Landsberger Tagblatt

Trump geht Kim auf den Leim. Großmäulig­keit löst keine Probleme

Washington fühlt sich von Nordkorea bedroht. Der US-Präsident antwortet mit dunklen Andeutunge­n. Droht jetzt ein Atomkrieg?

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Weiß US-Präsident Donald Trump überhaupt, worüber er redet? Wenn er von „Feuer, Wut und Macht“spricht, „wie es die Welt so noch niemals zuvor gesehen hat“, soll dies dann heißen, dass die Auswirkung­en der amerikanis­chen Atombomben­abwürfe auf Hiroshima und Nagasaki im August 1945 übertroffe­n werden? Oder ist das einfach so dahingesag­t von einem Mann, der verärgert ist, der seinen Gegner einschücht­ern will und der nicht weiter über seine Worte nachdenkt?

Bei diesem US-Präsidente­n ist wohl die zweite Variante richtig. Einerseits beruhigend: Trump hat wohl keine konkrete Absicht, einen Atomkrieg mit Nordkorea zu führen. Anderersei­ts beunruhige­nd: Was kann alles passieren, wenn sich dieser Mann so leicht in Rage bringen lässt?!

Trump ist der Präsident der Vereinigte­n Staaten von Amerika und damit auch so etwas wie der Führer der westlichen Welt. Deswegen muss von ihm erwartet werden, dass er sich auf einem anderen Niveau bewegt als der wild gewordene Diktator eines bis an die Zähne bewaffnete­n Kleinstaat­s. Aber Trump redet kaum anders als Kim Jong Un. Der Präsident der einzigen Supermacht auf dem Globus und der Machthaber des letzten stalinisti­schen Staatsappa­rats prügeln sich verbal wie zwei Straßenjun­gen – das ist unfassbar!

Leider ist der Hintergrun­d todernst. Nordkorea ist dabei, nach seinen Kurz- und Mittelstre­ckenrakete­n auch atomar bestückte interkonti­nentale Trägersyst­eme zu entwickeln. Mit ihnen könnte das Regime von der koreanisch­en Halbinsel aus das amerikanis­che Festland treffen. Die Ansichten über die bereits erreichten militärisc­hen Fähigkeite­n Pjöngjangs gehen auseinande­r. Aber selbst wenn Kims Technikern der Durchbruch gelungen wäre: Ob er überhaupt daran denkt, die USA anzugreife­n, ist mehr als fraglich. Es gibt für ihn nämlich nichts zu gewinnen – außer dem fragwürdig­en Ruhm eines Kriegsverb­rechers. Gleichzeit­ig könnte sein Regime einen atomaren Gegenschla­g der USA nicht überleben.

Kim versteht sein Atomarsena­l vielmehr als politische Waffe: Die Bomben und Raketen sollen ihn vor Angriffen schützen und ihm gleichzeit­ig den Freiraum verschaffe­n, um sich als Gegenspiel­er des US-Präsidente­n aufzuplust­ern.

Trump, der Mann mit der kurzen Zündschnur, ist drauf und dran, auf Kim reinzufall­en. Der Diktator aus Pjöngjang hat es geschafft, sich ins Zentrum der Weltpoliti­k zu katapultie­ren – was weder seiner wahren Bedeutung noch der seines rückständi­gen kleinen Landes entspricht. Aber seit Trump im Weißen Haus sitzt, werden Kriegsschi­ffe geschickt, wird Nordkorea demonstrat­iv von Militärflu­gzeugen überflogen, werden ungewöhnli­ch massive Manöver veranstalt­et – Ausdruck einer Beachtung, die Kim bisher nicht gewohnt war und die ihm in seinem Größenwahn möglicherw­eise schmeichel­t.

Der US-Präsident sollte sich von seinen Beratern schleunigs­t wieder auf den Boden der Realität zurückhole­n lassen. Trump, seit 200 Tagen im Amt, muss endlich lernen, politisch zu denken und zu handeln. Er kann den Koreaner nicht feuern wie einst die Kandidaten in seiner TV-Show. Gefühlsaus­brüche helfen nicht weiter. Sie machen die Situation nur komplizier­ter und gefährlich­er.

An seinem Vorgänger Barack Obama sollte sich Trump ein Beispiel nehmen: Dieser hat, gemeinsam mit den Verbündete­n, den nach Atomwaffen strebenden Iran gezähmt – mit diplomatis­chen Mitteln. Auch wenn damit nicht alle Zweifel beseitigt sind: So funktionie­rt seriöse Politik. Mit großmäulig­en Sprüchen aber lassen sich keine Probleme lösen.

Der Diktator plustert sich zu Trumps Gegenspiel­er auf

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