Buch auf Irrfahrt
Der Roman von Nicole Krauss lässt sich im Kino kaum bändigen
Nicht eine einzelne Hauptfigur, sondern ein verschollenes Buch, mit dem die verschiedenen Charaktere verbunden sind, steht im Zentrum von Radu Mihaileanus „Die Geschichte der Liebe“. Léo Gursky (Derek Jacobi) hat es in jungen Jahren für seine große Liebe Alma (Gemma Arterton) geschrieben, die sich aus dem polnischen Schtetl nach New York in Sicherheit bringen musste, als die Nazis ins Land einmarschierten. Das fertige Manuskript gab er einem Freund mit, der es jedoch statt zu Alma nach New York zu bringen, in Chile unter eigenem Namen veröffentlichte.
Ein Exemplar dieses Buches landete wiederum Jahrzehnte später in den Händen von Charlotte Singer (Torri Higginson) und ihrem Mann, die ihrer Tochter den Namen der Romanheldin Alma geben. Mittlerweile ist diese Alma eine heranwachsende junge Frau und macht sich in New York auf die Suche nach der Alma des Romans, während Léo in derselben Stadt als verbitterter alter Mann gegen die Gespenster der Vergangenheit kämpft.
Mit Nicole Krauss’ Roman „Die Geschichte der Liebe“hat sich Radu Mihaileanu („Zug des Lebens“) einen schwer zu bändigenden Stoff vorgenommen. Auch wenn er die wild wuchernde, fein verästelte Vorlage beherzt beschnitten hat, lässt sich die Fabulierlust, mit der Krauss literarisch zu Werke geht, nur bedingt auf die Leinwand übertragen. Mihaileanu tut sein Bestes mit frei fliegenden Kamerafahrten in die idealisierte Kindheitserinnerung, mit einem leidenschaftlichen Musik-Score, der über die verschachtelten Erzählebenen gelegt wird, und mit einem dynamischen Schnitt, der die Charaktere miteinander verbindet, lange bevor sie im Plot zueinanderfinden. Aber der mit viel cineastischer Energie befeuerte Sog der Erzählung wird immer wieder ausgebremst. Die Geschichte der Liebe (2 Std. 15 Min.), Drama, F/Kan./USA/Rum. 2016 Wertung *****