Viele Meinungen, kein Ergebnis
Tempo 30 Kauferinger Marktgemeinderat verwirft beide Beschlussvorschläge und über einen Antrag der Kauferinger Mitte wird gar nicht erst abgestimmt
Es muss weiter diskutiert werden: In Sachen Verkehrskonzept ist der Kauferinger Marktgemeinderat in seiner Sitzung am Mittwochabend auch nach ausgiebiger Diskussion über die Einrichtung von Tempo-30-Zonen im Ort zu keinem Ergebnis gekommen: Beide Beschlussvorschläge wurden mehrheitlich abgelehnt.
Zwei Möglichkeiten standen zur Abstimmung. Variante eins sah vor, dass Straßen mit erhöhtem Verkehrsaufkommen aus der Zone30-Regelung herausgenommen werden sollen. Insgesamt waren acht Straßen aufgeführt. In diesen Beschluss waren die Wünsche der Unterschriftenaktion mit 2200 Unterzeichnern eingearbeitet. Doch das Gremium zog nicht mit, 15 Nein-Stimmen standen neun JaStimmen gegenüber.
Mit der zweiten Alternative wäre am Beschluss vom Oktober 2013 festgehalten worden, der eine flächendeckende Einführung von 30er-Zonen beinhaltete. Auch hierfür gab es keine Mehrheit (11:13). Über einen weiteren Antrag, den die Kauferinger Mitte eingebracht hatte, wurde nicht abgestimmt. Dazu hieß es, die darin enthaltenen Forderungen seien rechtlich nicht umsetzbar. Der Antrag befürwortete zwar die 2014 realisierten Tempo30-Zonen im Bereich östlich der alten B 17 (Lechfeld-, Hilti- und Raiffeisenstraße), aus der 2016 ausgewiesenen Zone westlich der alten B 17 sollten jedoch die Iglinger, Dr.Gerblund Ottostraße herausgelöst werden, mit Tempo 50 und mit Vorfahrt.
Alex Glaser (GAL) wünschte sich abschließend von allen Gemeinderatsmitgliedern, „bis in 14 Tagen noch mal ernsthaft darüber nachzudenken, was jeder wirklich will“.
Zunächst präsentierte Werner Frey vom Büro gevas die Fortschreibung des Verkehrsmodells für Kaufering, dessen Anfänge im Jahr 2010 liegen. Zuvor allerdings hatte Manfred Nieß (CSU) kritisiert, dass sich die Verwaltung als Befürworter von flächendeckendem Tempo 30 für die Sitzung mit Axel Weisbach einen Rechtsanwalt zur Seite gestellt habe, die Unterzeichner der Unterschriftenlisten, die das nicht wollen, aber nicht. Den aufbrandenden Beifall unter den vielen Zuhörern unterband Bürgermeister Erich Püttner (UBV) rasch. Nieß’ Antrag auf Zurückstellung des Tagesordnungspunktes wurde abgelehnt.
Frey stellte Untersuchungen vor, mit welchen Maßnahmen Verkehrsströme gelenkt werden können. Hier ging es vor allem darum, Durchgangsverkehr auf die B 17 neu zu locken. Beim Vergleich 2010/2017 habe sich herauskristallisiert, dass die Verkehrsströme am nördlichen Ortsausgang gleich geblieben seien. Bestmögliche Abhilfe würden Maßnahmen dort schaffen. Weder ein Kreisverkehr an der Einmündung der Viktor-Frankl-Straße in die Augsburger Straße noch innerörtliche Maßnahmen an der alten B 17 (Kreisstraße 22) würden den gewünschten Erfolg bringen.
Bevor Axel Weisbach die derzeitige Rechtsprechung bei Geschwindigkeitsbeschränkungen vorstellte, ging Bürgermeister Püttner auf den Text der Unterschriftenlisten ein. Dieser sei schwammig, weil die aufgestellte Forderung rechtlich nicht vertretbar sei. Es gebe noch eine zweite Unterschriftensammlung aus der Iglinger Straße, so Püttner, von 96 Unterzeichnern hätten sich 91 für die Beibehaltung der Zone 30 ausgesprochen. Zum Wunsch, etliche Straßen aus der 30er-Zone herauszunehmen, erklärte Weisbach, dass dann an jeder Kreuzung ein ent- sprechendes Hinweisschild aufzustellen sei und für diese Straßen dann Tempo 50 gelte.
Lichtzeichenanlagen werden bei Zone 30 entfernt, erklärte Werner Frey auf Nachfrage, Fußgängerampeln können stehen bleiben. Die Anbindungen der Supermärkte in der Kolpingstraße seien Einfahrten, entsprechend sei hier nicht rechts vor links anzuwenden. In der Hiltistraße müssten Radfahrer bergauf bei jeder Einmündung absteigen, war weiteres Argument gegen Zone 30. Martin Baumeister vom ADFC erklärte, dass bei Tempo-30-Zonen Radwege unzulässig und auch kombinierte Fuß-Radwege nicht erwünscht seien. „Radfahrer gehören da auf die Straße, den Fußgängern gehört der Gehweg allein.“
Wie unterschiedlich die Thematik im Gemeinderat gesehen wird, zeigte sich in der Debatte: Thomas Salzberger (SPD) berichtete von dem Vorhaben, ein Rats- beziehungsweise Bürgerbegehren in die Wege zu leiten. Das sei aber hier nicht möglich, meinte er, weil die Straßenverkehrsordnung Bundesgesetz sei.
Andreas Keller (GAL) sprach sich zugunsten der Umwelt für Zone 30 aus. Er verwies darauf, dass sich etwa in der Iglinger und Dr.-GerblStraße die Lärm- und Abgasbelastung merklich verringert hätten. Die Rechts-vor-links-Regelung sei für viele ungewohnt und verunsichere manche Verkehrsteilnehmer, jedoch: „All diese Gefahrenszenarien verlieren ihren Schrecken, wenn man langsam und aufmerksam fährt.“
Bernhard Mödl (UBV) hingegen sieht keinen Schutz der Umwelt in der Maßnahme und kritisierte, dass die Rettungswege sich jetzt schon verlängerten und die Anfahrt zu Einsätzen verzögert werde.
Alex Glaser befürchtet bei Herausnahme von etlichen Straßen aus der Zone eine Zweiklassengesellschaft. Thomas Wiesmann (SPD) möchte ein Vorfahrtsstraßennetz, in dem der Verkehr, wie in der Beschlussfassung angeführt, durch Umbaumaßnahmen gebremst wird.