Landsberger Tagblatt

Ein salziges Bussi für Seehofer

Warum der Kabarettis­t Maximilian Schafroth so gerne Witze über das Allgäu macht und es dabei manchmal auf den Bruchteil einer Sekunde ankommt

- Maximilian Schafroth: Schafroth: Schafroth: Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Schafroth: Programm „Faszinatio­n Bayern“ mal bitte alles“ Kinofilm „Ein

Warum ist das Allgäu als Thema für das Kabarett besonders gut geeignet?

Weil es eine Nische ist, die noch nicht besetzt war. Und weil ich, als ich nach München gezogen bin, gemerkt habe, dass die Kontraste schon sehr groß sind. Wir im Allgäu sind halt doch irgendwie merkwürdig­er. Da herrscht eine Bescheiden­heit, die ich einfach so toll finde. Das Oberbayeri­sche und das, was man als das „Bayerische“definiert, das kommt teilweise sehr protzig daher. Diese Trachten-Hybris, dieses „Mia san mia“. Im Allgäu mischt sich das mit einer schwäbisch­en Bescheiden­heit. Wenn meine Mama daheim gekocht hat, war’s immer so, dass wir nach dem Essen alle schweigend dagesessen sind und mein Papa gesagt hat: „Mei, was des jetzt in da Wirtschaft koscht hätt.“Das ist so ein starker Kontrast zu München, was einfach so ein hedonistis­ches Konglomera­t an Zugezogene­n ist. Dieses extrem Lebensbeja­hende, Genießeris­che dort. Auf dem Odeonsplat­z sitzen, einen Aperol-Spritz-Rausch im Gesicht und dann an den Starnberge­r See. Das ist so eine Lebensart, wo die ältere Generation im Allgäu sagen würde: „Des duad ma it.“Davon wollte ich erzählen.

Was an Ihrer Allgäuer Heimat hat Sie am meisten geprägt?

Diese Ablehnung von Trends. Ich bin trendresis­tent. Teilweise fast schon zu skeptisch gegenüber neuen Dingen.

Naturverbu­ndenheit, Minimalism­us, die Rückbesinn­ung auf das Wesentlich­e – damit liegt das Allgäu aber wiederum sehr im Trend, oder?

Schafroth: Das stimmt schon. Diese Welle der Authentizi­tät und Rückbesinn­ung auf das einfache Landleben – aber so lebe ich ja auch nicht. Ich muss immer über mich selber lachen, wenn ich zu meinen Eltern rausfahre und sage: „Ach, die Luft!“Inzwischen weiß man den Gülle-Geruch zu schätzen. Man bräuchte eigentlich einen Gülle-Wunderbaum.

In einer Satireshow treten Sie regelmäßig als vermeintli­cher CSU-Kommunikat­ionsexpert­e auf. Was können

die anderen Parteien von der CSU lernen?

Populismus. Botschafte­n auf eine Art und Weise zu simplifizi­eren, die Ratio zu umschiffen und direkt an ein Gefühl beim Wähler anzudocken. Das macht man durch Figuren, die man vorschiebt. Figuren, die Stärke präsentier­en. Seehofer habe ich beim Starkbierf­est am Nockherber­g getroffen – da war ich als Conchita Wurst verkleidet. Und da hab’ ich ihn schon gepackt. Ihm hat das aber nicht so getaugt. Ich dachte mir, das kann ich mir nicht nehmen lassen, ihm als Conchita ein Hals-Bussi zu geben. Und er hat salzig geschmeckt.

Sind die Leute eigentlich manchmal sauer, wenn sie sich in Ihren Schilderun­gen wiedererke­nnen?

Schafroth: Ja, da muss man aufpassen. Ich habe früher teilweise die echten Namen von den Leuten genommen. Da kamen schon Beschwerde­n. Ich versuche halt immer, die Sachen so echt zu erzählen wie möglich. Wenn ich die Namen verändere, komme ich mir blöd vor beim Erzählen. Dann denke ich mir: „Scheiße, jetzt erzähle ich eine Geschichte. Und vorher habe ich die Wahrheit erzählt.“

Sie haben vor kurzem den Bayerische­n Kabarettpr­eis in der Sparte Musik gewonnen. Hat Komik etwas Musikalisc­hes?

Beim Erzählen ist es oft so, dass ich spüre, dass es um eine Drittelsek­unde geht, um eine Melodie in der Stimme. Man kann eine Pointe inhaltlich versemmeln. Wenn die Sprachmelo­die stimmt, lachen die Leute trotzdem. Das ist wie eine Vereinbaru­ng zwischen Künstler und Publikum. Bei einer bestimmten Betonung lachen die Leute. Das klingt jetzt aber furchtbar theoretisc­h und entzaubert das alles. Die ganze Romantik des Kabaretts – dahin.

„Inzwischen weiß man den Gülle Geruch zu schätzen. Man bräuchte eigentlich einen Gülle Wunderbaum.“

Maxi Schafroth über Heimatgerü­che

Interview: Lisa Forster, dpa

● Maximilian „Maxi“Schafroth, 32, ist Kabarettis­t, Schauspiel­er, Musiker und Filmemache­r aus dem schwäbisch­en Ottobeuren. ● Derzeit ist Schafroth, der in Mün chen lebt, mit seinem

auf Deutsch lands Bühnen unterwegs. ● Ab 20. Juli ist er im

zu sehen. Darin spielt er nicht nur eine der Hauptfigu ren, sondern war auch für die Filmmusik verantwort­lich. (dpa)

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