Urlaubsreif? So erholen wir uns richtig
Lange wird der Sommerurlaub sehnlich erwartet und plötzlich sind die freien Tage da. Doch wie wird man den Stress am besten los?
Drei, zwei, eins: Urlaub! Auch wenn die persönliche Ferienzeit von einem Tag auf den anderen beginnt, mit der Erholung geht es leider nicht so schnell. Wer heute noch vom Job gestresst ist, kann morgen noch nicht völlig tiefenentspannt am Strand sitzen. Und wenn jede Minute der Ferien schon im Voraus penibelst verplant ist, nebenher vielleicht gar noch etwas Zeit genommen wird, um schnell noch ein paar geschäftliche E-Mails am Strand zu beantworten, kann das natürlich nichts werden mit der Erholung.
Fachleute wie die Arbeits- und Organisationspsychologen Professor Sabine Sonnentag von der Universität Mannheim und Professor Thomas Rigotti von der Universität Leipzig gehen davon aus, dass für die optimale Erholung bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Zuerst einmal ist es demnach notwendig, im Urlaub auch wirklich von der Arbeit abzuschalten. Auch das ist natürlich leichter gesagt als getan.
Aber es ist es auf jeden Fall schon einmal eine gute Idee, Laptop und vielleicht sogar das Handy daheim zu lassen oder mit sich selbst Smartphone-freie-Zeiten zu vereinbaren. So kommt man gar nicht erst in die Versuchung, doch noch eben schnell ein paar geschäftliche E-Mails zu beantworten oder anderweitige Arbeiten zu erledigen. Schließlich sagen heute über 70 Prozent der Arbeitnehmer, sie schauen auch in den Ferien auf berufliche E-Mails, Messages und beantworteten Telefonate – ein Fehler, wenn man sich erholen will. Anderseits kann das Smartphone im Urlaub natürlich nicht nur mit Apps wie Tripadvisor und Urlaubsbilder-Posts ein perfekter Ferienbegleiter sein.
„Vor dem Urlaub ist nach dem Urlaub“, sagt der Arbeitspsychologe Rigotti. „Es empfiehlt sich, schon lange vor dem Urlaub Vertretungsregelungen abzuklären und unerledigte Aufgaben auch mal abzugeben“, rät der Leipziger Professor. „Unerledigte Aufgaben bleiben uns nämlich im Gedächtnis und erwarten uns dann geballt, wenn wir aus den Ferien wieder zurückkommen.“
Nur wer nicht ständig über die Arbeit nachgrübelt, kann auch wirklich entspannen. Entspannung aber ist den Experten nach eine weitere Voraussetzung für die perfekte Erholung, womit Professorin Sonntentag „einen Zustand geringer Aktivität und gesteigertem positivem Affekt“meint. Wer also in den Ferien für einen Marathon trainiert, verbessert zwar vielleicht seine Kondition – Entspannung oder gar Erholung stellt sich so weniger ein.
Nun hat zwar jeder so seine eigene Art zu entspannen – sei es nun der Waldspaziergang, das Kochen des Lieblingsessens oder auch das Beisammensein mit der Familie und Freunden – eine Extradosis Schlaf über dem Normalmaß aber hilft jedem neue Energie zu gewinnen. Der Regensburger Schlafforscher Jürgen Zulley sagt: „Der gute Schlaf ist weder Luxus noch Zeitverschwendung. Im Gegenteil, er ist Grundvoraussetzung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.“Nur wer ausreichend und gesund schläft, ist nach dem Aufstehen also auch im doppelten Wortsinne „ausgeschlafen“und wieder fit für neue Aktivitäten. Oft merkt man diesen Entspannungs- und Regenerierungseffekt des Schlafes ja sogar schon dem kleinen Mittagsschläfchen oder auch dem Nickerchen am Strand an. Im stressigen Alltag nämlich kommt der Schlaf oft viel zu kurz.
Andererseits entspannen sich viele Berufstätige aber auch nicht so richtig, wenn sie die zwei bis drei Wochen am Stück, die ein erholsamer Urlaub schon dauern sollte, den ganzen Tag lang nur am Strand liegen und sich dabei irgendwann langweilen. Denn ihnen fehlt eine weitere wichtige Voraussetzung für die optimale Erholung im Urlaub, nämlich die Herausforderung, die Psychologen heutzutage auch das „Mastery-Erlebnis“nennen.
„Einfach mal etwas Neues ausprobieren, das einen herausfordert oder bei dem man etwas lernen kann“, rät die Professorin Carmen Binnewies vom Psychologischen Institut der Universität Münster. Wenn diese Herausforderung dann auch noch in einem möglichst großen Kontrast zum Berufsalltag steht, dann ist der Erholungseffekt am größten, haben die Psychologen heraus gefunden. Wer also im Job mit unzähligen Formulare konfrontiert ist, sollte in seinen Ferien vielleicht nicht unbedingt auch noch zum Kreuzworträtsel greifen.
Ein wichtiger Punkt fehlt jetzt aber noch für die optimale Erholung: die Kontrolle über die eigene Freizeitgestaltung. Wer im Berufsalltag immer nur gesagt bekommt, was er tun und lassen soll, erholt sich demnach am besten, wenn er möglichst viele der Aktivitäten in seinem Urlaub selbst festlegen kann. Man sollte also ruhig einmal öfter auf sein eigenes Ich hören, und nicht immer nur das machen, was andere von einem verlangen. Warum sich im Urlaub also nicht einmal an einem neuen Hobby versuchen? Warum ausgerechnet zum Trotz einen Roman lesen, der von Kritikern verrissen wurde?
Einen Tipp haben die Profipsychologen auf jeden Fall: Man sollte sich nicht durch kleine Pannen den Spaß am Urlaub verderben lassen und trotz vorab bezahltem Reisepreis schon gar nicht ständig nach dem sprichwörtlichen Haar in der Suppe suchen. Denn mit solch persönlichem Ärger wird das mit der Erholung im Urlaub am Ende garantiert nichts.
Lange schlafen ist im Urlaub keine Zeitverschwendung