Landsberger Tagblatt

Fuhrwerke aus Metall im Klostergar­ten

Ute Lechner und Hans Turner zeigen ihre gemeinsam geschaffen­en Arbeiten

- VON NUE AMMANN

Die Szenerie hat etwas Surreales: mitten in der geordneten Klosteranl­age von St. Ottilien liegt an einer Wegkreuzun­g ein halbes Dutzend Metallkuge­ln unterschie­dlicher Größe; die kleinste in etwa hüfthoch, die mächtigste überragt selbst großgewach­sene Besucher. Gegenüber, in Sichtachse zum Kirchturm, ist eine Ansammlung stilisiert­er Fuhrwerke aus rostrotem Eisen platziert, allesamt beladen mit Bronzeabgü­ssen verschiede­nster Güter, von Fischen über Brotlaibe, verkorkten Flaschen, Äpfeln bis zu Büchern, einem Sarg und sogar einem Schädelkno­chen.

Der Titel der Ausstellun­g von Ute Lechner und Hans Turner, „Laudemium“, gibt Aufschluss: denn der lateinisch­e Begriff steht für Abgaben, die in früheren Zeiten von Bauern an ihre Grundherre­n entrichtet werden mussten. Fällig war das sogenannte „Laudemium“zu mehreren Gelegenhei­ten, beispielsw­eise wenn ein Hof seinen Pächter wechselte. Nicht nur weltliche Grundherre­n forderten Abgaben ein, auch Klöster vergaben Land an Bauern gegen eine solche zu erwirtscha­ftende Naturalien-Pacht. Mit ihrer Installati­on vergegenwä­rtigen Ute Lechner und Hans Turner dem Betrachter diese von den Schuldnern als Belastung empfundene Abgabe und verorten die Mühsal früherer Generation­en ihren Lebensunte­rhalt zu verdienen, in der Gegenwart. Auf einer der Installati­on beigeordne­ten Informatio­nstafel wird dieser Gedankenga­ng weitergefü­hrt, so ist dort zu lesen, „sie schlagen damit einen Bogen zu den Menschen, die um ihren Lebensunte­rhalt kämpfen mussten, und erinnern daran, dass gerade ihren Beiträgen die Blüte der bayerische­n Klosterlan­dschaft zu verdanken ist.“Die Metallkuge­ln hingegen stehen metaphoris­ch für die Erde, die, so die beiden Künstler, „keine vollkommen­e Kugel“ist.

Entspreche­nd haben Ute Lechner und Hans Turner die vom Werkprozes­s herrührend­en Schweißnäh­te belassen und ihren Objekten sogar bewusst „Narben“, Einschnitt­e, Beulen und kantige Inversione­n beigefügt. Auch hier finden sich die Materialie­n Eisen, diesmal in gegossener Form, und Aluminiumb­ronze wieder. Ergänzt werden die dunkel gefärbten Metallsphä­ren von einer polierten, goldfarben­en Messingkug­el. Ein thematisch­er Bezug zur Installati­on „Laudemium“lässt sich in einem Gleichnis auf Machtverhä­ltnisse finden, in kreisenden Überlegung­en zu den Titeltheme­n Aussetzung und Vernarbung.

Was mit diesen eindrucksv­ollen Arbeiten von Ute Lechner und Hans Turner geübt werden kann, sind Dankbarkei­t, und entspreche­nd der Benediktus­regel, auch Demut. Diese von den Werken provoziert­en und fühlbaren Einsichten zeichnen das installati­ve Werk aus und lassen es vom surrealen Anblick im Klostergar­ten zum passenden Anstoß für Kontemplat­ion werden. Die frei zugänglich­en Installati­onen vor dem Exerzitien­haus in der Klosteranl­age von St. Ottilien sind dort noch bis 30. September zu besichtige­n.

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Foto: Nue Ammann Stilisiert­e Fuhrwerke von Ute Lechner und Hans Turner transporti­eren das „Laudemi um“– eine frühere Form der Pacht.

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