Landsberger Tagblatt

Der Traum von der intergalak­tischen Harmonie

Der Action-Spezialist Luc Besson wagt sich an eine Kult-Comic-Serie. Er greift tief in den digitalen Tuschekast­en und ergeht sich in den Rausch der Bilder. Sein Held bleibt freilich blass

- VON MARTIN SCHWICKERT Foto: Universum Film

Als Regisseur und Produzent gehört Luc Besson zu den wenigen europäisch­en Filmemache­rn, die es immer und immer wieder mit Hollywood aufnehmen wollen. Dutzende von Action-Filmen hat Besson auf den Weg gebracht und konnte mit einschlägi­gen Franchises wie „Taken“oder „Transporte­r“auch an den US-Kinokassen punkten.

Und nun begibt er sich mit „Valerian – Die Stadt der tausend Planeten“auf das hart umkämpfte Parkett der Comic-Verfilmung­en. Als Vorlage diente Besson die futuristis­che Comic-Serie „Valérian et Laureline“von Jean-Claude Mézières und Pierre Christin. Schon George Lucas soll das Comic-Werk als Inspiratio­n für „Star Wars“gedient haben und so darf es nicht verwundern, dass auch in Bessons Film eine Vereinte Intergalak­tische Föderation im Zentrum des Interesses steht. In einer hübschen Eingangsse­quenz wird der Brückensch­lag zum Jahr 1975 gemacht, wo amerikanis­che und sowjetisch­e Raumfahrer sich zum ersten Mal im Weltall die Hand reichten, über die Jahrzehnte hinweg, in denen immer mehr Nationen aus verschiede­nen Galaxien an die Raumstatio­n andocken, bis hin ins 28. Jahrhunder­t, wo aus dem multikultu­rellen Projekt der synthetisc­he Planet „Alpha“entstanden ist.

Aber nach dem Vorspann katapultie­rt sich der Film erst einmal in eine ganz andere Welt. Auf dem paradiesis­chen Planeten Mül lebt eine Spezies in Harmonie mit der Natur, bis ein fremder Krieg hereinbric­ht und sich nur einige wenige in ein Fluchtraum­schiff retten können. Hier greift Besson schon tief in den digitalen Tuschekast­en und zeigt, dass neben der Comic-Vorlage auch die überborden­den Fantasy-Welten von „Avatar“als Anreiz dienten. Die Szene entpuppt sich scheinbar als Traum des intergalak­tischen Geheimagen­ten Valerian (Dane DeHaan), der mit seiner Kollegin Laureline (Cara Delevingne) durchs Weltall schippert.

Das Paar bekommt den Auftrag, einen sogenannte­n Transmutat­or, den letzten Lebenden seiner Art, vom zerstörten Planeten Mül, aus den Fängen einer Schieberba­nde zu befreien. Den ersten Einsatz auf einem virtuellen Großbasar kann man sich als eine James-Bond-Eröffnung im LSD-Format vorstellen. Bei der Einfahrt ins Metropolis des Planeten Alpha steigert sich der visuelle Rausch noch einmal. Deutlich erkennt man hier auch, dass Besson an seinen eigenen Kultfilm „Das fünfte Element“anknüpft, der ebenfalls durch die Comics von Mézières und Christin inspiriert wurde. Zwanzig Jahre später sind die Möglichkei­ten digitaler Bildproduk­tion unermessli­ch und Besson greift in die Vollen, wie ein Kind in der Spielzeuga­bteilung eines Großkaufha­uses.

Der kreativen und kinetische­n Energie dieses Filmes kann man sich nicht entziehen. Dennoch kann der Rausch der Bilder nicht über die offensicht­lichen Schwächen des Drehbuches hinwegtäus­chen, das keinen wirklichen Spannungsb­ogen entwickelt. Auch die amourösen Unstimmigk­eiten in der heroischen Paarbezieh­ung verdampfen im Ungefähren. Cara Delevingne macht als taffe Agentin eine gute Figur, was auch den Vorlieben des Regisseurs entspricht, der seit „Nikita“(1990) die Sexyness seiner Frauenchar­aktere immer in deren Überlegenh­eit suchte. Dagegen bleibt Dane DeHaan als Titelheld blass, den verwegenen Alleskönne­r nimmt man ihm nicht ab. Dennoch muss man bei aller Unvollkomm­enheit Bessons kreativen Enthusiasm­us bewundern, mit dem sich „Valerian“von den sterilen, kühl durchkalku­lierten US-Blockbuste­rn deutlich abhebt.

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Laureline (Cara Delevingne) weiß als Spezialage­ntin mit der Waffe umzugehen.
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