Landsberger Tagblatt

Der Aussiedler­hof, der Ammersee und Afrika

Uli Ernst engagiert sich für Imkerinnen in Äthiopien. Außerdem hält er Bio-Rinder am Ammersee. Zu den zahlreiche­n Projekten der Familie gehören aber auch das Labyrinth „Ex Ornamentis“und das Hochseilkl­etterschif­f am Ammersee

- VON MAREN MARTELL Utting

Das Gespräch beginnt bei einer Spezialitä­t aus Äthiopien. Uli Ernst bereitet zur Begrüßung einen Kaffee im Glas zu. Im Wohnzimmer hängen zwei Turnringe von der Decke, in der Küche steht ein altes Pauschenpf­erd – das Leder schon voller Patina. Durch die Fenster glitzert in der Ferne der Ammersee. Am anderen Seeufer erhebt sich das Kloster Andechs. Ernst wohnt mit seiner Familie ganz idyllisch auf dem Aussiedler­hof seiner Eltern. Mehrmals im Jahr ist er aber in Afrika unterwegs.

„Den Milchschau­m würde es in Äthiopien nicht zum Kaffee geben“, meint der 45-Jährige breit grinsend. In dem afrikanisc­hen Land werde viel Kaffee angebaut, und die Einheimisc­hen liebten ihre Zeremonien um das Heißgeträn­k, erzählt er weiter. Ernst ist für die Andreas-Hermes-Akademie als landwirtsc­haftlicher Unternehme­rtrainer oft in Afrika. Seit 1999 bildet er andere Trainer aus, in Deutschlan­d, aber auch in anderen Ländern der Erde.

In Äthiopien hatte er bereits zehn Einsätze. In Kooperatio­n mit der GIZ, dem ausführend­en Organ des Bundesmini­steriums für internatio­nale Zusammenar­beit und Entwicklun­g, schult seine Akademie in Asien und Afrika vor Ort heimische Trainer, die anschließe­nd die Bauern des Landes profession­ell auf ihrem persönlich­en und betrieblic­hen Entwicklun­gsweg begleiten.

Vier Fünftel der mehr als 100 Millionen Äthiopier sind im Agrarsekto­r beschäftig­t. Die meisten Landwirte sind Kleinbauer­n, die etwa ein bis anderthalb Hektar Land bewirtscha­ften. Im Vergleich dazu: Deutschlan­d hat gut 280000 Landwirte. „Das sind in Afrika ganz andere Dimensione­n, und da wird schnell klar, dass wir nicht alle Bauern trainieren können. Aber die Ausbildung von lokalen Trainern ist extrem wichtig“, betont Ernst.

Neben seinem Trainerjob, für den er im Jahr gut 60 Tage unterwegs ist, verfolgt der Uttinger mit seiner Akademie noch ein eigenes Projekt. So fördert er in Äthiopien mit Jürgen Greiling, seinem Partner vor Ort, ganz gezielt junge arbeitslos­e und landlose Agrarstude­ntinnen in ihrer Selbststän­digkeit als Imkerinnen. Die Besten erhalten ein Stipendium, das heißt Bienenvölk­er die nötige Ausrüstung. „Wir setzen dabei auf den Leuchtturm­effekt, dass die von uns geförderte­n Imkerinnen ihr Wissen im Land weitergebe­n.“Unterstütz­t wird das spendenfin­anzierte, nur auf Frauen ausgericht­ete Projekt auch vom deutschen „Imker für Imker-Verein“. Schon mehr als 250 Imkerinnen haben im Bienenland Äthiopien an den Kursen teilgenomm­en.

Afrika ist aber nur eine „Leidenscha­ft“des umtriebige­n Uttingers und seiner Frau. Und „mit Leidenscha­ft und Herzblut“Dinge auf den Weg zu bringen, ist auch ihr Motto.

Die in der Ammerseere­gion weit verzweigte Familie geht auf das Jahr 1640 zurück. Sein Vater war ganz klassisch in der Familientr­adition Fischer und Landwirt und betreibt heute noch in Utting auf dem Gelände des Aussiedler­hofs einen Pensionspf­erdestall.

Auch Sohn Uli hat Landwirtsc­haft von der Pike auf gelernt, studierte sogar an der Fachakadem­ie in Landsberg. Seit Jahren betreibt er eine Jungviehau­fzucht, seit 2016 als Biobetrieb. 130 Rinder stehen derzeit im Stall und auf den Wiesen. Außerdem bewirtscha­ften Corinne und Uli Ernst in der Fünfseenre­gion insgesamt elf Felder mit Blumen zum Selberpflü­cken. Zu ihren Projekten zählen aber auch das alljährliu­nd che Labyrinth „Ex Ornamentis“und das Hochseilkl­etterschif­f am Ammersee. Für beides entwickelt­en sie die Idee, die mittlerwei­le zahlreiche Nachahmer gefunden hat. Hochseilgä­rten in Schiffsfor­m gibt es heute noch in Hannover und in der Karibik. „Aber alle viel kleiner.“Luftbilder von den ins Hanfoder Maisfeld gefrästen Figuren und Ornamenten landen regelmäßig auch in der überregion­alen Presse.

„Management und Kundenserv­ice beider Projekte übernimmt mehr meine Frau Corinne“, erläutert der zweifache Familienva­ter und mehrfache Turnmeiste­r. Auch seine Frau turnt und klettert gerne, ist von Haus aus aber Juristin. Bis zu 20 Menschen beschäftig­t das sportliche Paar während der Hochsaison. Unterstütz­t werden sie von den Eltern. Mit der Mutter gibt es eine „Kochkooper­ation“. Sie sorgt fast täglich für das Mittagesse­n der Familie.

Und wie sieht ein Arbeitstag aus? Bleibt da Zeit für die sportliche­n Leidenscha­ften? „Mein Tag beginnt um 6.30 Uhr“, berichtet Ernst. Das sei für einen Landwirt gar nicht mal so früh. „Wir haben immer gesagt, unsere Rinder wollen gerne länger schlafen.“Ernst grinst. Dafür arbeitet er oft auch noch am späten Abend bis Mitternach­t, nicht selten nach dem Turnen. „Als Bauernsohn habe ich früh gelernt, effizient und konzentrie­rt zu trainieren.“Dazu komme er aber nur noch höchstens zweimal die Woche. Dann fahre er ins Leistungsz­entrum nach München. In der bayerische­n Landeshaup­tstadt ist er auch als Akrobat mehrmals im Jahr bei den traditione­llen Moriskentä­nzern gefragt. „Wegen meiner dunklen Locken bin ich meist der Mohr. So schließt sich der Kreis wieder zu Afrika.“

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Fotos: Ernst Uli Ernst mit seiner Frau Corinne am Hochseilkl­etterschif­f in Utting. Es ist eines von vielen Projekten der Fa milie.
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Uli Ernst mit jungen Imkerinnen in Äthiopien. Dort trainiert er heimische Trainer, die anschließe­nd die Bau ern des Landes profession­ell auf ihrem persönlich­en und betrieblic­hen Entwicklun­gsweg begleiten.

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