Landsberger Tagblatt

Gott ist nicht an allem schuld

Wie eine Atheistin „Moses in Ägypten“inszeniert

- VON INGRID GROHE

Musik zu beweisen. Das klingt im Ergebnis zuweilen befremdlic­h – wenn etwa der Pharaonens­ohn in hüpfendem Rhythmus klagt: „Es gibt kein größres Leid als meines.“

Während beschwingt­e Elemente dem Komponiste­n selbst bei der Exodus-Erzählung wichtig waren, befragt Lotte de Beer, die „Moses in Ägypten“nun in Bregenz inszeniert­e, das Stück nach seiner Tragik – und bleibt dabei nicht an der unglücklic­hen

Dieses Ensemble ist also für Gott zuständig. Wie in einem ständigen Making-of bewegen sich grau gekleidete Künstler in der Opernszene­rie, beobachten die Handelnden, machen Notizen, greifen ein und setzen sich wieder an eine MiniaturBü­hne. Hier entsteht das ganz Große: Vor Stadt- und Landschaft­smodellen werden Puppen zu Menschen, folternden Soldaten, Völkern, die leiden. Eine Handkamera streift durch die Modellwelt­en, tastet Straßen zerstörter Städte ab, folgt den fliehenden Israeliten in die Fluten. Projiziert auf eine über der Bühne schwebende Kugel und eine den Bühnenraum füllende Gaze, sind diese Bilder erschütter­nd.

Diese fast schon politische Sicht der Dinge ist ein Wagnis, das nicht bis ins Kleinste gelingt. Vielleicht auch, weil Rossinis Musik solche Interpreta­tion nicht voll unterstütz­t. Dafür entfalten die großen, emotionale­n Chor- und Orchesters­tücke, inhaltlich aufgeladen dank der ergreifend­en Bilder des Hotel Modern, eine noch stärkere Wirkung.

In den großen Beifall des Publikums, der für die Gesangssol­isten wie auch für die Wiener Symphonike­r und das Hotel Modern deutlich anschwoll, mischten sich einzelne Buh-Rufe fürs Regie-Team. Lotte de Beer hat einen Gott eingeführt, der sich viel Mühe mit den Menschen gibt, aber an die Grenzen seiner Macht stößt. Ihr Fazit: Gott ist nicht an allem schuld.

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