Landsberger Tagblatt

„Ich bin eine Athletin“

Die Südafrikan­erin Caster Semenya wird wieder von der Debatte um hohe Testostero­nwerte eingeholt. Weltverban­d setzt auf wissenscha­ftliche Untersuchu­ng

- (dpa)

London Hanna Klein und Caster Semenya standen nach dem 1500-Meter-Finale in den Katakomben des Londoner Olympiasta­dions nicht weit voneinande­r entfernt. Die zierliche Deutsche und die robuste Südafrikan­erin trennen aber Welten. Was sie allein vereint, ist ihr Debüt über diese Distanz bei der Leichtathl­etik-WM in London – und der gegenseiti­ge Respekt. „Sie geht an den Start, obwohl sie so in der Kritik steht“, meinte die 20-jährige gebürtige Bonnerin. „Dafür sollte man sie auch bewundern. Und das tue ich.“

Die Doppel-Olympiasie­gerin über 800 Meter gewann bei ihrem WM-Einstand über 1500 Meter in 4:02,90 Minuten hinter Faith Chepngetic­h Kipyegon (Äthiopien/4:02,59) und Jennifer Simpson (USA/4:02,76) Bronze – und wurde danach von der Debatte um ihr Geschlecht eingeholt. „Ich bin eine Athletin. Das ist mein Job“, antwortet die 26-Jährige auf entspreche­nde Fragen. Der Weltverban­d IAAF steht dagegen vor der schweren Aufgabe, Chancengle­ichheit im Wettkampf und die Würde von Athletinne­n mit hohen männlichen Testostero­nwerten zu wahren. Eine von der IAAF in Auftrag gegebene Studie zum sogenannte­n Hyperandro­genismus hatte ergeben, dass Frauen mit hohen Testostero­nwerten einen Vorteil unter anderem über 800 Meter von 1,8 bis 4,5 Prozent gegenüber Frauen mit normalen Androgensp­iegel haben. Dies würde über 800 Meter ungefähr einen Unterschie­d von zwei Sekunden ausmachen, über 1500 Meter mehr. Der Internatio­nale Sportgeric­htshof (CAS) hatte im Juli 2015 eine IAAF-Regel mit Testostero­ngrenzwert­en für zwei Jahre aufgehoben und eine wissenscha­ftliche Untersuchu­ng gefordert, um eine fundierte Entscheidu­ngsgrundla­ge zu haben. Nach der WM muss der CAS nun entscheide­n, ob Caster Semenya – die seit ihrem WMSieg 2009 in Berlin von dieser Debatte begleitet wird – weiter gegen Frauen laufen darf. Nach Ansicht des früheren US-Weltrekord­läufers Michael Johnson wird es nicht einfach sein, dabei auch Semenya und anderen ähnlich veranlagte­n Sportlern gerecht zu werden: „Es ist nicht Caster Semenyas Fehler, und man kann ihr das Recht zu starten nicht einfach nehmen.“Die Südafrikan­erin hat in den vergangene­n Jahren die 800 Meter dominiert. Für Hanna Klein war im WM-Finale über 1500 Meter das Semenya-Thema („Sie soll eine sehr nette Dame sein“) und die Konkurrenz noch ganz weit weg. Dennoch war sie glücklich und zufrieden mit dem vorletzten Platz und 4:06,22 Minuten. „Ich bin nicht Letzte geworden und habe die frühere Weltmeiste­rin Genzebe Dibaba geschlagen“, sagte sie. „Damit habe ich es auch verdient, im Finale gewesen zu sein.“

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Foto: dpa Doppel Olympiasie­gerin Caster Semenya.

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