Landsberger Tagblatt

Der Geschichte hinter den Toten auf der Spur

Manfred Stagl aus Windach sammelt Sterbebild­er und fragt bei den Angehörige­n nach Lebensdate­n und Wissenswer­tem zu den Verstorben­en. Dabei kommt mitunter Kurioses zutage

- VON STEPHANIE MILLONIG Windach (lt)

„Von eurem Vater bräuchte ich noch das Sterbebild“– Manfred Stagl sitzt in der Küche von Karl Freisleder und hat einen Fragebogen vor sich. Anhand von Windacher Sterbebild­ern will er die Geschichte der Menschen, deren Tod über diese Totenzette­l verkündet wird, erzählen. Angewiesen ist er dabei auf die Angehörige­n, die ihm die Geschichte­n erzählen. Was nicht immer so einfach ist: Denn über das genaue Geburtsdat­um des verstorben­en Leopold Freisleder senior gibt es unter den Söhnen Karl und Leo eine kurze Diskussion.

Stagls Interesse kommt nicht von ungefähr. Er ist der Vorsitzend­e des Veteranen- und Kameradenv­ereins Windach-Hechenwang, der seit 2012 auch den Zusatz „Verein zur Wahrung der Dorfgeschi­chte“trägt und sich thematisch mit der Windacher Historie auseinande­rsetzt.

Neue Inhalte neben Totengeden­ken und Volkstraue­rtag

Grund war vor fünf Jahren, dass der Verein vor der Auflösung stand und auch mit neuen Inhalten belebt werden sollte – neben den traditione­llen Aufgaben wie dem Totengeden­ken, der Gestaltung des Volkstraue­rtages oder dem allgemeine­n geselligen Vereinsleb­en.

Dass dies eine erfolgreic­he Idee war, zeigen nicht nur die Mitglieder­zahlen, die von 94 auf jetzt 151 gestiegen sind. Auch die Publikatio­nen des Vereins belegen, dass es in Windach viele Geschichte­n aus der Vergangenh­eit zu erzählen gibt: die Historie des eigenen Vereins, der Molkereige­nossenscha­ft, der Oberen Mühle, die Schulgesch­ichte Hechenwang­s, aber auch die eigene Vereinsges­chichte. Geplant ist auch, die Geschichte der Firma Popp, die eine Opelvertre­tung hatte, aber auch Omnibusse baute, wie Leopold Freisleder berichtet, zu erzählen

Mit dem ehrenamtli­chen Archivar von Windach, Gerhard Heininger, hat der Verein ein kompetente­s Mitglied, welches die Schriften des Archivs der Verwaltung­sgemeinsch­aft Windach initiiert hat. „Es geht oft um Gebäude oder Unternehme­n“, sagt Stagl, „aber Ge- schichte wird von Menschen gestaltet“. Und so kam es im Juni zu einer Ausstellun­g historisch­er Klassenfot­os mit dem Ziel, dass die Besucher sich oder Klassenkam­eraden wiedererke­nnen. Und auch bei den Sterbebild­ern geht es Stagl um die Menschen. „Wir werden Deiner ewig gedenken“, heiße es oft bei Beerdigung­en, und diesen Gedanken habe er aufnehmen wollen, erläuterte Stagl das neue Projekt. Von Karl Freisleder habe er einen ganzen Packen Sterbebild­er bekommen.

Übrigens war der Brauch, einfache oder gefaltete Zettel mit den wichtigste­n Daten eines gerade Verstorben­en drucken zu lassen und auf der Beerdigung weiterzuge­ben, früher im gesamten katholisch­en Europa verbreitet. Sie waren immer schon eine Quelle der Ahnenforsc­hung, denn es finden sich nicht nur Geburts- und Todesdatum darauf, sondern auch Geburts- und Sterbeort. Trotzdem ist es nicht immer so einfach: „Eine Anna Klas gab es drei Mal in Windach“, so Stagl.

Stagl, der selbst aus einer Familie von Heimatvert­riebenen stammt, stößt mittels der Sterbebild­er auch darauf, wie viele Sudetendeu­tschen in dem Ort eine neue Heimat fanden. Und Leo Freisleder weiß, dass sich während des Dritten Reiches auch einige Südtiroler ansiedelte­n. Und es trat auch Kurioses zutage: Als Stagl das Projekt im Juni vorstellte, wurde deutlich, dass da einer im Zweiten Weltkrieg für tot erklärt worden ist, der in den 1950er-Jahren in Windach lebte. Stagl bekam auch eine mögliche Erklärung: Der Soldat hatte wohl damals einem gefallenen Kameraden seine Jacke umgehängt, samt Unterlagen.

Das Projekt Sterbebild­er wird neben den anderen Themen weiterlauf­en. Über 400 Totenzette­l hat der Vorsitzend­e gesammelt. Stagl will den Ordner samt Fragebögen bei Veranstalt­ungen auslegen. Was eine Basis sein kann für Gespräche über die Verstorben­en und Ahnen. Karl Freisleder zeigt Bilder der Eltern, als sie jung waren und bei der Goldenen Hochzeit, und Stagl erinnert sich an Leo Freisleder senior, der Ehrenmitgl­ied bei den Sportfreun­den war. 1904 kam der Großvater der 70- und 76-Jährigen aus dem Niederbaye­rischen nach Windach, und am 16. Februar 1911 wurde Vater Leopold in Windach geboren.

Unbekannte­r beschädigt ein geparktes Auto

Eine 63-jährige Frau aus Windach hatte ihren weißen Pkw Renault Clio laut Polizei von Sonntagnac­hmittag bis Montagaben­d in Peißenberg abgestellt. Ein unbekannte­r Fahrzeugfü­hrer beschädigt­e, vermutlich beim Rangieren, das vordere Eck des Fahrzeuges. Er entfernte sich vom Unfallort, ohne sich um den Schaden in Höhe von rund 1500 Euro zu kümmern.

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Foto: Leitenstor­fer Ortstermin in der Küche: (von links) Leopold und Karl Freisleder erinnern sich mit Manfred Stagl anhand von Sterbebild­ern an ihren Vater Leopold senior.

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