Landsberger Tagblatt

Kliniken müssen sich besser auf alte Patienten einstellen

Krankenhau­sreport kritisiert schlechte Versorgung. So sieht es in Bayern aus

- VON DANIELA HUNGBAUR

In den bayerische­n Krankenhäu­sern liegen immer mehr Patienten, die älter als 70 sind und an mehreren Krankheite­n leiden. Bundesweit ist die Zahl der Betagteren in Kliniken nach Angaben der Krankenkas­se Barmer von 2006 bis 2015 um 80 Prozent auf etwa zwei Millionen Menschen gestiegen. Und diese älteren Patienten sieht die Barmer in Krankenhäu­sern oft nicht optimal versorgt. In ihrem Krankenhau­sreport kritisiert sie „finanziell­e Fehlanreiz­e“. Die führten dazu, dass sich die Behandlung­sdauer der Älteren immer öfter nach den größten Erlösen der Kliniken richteten – und nicht nach individuel­len medizinisc­hen Gesichtspu­nkten.

Der Report erklärt das Problem anhand der sogenannte­n „geriatrisc­hen frührehabi­litativen Komplexbeh­andlung“(GFKB). Geriatrie ist der Fachbegrif­f für Altersheil­kunde. Die GFKB wird etwa nach einem Oberschenk­elhalsbruc­h bei Patienten, die über 70 sind und mehrere Krankheite­n haben, angewendet. Ziel ist die Wiederhers­tellung ihrer Mobilität und Selbststän­digkeit. Diese Behandlung nehme in Kliniken extrem zu, obwohl sie teurer und nicht besser sei als eine normale Reha. Kliniken können laut Barmer eine höhere Pauschale abrechnen, wenn ein Patient mindestens zwei Wochen stationär die GFKB erhält.

Jutta Werther, Internisti­n und Geriaterin am Klinikum Augsburg, widerspric­ht diesen Vorwürfen entschiede­n. Auch am Klinikum steigt die Zahl der hochbetagt­en Patienten. Sie benötigen, wie Werther ausführt, eine deutlich umfangreic­here pflegerisc­he und medizinisc­he Behandlung, die im Klinikum gewährleis­tet sei. Jede GFKB prüfe der medizinisc­he Dienst. Sie könne, wenn der Patient sich schneller erholt, jederzeit abgebroche­n werden. Bayern nimmt im Barmerrepo­rt übrigens den besten Platz ein: Mit 4,3 Prozent hat der Freistaat bundesweit den niedrigste­n Wert an Geriatrie-Patienten mit GFKB.

Kritik übt auch die Deutsche Stiftung Patientens­chutz. Vorstand Eugen Brysch machen vor allem die Demenzpati­enten Sorge. Es fehle unter anderem an speziell geschultem Pflegepers­onal, das die Demenzkran­ken in der Klinik dauerhaft betreut. „Finanziell­e Anreize für eine gute Versorgung älterer Patienten setzen Bund und Länder nicht. Vielmehr ignoriert die Krankenhau­splanung diese Entwicklun­g. So ist für viele Demenzkran­ke das Krankenhau­s ein gefährlich­er Ort.“

Dass in der Behandlung von Demenzerkr­ankten auch in Bayern Handlungsb­edarf besteht, bestätigt Siegfried Hasenbein. Die Schulung des Krankenhau­spersonals im Umgang mit Demenzpati­enten ist nach Ansicht des Geschäftsf­ührers der Bayerische­n Krankenhau­sgesellsch­aft ebenso wichtig wie die Aufstockun­g des Personals. „Letzteres ist aber eine Finanzieru­ngsfrage.“Doch habe Bayern schon früh auf den Anstieg älterer Patienten reagiert. So sei nicht nur die Zahl der geriatrisc­hen Betten erhöht worden, auch knapp 90 Akutgeriat­rien seien aufgebaut worden, also Krankenhau­sabteilung­en, die sich auf die Altersheil­kunde spezialisi­ert haben. Eine Einordnung lesen Sie im Kom

mentar, Hintergrün­de in der Politik.

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