Auf dem Weg ins Profigeschäft
Ausdauersport Alexander Steffens startet am Sonntag bei einem der größten Radrennen für Amateure. Das ist sein Ziel
Dießen Wenn am Sonntag das größte Radrennen für Amateure in ganz Europa in Hamburg über die Bühne geht, steht auch ein Dießener an der Startlinie. Alexander Steffens geht mit großen Ambitionen in die Hamburg Cyclassics. Der 24-Jährige hat in diesem Jahr schon beachtliche Resultate erzielt, auch wenn er erst 2016 seine große Liebe zum Radsport entdeckt hat.
Wie oft er in den vergangenen Wochen den Andechser Berg erklommen hat, kann er nicht genau sagen. Der Blick ins Trainingstagebuch dauert. Kein Wunder. Denn Alexander Steffens hat in diesem Jahr schon gut 7000 Kilometer auf dem Fahrrad zurückgelegt. Die kräftigen Oberschenkel liefern den Beweis dafür ab, genauso wie die deutlich sichtbaren Übergänge von gut gebräunter Haut hin zu hellweißen Stellen an den Oberarmen. Die sogenannten „Tanning lines“sind für Radfahrer ein ähnliches Markenzeichen wie Zahnlücken bei Eishockeyspielern. „In letzter Zeit habe ich sehr kraftorientiert trainiert. Ich bin so oft wie noch nie den Andechser Berg hoch“, sagt Alexander Steffens. Wenn es von Herrsching auf den Heiligen Berg geht, dann stehen auf den 2,8 Kilometern rund 126 Höhenmeter an. Von Fischen aus sind es 134 Höhenmeter, verteilt auf 4,6 Kilometer. Während die meisten Radfahrer sich im Schneckentempo nach Andechs plagen, fährt Steffens in Tempo-Intervallen nach oben. „Das gibt Kraft in den Beinen und simuliert Rennhärte.“Und Härte ist bei Wettkämpfen gefragt, bei denen er startet.
Vergangenes Jahr wurde er bei seinem ersten Radrennen am Mondsee (Österreich) auf Anhieb Zweiter. Dieses Jahr gewann er dort die 70 Kilometer. Beim Amadé-Radmarathon wurde er Zweiter. Nicht auszudenken, wo Steffens gelandet wäre, hätte ihn Anfang des Jahres nicht eine Knieverletzung ausgebremst. Beim Skifahren stürzte er schwer. Die Diagnose: Meniskusriss im rechten Knie. Die Folgen: Operation und drei Wochen Trainingspause. Mittlerweile nimmt es der 24-Jährige mit Humor. „Mei, das kann passieren.“
Umso härter kämpfte er sich zurück. Der Sport- und Fitnesskaufmann findet bei seinem Arbeitgeber in Greifenberg auch beste Bedingungen vor. Die tägliche Arbeit bedeutet für ihn zum Teil auch Training. Denn Steffens gibt mehrmals pro Woche Kurse in Indoor-Cycling und bringt die Teilnehmer zum Schwitzen. Nebenbei tut er so auch was für die eigene Kondition.
Vor mehr als zehn Jahren entdeckte er die Leidenschaft zum Ausdauersport. Über seine Schwester kam er mit dem Triathlon in Berührung und feierte im Trikot des SC Riederau etliche Erfolge und holte im Jugendbereich Titel auf Landesebene. „Damals schon war Radfahren meine Lieblingsdisziplin“, berichtet Steffens.
Vergangenes Jahr absolvierte er seine erste Triathlon-Mitteldistanz und wurde wenige Tage später während einer Radtour angesprochen, ob er nicht für ein am Ammersee beheimatetes Hobby-Rennteam starten wolle. Steffens wollte und steht nun vor einem seiner größten Rennen.
Rund 16 000 Teilnehmer – darunter Profis und Jedermann-Athleten – gehen am Sonntag bei den Hamburg Cyclassics über drei Distanzen an den Start. 60, 120 und 180 Kilometer werden angeboten. Steffens startet über die 180 Kilometer. „Mein Ziel sind die Top drei“, gibt er sich ehrgeizig, und will in dem Rennen 42 Stundenkilometer im Schnitt fahren. Im Windschatten sollte das kein Problem sein. Interessant wird es, wenn es eine Ausreißergruppe gibt. „Da muss ich dabei sein, ansonsten wird es schwer.“Ohnehin ist Steffens ein großer Fan von Taktik im Radsport. „Nicht der beste Radfahrer gewinnt ein Rennen, sondern der, der auch taktisch am klügsten fährt. Das ist nicht so ein Draufhauen wie im Triathlon.“
Betreut wurde Alexander Steffens in den vergangenen Wochen von Sebastian Lang. Der ehemalige ProfiRadrennfahrer war 2006 deutscher Meister im Zeitfahren, und bei der Tour de France trug er 2008 drei Etappen lang das Trikot des Führenden in der Bergwertung. Von der Tour de France träumt auch Alexander Steffens. „Irgendwann dort dabei zu sein, ist mein Traum. Ich will in ein Profiteam.“Vielleicht führt der Weg in den Profisport über Hamburg.