einer Fachtagung in Landsberg. Kommunales Bauen ist dabei nur ein Teil der Lösung
Mehr Wohnungen! Dieser oft gehörte Ruf ist am Dienstag auch in Landsberg zu vernehmen gewesen – bei einer Fachtagung des Bezirks Oberbayern und von Wohlfahrtsorganisationen im Sportzentrum mit rund 200 Teilnehmern.
München und Oberbayern boomen: 4,5 Millionen Menschen lebten hier Ende 2014, bis 2035 werden es wohl über fünf Millionen Menschen sein, so die Prognose. Das Wachstum konzentriert sich dabei auf den Raum München, zu dem auch der Landkreis Landsberg zählt. Die Nachfrage lässt die Preise steigen – so weit, dass sich nicht nur Geringverdiener, sondern auch Familien mit normalem Einkommen immer schwerer tun, adäquaten Wohnraum zu finden.
Noch schwieriger stellt sich aber die Situation für das Klientel der Wohlfahrtsorganisationen und des Bezirks dar: junge Menschen, die einer Jugendhilfeeinrichtung entwachsen sind, Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Wohnungslose, die nach dem Aufenthalt in einer Notunterkunft ebenfalls im normalen Leben wieder Fuß fassen wollen, erläuterte bei der Konferenz Dr. Günther Bauer, der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege Oberbayern. Dazu kommen anerkannte Flüchtlinge, die in Asylbewerberunterkünften als „Fehlbeleger“gelten und sich ebenfalls in die Wohnungssuchenden einreihen. Die Folge: In München wurden im März 2017 schon fast 8000 Wohnungslose gezählt, darunter knapp ein Fünftel Kinder und Jugendliche, im restlichen Oberbayern dürften es ähnlich viele sein, wobei die jüngsten Zahlen 2014 erhoben wurden.
Verschärft wird das Problem dadurch, dass die Zahl günstiger, mit Steuermitteln geförderter Wohnungen in den vergangenen Jahrzehnten zurückgegangen ist, oberbayernweit von 250000 auf 130000, wie Ludwig Mittermeier, der Vorsitzende des Kuratoriums der Arbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe in Oberbayern, anmerkte. Dieser Trend ist laut Landratsstellvertreter Peter Ditsch auch im Landkreis zu beobachten: Von einst 450 kreiseigenen geförderten Wohnungen unterlägen nur noch 250 der Sozialbindung. Jedoch vermiete der Landkreis – im Gegensatz zu einem freien privaten Träger – solche Wohnungen weiterhin nach sozialen Gesichtspunkten. Und in Kaufering würden 36 neue Sozialwohnungen errichtet. Auch einige Gemeinden wollen nach jahrzehntelangem Stillstand wieder geförderte Wohnungen errichten, so Scheuring (bereits in Bau), Dießen, Fuchstal, Thaining oder Utting. Allerdings: Da könnte noch mehr drin sein, denn die bereitstehenden Staatsgelder werden teilweise gar nicht abgerufen, erklärte Ludwig Mittermeier von der Wohnungslosenhilfe.
Für private Unternehmer sei Sozialwohnungsbau momentan nicht wirtschaftlich: „Auf dem freien Markt erreicht man eine Rendite von bis zu acht Prozent, bei gefördertem Wohnungsbau sind es nur bis zu zwei Prozent“, erläuterte Ludwig Mittermeier. Deshalb, so ergänzte Bezirkstagspräsident Josef Mederer, müssten die steuerlichen Anreize für Investoren verbessert werden – und auch für die Verkäufer von Bauland, wie Vize-Landrat Peter Ditsch meinte, der auf das geringe Angebot an Flächen verwies.
Allerdings sei nicht nur der Neubau von Wohnungen der Schlüssel zur Lösung der Probleme, machte Wohlfahrtspflege-Sprecher Günther Bauer deutlich: Der Bestand müsste einfach auch besser genutzt werden. Oft besäßen ältere Menschen Wohnungen, die viel größer als notwendig sind. Allerdings: Zögen sie in eine kleinere Wohnung um, würden sie wahrscheinlich mehr Miete bezahlen als bisher. Da, so regte Bauer an, wäre ein „ergänzendes Wohngeld“ein sinnvolles Steuerungsinstrument. Auch die Rücknahme von Bauvorschriften könnte zu mehr Wohnraum führen. Potenzial sieht Bauer auch bei Institutionen wie Pensionskassen, die ihr Geld in sozial gebundenen Wohnraum investieren könnten.
Manche Wohlfahrtsorganisationen tun das bereits, allein um Wohnungen für Mitarbeiter zu schaffen, die sich sonst das teure Pflaster nicht leisten könnten. „Um Wohnraum kämpfen ja längst nicht mehr nur die Wohnungslosen“, betonte Bauer, „sondern auch die Angehörigen der Sozial-, Erziehungs- und Pflegeberufe, die Grundfunktionen erfüllen, die in einer attraktiven Region wie München und Oberbayern erledigt werden müssen.“