Geiz ist nicht geil
Der Verbraucher bewegt sich in einer Welt der merkwürdigen Widersprüche. Auf der einen Seite verkaufen immer mehr Händler regionale Produkte, selbst Discounter platzieren Bio-Wurst und Chia-Samen in ihren Regalen. Auf der anderen Seite jedoch kann es vielen Menschen nicht billig genug sein. Das gilt für Lebensmittel, aber auch für Kleidung, Dekoartikel oder sogar Bastelbedarf. Der Einkauf ist längst auch die Suche nach dem besten Schnäppchen.
Das allein kann man natürlich niemandem zum Vorwurf machen. Es gibt viele Menschen, die streng auf ihr Budget achten müssen. Bei anderen ist der Beweggrund aber schlicht und einfach: Geiz. Denn eigentlich könnten sie es sich leisten, mehr Geld auszugeben. Dabei wissen die meisten Menschen genau, dass es unmöglich ist, Niedrigstpreise anzubieten und gleichzeitig perfekte Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Aber weil die Schnäppchen-Verlockung so groß wirkt, ist es oft bequemer, unangenehme Gedanken an Kinderarbeit oder Massentierhaltung beiseitezuschieben.
Es kann aber nicht schaden, sich immer wieder mal daran zu erinnern. Denn Geiz ist schon lange nicht mehr geil. Selbst der Elektro-Konzern Saturn hat den Werbespruch vor zehn Jahren abgeschafft. Sachen zu kaufen, und verlässt den Laden mit sieben oder acht Einkäufen in der Tasche“, erzählt er. Während bei Tedi 80 Prozent des Angebots zum festen Sortiment gehört, ist bei Action nur ein Drittel der Ware ständig vorrätig. Der Rest des Angebots verändere sich ständig. So findet der Kunde immer etwas Neues. „Dieses Überraschungsmoment ist sehr wichtig für unseren Erfolg“, sagt van der Laan.
Auch der schwedische Newcomer Rusta setzt auf Vielfalt. „Wir stehen ein bisschen im Wettbewerb mit jedem: Denn wir nehmen das Beste von Ikea, Bauhaus und Rossmann und konzentrieren es auf kleinem Raum. Und auch mit Aldi und Lidl gibt es natürlich hier und da Konkurrenz“, beschreibt Unternehmenschef Göran Westerberg sein Erfolgsrezept.
Ob der aktuelle Erfolg der Billigläden auf Dauer anhält, ist nach Einschätzung des Handelsexperten Hepp dennoch ungewiss: „Der deutsche Kunde möchte seine Einkäufe eigentlich möglichst alle auf einmal erledigen. Aber bei Tedi, Action und Co. geht das nicht. Es könnte sein, dass das den Verbrauchern irgendwann zu kompliziert wird.“
Erich Reimann, dpa