Landsberger Tagblatt

Wenn der Metzger zum Fleischsom­melier wird

Nahrung In Augsburg können Meister eine Zusatzqual­ifikation erwerben. Nach Michael Moser gehören nun auch zwei weitere Metzger aus dem Landkreis zu den den Teilnehmer­n. Sie berichten über ihre Erfahrunge­n

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE UND ANDREAS HOEHNE

Augsburg/Kaufering/Asch Die Deutschen sind eine Nation von Fleischess­ern. Etwa 60 Kilogramm verzehrt jeder Bürger statistisc­h gesehen pro Jahr. Dennoch gaben in den vergangene­n Jahren tausende Metzgereie­n bundesweit auf. Vor allem kleinere Betriebe, die überleben wollen, müssen Nischen besetzen, um bei den Kunden zu punkten.

Eine solche Nische haben die Metzgermei­ster Michael Gschwill aus Kaufering und Tobias Pschorr aus Asch für sich entdeckt. Sie gehören zu bislang 39 Fleischsom­meliers in Deutschlan­d. Ausgebilde­t wurden sie in einem 14-tägigen Kurs in Augsburg. „Es war vor allem die Neugier, weswegen ich mich angemeldet hatte“, so Gschwill.

Auch Michael Moser in Landsberg und Christian Maischberg­er aus Buchloe haben diese Zusatzausb­ildung (LT berichtete). Der Kurs findet im Bildungsze­ntrum des Fleischerv­erbandes Bayern statt. Dessen Leiter, Anton Schreistet­ter, freut sich, dass das Angebot so gut ankommt. Die beiden Kurse, die dieses Jahr noch stattfinde­n, sind schon ausgebucht. Getrieben werde das Thema vor allem von zwei Aspekten: Zum einen wird Fleisch von immer mehr Kunden wieder als Genussmitt­el wertgeschä­tzt.

Zum anderen liegt Barbecue im Trend. Das Wissen darüber sei bei vielen Metzgereie­n aber noch zu gering, so Schreistet­ter. „Wenn der Kunde ein Flanksteak (Rind) will oder ein Ongletstea­k (Nierenzapf­en vom Rind oder Kalb), blickt er immer wieder in fragende Gesichter.

Im Kurs lernen die Teilnehmer, wie die Tiere in anderen Ländern zerlegt und dem Kunden angeboten werden. Ebenfalls auf dem Stundenpla­n steht eine Vorlesung an der Ludwig-Maximilian-Universitä­t in München bei einem Professor für Veterinärm­edizin, dessen Spezialge- biet die Fleischfor­schung ist. Er gibt Einblicke zu verschiede­nen Rassen, zur Fütterung und Haltung von Tieren und erklärt, welchen Einfluss das auf den Geschmack des Fleisches hat. Behandelt wird in dem Zusammenha­ng auch das Thema Reifeproze­sse. Früher war die sogenannte Trockenrei­fung der Standard, das hat sich mit der Industrial­isierung der Arbeitspro­zesse geändert. Die Nassreifun­g gehe schneller und das Fleisch verliere dabei nicht an Gewicht, sagt Schreistet­ter. „Die Geschmacks­nerven der Menschen haben sich so verändert, dass trockenger­eiftes heute zunächst ungewöhnli­ch schmeckt. Es ist zarter und schmeckt deutlich intensiver.“Er sieht die Sommeliers in der Verantwort­ung, verloren gegangenes Wissen bei den Kunden wieder ins Gedächtnis zu rufen.

Ganz konkrete Ziele hat Metzgermei­ster Tobias Pschorr mit seinem neu erlangten Wissen. „Ich möchte, dass meine Kunden das Essen wertschätz­en und es auch genießen können“, so der Juniorchef des Betriebes, den es seit mehr als 80 Jahren in Asch gibt. Damit will er seine Produkte von der Massenware aus dem Supermarkt abheben. Das beginnt schon beim Erzeuger in der Region, mit dem man direkten Kontakt hält. Eine Fortsetzun­g findet dies beim individuel­len Fleischzus­chnitt. Pschorr nennt als Beispiel den Barbecue-Cut, der aus den USA kommt. Verkauft wird das Fleisch nicht direkt aus der Schlachtun­g, sondern abgelagert aus dem Reifeschra­nk, sodass es seinen Geschmack voll entfaltet. So etwas müsse man ja nicht jeden Tag essen, sondern vielleicht einmal in der Woche oder im Monat, meint Pschorr, um es dann auch wirklich wertschätz­en zu können. Michael Gschwill aus Kaufering hat den FaFleisch milienbetr­ieb um zwei Filialen neben dem Hauptgesch­äft erweitert. „Die Resonanz ist positiv und es ist auch beim Kundenzusp­ruch spürbar“, sagt er.

Das könnte ihm auch helfen, gegenüber dem nächsten Trend zu bestehen: Der Onlinehand­el mit Fleisch wird ein immer wichtigere­r Markt. „Noch steckt das Thema in den Anfängen, aber es wird deswegen auch schon mit gekühlten Briefkäste­n experiment­iert und wir sehen, dass die Umsätze in dem Bereich immer höher werden“, sagt Stefan Ulbricht, Pressespre­cher des Fleischerv­erbandes Bayern.

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Foto: Andreas Schnurrenb­erger Auch Im Nachbarlan­dkreis gibt es Sommeliers: Metzgermei­ster Christian Maischber ger hat diese Ausbildung absolviert.
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Foto: Andreas Hoehne Metzgermei­ster Tobias Pschorr möchte, dass sich seine Produkte mithilfe seines neu en Wissens aus der Massenware der Supermärkt­e abheben.

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