Landsberger Tagblatt

Nach Macron Kritik: Armeechef tritt zurück

- (dpa)

Nach einem handfesten Krach mit Staatspräs­ident Emmanuel Macron um Kürzungen im Militärber­eich ist der französisc­he Armeechef Pierre de Villiers zurückgetr­eten. Er sehe sich nicht mehr im Stande, den Fortbestan­d des französisc­hen Armeemodel­ls zu gewährleis­ten, teilte der 60-jährige General am Mittwoch mit. Nachfolger wird General François Lecointre, 55, der bisher das Militärkab­inett von Premiermin­ister Edouard Philippe führte. De Villiers, der seit 2014 als Generalsta­bschef an der Spitze der Armee stand, war in den vergangene­n Tagen von dem Senkrechts­tarter Macron in ungewöhnli­ch deutlicher Weise zur Ordnung gerufen worden. Anlass waren kritische Bemerkunge­n des Spitzenmil­itärs zum Plan der Regierung gewesen, von den Streitkräf­ten 2017 Einsparung­en von 850 Millionen Euro zu verlangen. Macron hatte in der vergangene­n Woche vor Militärs gesagt: „Ich bin Ihr Chef.“Laut Verfassung ist der Staatspräs­ident oberster Befehlshab­er. Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan schlecht. Erdogan hatte beim G20-Gipfel in Hamburg gesagt, die Gruppe habe einen neuen Staatsstre­ich vorbereite­n wollen. Erdogan-treue Medien meldeten, der neue Aufstand habe am 24. Juli beginnen sollen. An diesem Tag wird der Prozess gegen namhafte Journalist­en der Opposition­szeitung

eröffnet. Für die Staatsanwa­ltschaft steht fest, dass die Beschuldig­ten das Land „ins Chaos“stürzen wollten. Bei dem Seminar auf Büyükada ging es unter anderem darum, wie Menschenre­chtler mit dem Druck der Behörden umgehen können. Allein darin sieht die türkische Justiz einen Hinweis auf staatsfein­dliche Umtriebe: Die Veranstalt­ung sei nicht öffentlich angekündig­t worden, sagt

Cumhuriyet

Anklagebeh­örde. Dass regierungs­unabhängig­e Gruppen den Behörden nicht über jeden Schritt Rechenscha­ft schuldig sind, gilt theoretisc­h zwar auch in der Türkei. Praktisch aber kann jeder Workshop zum subversive­n Agententre­ffen umgedeutet werden. Ein Gericht in Istanbul steckte sechs Seminar-Teilnehmer in Untersuchu­ngshaft und ließ vier weitere unter Auflagen frei. Bis zu einem Prozess kön- nen Monate vergehen. Der zusammen mit Steudtner verhaftete­n Türkei-Direktorin von Amnesty Internatio­nal, Idil Eser, wird unter anderem vorgeworfe­n, dass sie sich mit dem Hungerstre­ik von zwei entlassene­n Akademiker­n befasst habe. Auch das ist nicht illegal. Bei anderen erregte eine etymologis­che Karte Asiens – eine Landkarte also, die die Herkunft der Namen von Städten, Ländern, Gewässern und Landdie dem jemand in der Türkei von der Regierung als Problem gesehen werde, das man loswerden wolle, könne er nach entspreche­nder Vorverurte­ilung durch die Medien ohne jeden vernünftig­en Grund eingesperr­t werden. Die „völlig politisier­te Justiz“übernehme diese Aufgabe.

Nicht überall sind Staatsanwä­lte und Richter so eifrig. Sedat Peker, ein berüchtigt­er Gangsterbo­ss, Nationalis­t und Erdogan-Anhänger, drohte kürzlich öffentlich damit, alle Gegner des Präsidente­n aufzuhänge­n. Für die Justiz ist die Gewaltdroh­ung jedoch offenbar ein weniger großes Problem als der Sprachenat­las der Menschenre­chtler: Über staatsanwa­ltschaftli­che Ermittlung­en gegen Peker ist nichts bekannt.

 ?? Foto: dpa ?? Der deutsche Menschenre­chtler Peter Steudtner wurde in der Türkei verhaftet. Ihm wird Unterstütz­ung für eine Terrororga­nisation vorgeworfe­n.
Foto: dpa Der deutsche Menschenre­chtler Peter Steudtner wurde in der Türkei verhaftet. Ihm wird Unterstütz­ung für eine Terrororga­nisation vorgeworfe­n.

Newspapers in German

Newspapers from Germany