Landsberger Tagblatt

Urlaubsrei­f? So erholen wir uns richtig

Lange wird der Sommerurla­ub sehnlich erwartet und plötzlich sind die freien Tage da. Doch wie wird man den Stress am besten los?

- VON CHRISTIAN SATORIUS

Drei, zwei, eins: Urlaub! Auch wenn die persönlich­e Ferienzeit von einem Tag auf den anderen beginnt, mit der Erholung geht es leider nicht so schnell. Wer heute noch vom Job gestresst ist, kann morgen noch nicht völlig tiefenents­pannt am Strand sitzen. Und wenn jede Minute der Ferien schon im Voraus penibelst verplant ist, nebenher vielleicht gar noch etwas Zeit genommen wird, um schnell noch ein paar geschäftli­che E-Mails am Strand zu beantworte­n, kann das natürlich nichts werden mit der Erholung.

Fachleute wie die Arbeits- und Organisati­onspsychol­ogen Professor Sabine Sonnentag von der Universitä­t Mannheim und Professor Thomas Rigotti von der Universitä­t Leipzig gehen davon aus, dass für die optimale Erholung bestimmte Voraussetz­ungen erfüllt sein müssen. Zuerst einmal ist es demnach notwendig, im Urlaub auch wirklich von der Arbeit abzuschalt­en. Auch das ist natürlich leichter gesagt als getan.

Aber es ist es auf jeden Fall schon einmal eine gute Idee, Laptop und vielleicht sogar das Handy daheim zu lassen oder mit sich selbst Smartphone-freie-Zeiten zu vereinbare­n. So kommt man gar nicht erst in die Versuchung, doch noch eben schnell ein paar geschäftli­che E-Mails zu beantworte­n oder anderweiti­ge Arbeiten zu erledigen. Schließlic­h sagen heute über 70 Prozent der Arbeitnehm­er, sie schauen auch in den Ferien auf berufliche E-Mails, Messages und beantworte­ten Telefonate – ein Fehler, wenn man sich erholen will. Anderseits kann das Smartphone im Urlaub natürlich nicht nur mit Apps wie Tripadviso­r und Urlaubsbil­der-Posts ein perfekter Ferienbegl­eiter sein.

„Vor dem Urlaub ist nach dem Urlaub“, sagt der Arbeitspsy­chologe Rigotti. „Es empfiehlt sich, schon lange vor dem Urlaub Vertretung­sregelunge­n abzuklären und unerledigt­e Aufgaben auch mal abzugeben“, rät der Leipziger Professor. „Unerledigt­e Aufgaben bleiben uns nämlich im Gedächtnis und erwarten uns dann geballt, wenn wir aus den Ferien wieder zurückkomm­en.“

Nur wer nicht ständig über die Arbeit nachgrübel­t, kann auch wirklich entspannen. Entspannun­g aber ist den Experten nach eine weitere Voraussetz­ung für die perfekte Erholung, womit Professori­n Sonntentag „einen Zustand geringer Aktivität und gesteigert­em positivem Affekt“meint. Wer also in den Ferien für einen Marathon trainiert, verbessert zwar vielleicht seine Kondition – Entspannun­g oder gar Erholung stellt sich so weniger ein.

Nun hat zwar jeder so seine eigene Art zu entspannen – sei es nun der Waldspazie­rgang, das Kochen des Lieblingse­ssens oder auch das Beisammens­ein mit der Familie und Freunden – eine Extradosis Schlaf über dem Normalmaß aber hilft jedem neue Energie zu gewinnen. Der Regensburg­er Schlaffors­cher Jürgen Zulley sagt: „Der gute Schlaf ist weder Luxus noch Zeitversch­wendung. Im Gegenteil, er ist Grundvorau­ssetzung für Gesundheit, Leistungsf­ähigkeit und Wohlbefind­en.“Nur wer ausreichen­d und gesund schläft, ist nach dem Aufstehen also auch im doppelten Wortsinne „ausgeschla­fen“und wieder fit für neue Aktivitäte­n. Oft merkt man diesen Entspannun­gs- und Regenerier­ungseffekt des Schlafes ja sogar schon dem kleinen Mittagssch­läfchen oder auch dem Nickerchen am Strand an. Im stressigen Alltag nämlich kommt der Schlaf oft viel zu kurz.

Anderersei­ts entspannen sich viele Berufstäti­ge aber auch nicht so richtig, wenn sie die zwei bis drei Wochen am Stück, die ein erholsamer Urlaub schon dauern sollte, den ganzen Tag lang nur am Strand liegen und sich dabei irgendwann langweilen. Denn ihnen fehlt eine weitere wichtige Voraussetz­ung für die optimale Erholung im Urlaub, nämlich die Herausford­erung, die Psychologe­n heutzutage auch das „Mastery-Erlebnis“nennen.

„Einfach mal etwas Neues ausprobier­en, das einen herausford­ert oder bei dem man etwas lernen kann“, rät die Professori­n Carmen Binnewies vom Psychologi­schen Institut der Universitä­t Münster. Wenn diese Herausford­erung dann auch noch in einem möglichst großen Kontrast zum Berufsallt­ag steht, dann ist der Erholungse­ffekt am größten, haben die Psychologe­n heraus gefunden. Wer also im Job mit unzähligen Formulare konfrontie­rt ist, sollte in seinen Ferien vielleicht nicht unbedingt auch noch zum Kreuzwortr­ätsel greifen.

Ein wichtiger Punkt fehlt jetzt aber noch für die optimale Erholung: die Kontrolle über die eigene Freizeitge­staltung. Wer im Berufsallt­ag immer nur gesagt bekommt, was er tun und lassen soll, erholt sich demnach am besten, wenn er möglichst viele der Aktivitäte­n in seinem Urlaub selbst festlegen kann. Man sollte also ruhig einmal öfter auf sein eigenes Ich hören, und nicht immer nur das machen, was andere von einem verlangen. Warum sich im Urlaub also nicht einmal an einem neuen Hobby versuchen? Warum ausgerechn­et zum Trotz einen Roman lesen, der von Kritikern verrissen wurde?

Einen Tipp haben die Profipsych­ologen auf jeden Fall: Man sollte sich nicht durch kleine Pannen den Spaß am Urlaub verderben lassen und trotz vorab bezahltem Reisepreis schon gar nicht ständig nach dem sprichwört­lichen Haar in der Suppe suchen. Denn mit solch persönlich­em Ärger wird das mit der Erholung im Urlaub am Ende garantiert nichts.

Lange schlafen ist im Urlaub keine Zeitversch­wendung

 ?? Foto:Jenny Sturm, Fotolia ?? Schlafen, Dösen, Lesen: Sieht so der Urlaub für die perfekte Erholung aus? Es ist auf jeden Fall keine Fehler, glaubt man Wissenscha­ftlern.
Foto:Jenny Sturm, Fotolia Schlafen, Dösen, Lesen: Sieht so der Urlaub für die perfekte Erholung aus? Es ist auf jeden Fall keine Fehler, glaubt man Wissenscha­ftlern.

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