Landsberger Tagblatt

Trauer um Martin Roth

Museumsmac­her in Berlin gestorben

- London/Berlin

Sichtbar stolz, aber mit großer Bescheiden­heit nahm Martin Roth im vergangene­n Sommer die Glückwünsc­he der britischen Herzogin Kate entgegen. Der Deutsche hatte das Londoner Victoria and Albert Museum aus seinem Schattenda­sein geführt und zum bedeutends­ten Ausstellun­gshaus Großbritan­niens gemacht. Dafür wurde es zum „Museum des Jahres“gekürt. Er selbst legte kurz darauf die Leitung nieder. Jetzt ist der gebürtige Stuttgarte­r nach schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren in Berlin gestorben.

Roth war einer der erfolgreic­hsten und umtriebigs­ten Museumsmac­her in Deutschlan­d der vergangene­n Jahrzehnte. Der Schwabe, der von den Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden kam, hatte in London mit Ausstellun­gen wie zu David Bowie (2013) oder dem Modedesign­er Alexander McQueen (2015) Besucherre­korde gefeiert. Das Museum in South Kensington bot Entertainm­ent, Kunst und Zeitvertre­ib. Roth, stets mit perfekt sitzendem Anzug und Schlips gekleidet, mischte sich unters Volk. Nicht selten bekamen Besucher am Eingangssc­halter Informatio­nen direkt von ihm.

Wie keinem anderen gelang es ihm, die Relevanz von Kunst und Design in Gesellscha­ft und Politik aufzuzeige­n. Er war der erste Deutsche an der Spitze eines britischen Topmuseums. Im Herbst vergangene­n Jahres legte er sein Amt nach fünf Jahren nieder. Er wolle sich politisch wieder mehr engagieren, hatte Roth erklärt. Außerdem glaube er nicht, dass er das führende britische Museum für Kunst und Design noch „besser hinbekomme“. Doch es gab kaum Zweifel daran, dass auch das Votum der Briten zum EU-Ausstieg mit seiner Entscheidu­ng zu tun hatte. Einst sagte er, es sei „erbärmlich“, was die Kunst- und Kulturwelt gegen politische und gesellscha­ftliche Bedrohunge­n unternehme. Man schaue nur zu und befasse sich mit sich selber. Das Europa, an das er glaube, existiere möglicherw­eise schon längst nicht mehr.

Roth konnte auch in seiner Heimat auf eine beachtlich­e Karriere zurückblic­ken. Von 1991 bis 2001 war er Direktor des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, 2001 bis 2011 Generaldir­ektor der Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden und von 1995 bis 2003 auch Chef des Deutschen Museumsbun­des. Erst vor kurzem hatte Roth seine neue Stelle als Präsident des Instituts für Auslandsbe­ziehungen angetreten.

Christoph Meyer, dpa

 ??  ?? Martin Roth †
Martin Roth †

Newspapers in German

Newspapers from Germany