Auch das Mittelalter Leben muss weitergehen
Zwei Unfälle am letzten Wochenende trüben die positive Bilanz der 38. Auflage. Die Mitwirkenden loben die Betreuung durch den Veranstalter. Derweil haben die Planungen für 2018 schon begonnen
Es ist allen sichtlich schwergefallen, am gestrigen letzten Tag des 38. Kaltenberger Ritterturniers zur Tagesordnung überzugehen und in der fast ausverkauften Arena noch ein letztes Mal die Geschichte „Der letzte Ritter“zu zeigen. Tags zuvor war einer der ihren, der Stuntman Jean Marc Dellajuto, schwer verunglückt und hatte sich den dritten Halswirbel gebrochen. Wiederum 24 Stunden davor war der Akrobat Gustav Schmitz vom Duo Basseltan auf die Bühne gestürzt, befindet sich aber auf dem Weg der Besserung und darf heute trotz Gehirnerschütterung und Prellungen bereits das Krankenhaus wieder verlassen. »Seite 12
„Solch schwere Unfälle hatten wir in den nun beinahe vier Jahrzehnten der Turniergeschichte nie“, ist auch der Begründer des Mittelalterevents, Luitpold Prinz von Bayern sicher, dass es sich bei dem Unfall am Samstagabend um ein Aufeinandertreffen nicht zu beeinflussender Umstände handelte. So saß laut Prinz Luitpold der Franzose Jean Marc Dellajuto nach seinem Stunt bereits wieder im Sattel, konnte sich aber noch nicht sichern. Das sei das Problem gewesen, denn die Stuntpferde bremsen oft nur ganz knapp aus hoher Geschwindigkeit (55 Stundenkilometer) vor der Königsloge abrupt in den Stand. Die Loge ist im Übrigen nicht aus Stein, wie die Polizei im ersten Moment vermutet hatte. Prinz Heinrich, Chef der Ritterspiele: „Es ist ein Stahlgerüst, das mit Bühnenmaterial, vor allem aus Styropor, verkleidet ist. Dellajuto konnte sich trotz Sturz auch noch abrollen, prallte aber in ein Eck neben dem Tor.
„Wir stehen alle noch unter dem Eindruck dieses Vorfalls“, lässt der Erzähler des Stücks, Johannes Steck, einen Blick in sein Seelenleben zu. „Es ist hart, aber wir sind uns alle einig und machen weiter. Aber es ist unglaublich hart.“Man müsse ja auch an die Zuschauer denken, die wieder zu Tausenden am letzten Tag in die Arena gekommen seien. Und sie traten alle wieder an. Prinz Heinrich vergleicht sie mit Formel-1-Rennfahrern: „Sie kennen ihr Risiko genau. Nur dass bei uns weniger passiert.“
Auch für ihn war das Erlebte neu. Die Schwere der Verletzung überrascht ihn aber nicht. „Selbst in der normalen Reiterei sind Wirbelsäule und Kopf sofort in Mitleidenschaft gezogen, die Verletzungen bei einem Sturz oft schwer.“Wichtig sei für ihn als Veranstalter gewesen, das Publikum ruhig zu halten. Für die medizinische Versorgung der Künstler und Reiter weiß er ein großes, erfahrenes Team um sich. Erst in diesem Jahr sei das Sicherheitskonzept noch einmal umfangreich ausgebaut worden.
Er hofft jedenfalls, dass er bald gute Nachrichten aus dem Klinikum Großhadern erhält. „Jean Marc hat die Operation gut überstanden, ist und seine Familie ist auch eingetroffen.“
Für Prinz Heinrich heißt es trotzdem, die neue, die 39. Show im kommenden Jahr vorzubereiten. Die Köpfe hätten die Regisseure Mario Luraschi und Alexander May sowie Buchautor Michael Peinkofer schon wieder zusammengesteckt. Auch in der Analyse der Veranstaltung ist er weit. „Die Zuschauerzahlen sind erfreulich“, nur die Nachtveranstaltungen an den Freitagen bereiten ihm noch Sorgen. Dabei seien gerade die etwas ganz Besonderes, ergänzt Kaltenbergs Marketingchef Markus Wiegand. Die „Erwachsenentage“, wie er sie nennt, hätten eine ganz eigene Anmutung: Lange Dunkelheit, viel Kerzen- und Fackellicht, der Stress des Alltags bleibt am großen Eingangstor zurück. Dennoch sei es schwierig, das den Menschen zu vermitteln und sie nach einem langen Arbeitstag noch nach Schloss Kaltenberg zu lotsen. Da werde er im nächsten Jahr den Werbe-Hebel ansetzen.
Dafür zeigt sich Prinz Heinrich mit dem Produktionsablauf höchst zufrieden: „Das war schon ein guter, und 2018 wird er ein sehr guter werden“, setzt er sich das nächste Ziel. Mit dem neuen Regisseur Alexander May sei ein guter Griff gelungen, der nach seinem ersten Turnier nun genauer weiß, wo er künftig die Hebel ansetzen muss. Ein Beispiel war die späte zeitliche Ansetzung der Proben mit allen Akteuren. Prinz Heinrich: „Das war schon knapp.“Entsprechend „unrund“lief es auch noch bei der Generalprobe, zwei Tage vor der Premiere.
Insgesamt habe er aber von Zuschauern wie auch von Mitwirkenwach den gutes Feedback bekommen. Eine davon ist die Marketenderin Sabine Aescht, die zusammen mit ihrem Mann Hagen das erste Mal mitmacht. Sie stellt Schmuck nach historischen Vorbildern her, hat Erfahrung vor allem aus ihrer Mitarbeit in Nürnberger Museen. Es sind aber nicht die Kontakte mit den Besuchern oder die eigenen Verkaufszahlen, die sie begeistern, sondern die Helfer der Organisation. „Ich kenne viele Mittelaltermärkte, aber so professionell umsorgt wie hier wurden wir noch nie.“Sie wird im kommenden Jahr auf alle Fälle erneut beim 39. Ritterturnier an der Schlossstraße zu finden sein – nein, sogar schon früher. Denn Sabine Aescht will voraussichtlich schon im Winter wieder ihren Schmuck und dessen Fertigung beim Kaltenberger Weihnachtsmarkt vorführen.