Landsberger Tagblatt

Jetzt sollen alle gemeinsam anpacken

Analyse Frankreich­s Präsident Macron ruft zum Migrations­gipfel nach Paris. Er will Herkunfts- und Transitlän­der in eine Lösung einbeziehe­n. Wie Flüchtling­sbewegunge­n von Afrika nach Europa kontrollie­rt werden sollen

- VON BIRGIT HOLZER

Paris In einer Krisensitu­ation nicht nur über die Beteiligte­n zu sprechen, sondern auch mit ihnen, ist prinzipiel­l ein guter Ansatz. Warum sollte das ausgerechn­et anders sein, wenn es um die unkontroll­ierten Flüchtling­sbewegunge­n über das Mittelmeer geht? Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron setzte gestern entspreche­nde Signale bei einem kleinen Migrations­gipfel, zu dem er mehrere europäisch­e und afrikanisc­he Länder nach Paris eingeladen hatte. Sein Ziel: die Zusammenar­beit etwa mit Herkunfts- und Transitlän­dern wie Libyen, Tschad und Niger zu stärken und deren Regierunge­n besser einzubezie­hen.

Ist dies ein entscheide­nder Schritt, um die Flüchtling­sströme aus Afrika nach Europa besser zu kontrollie­ren, sie zu begrenzen und illegale Schlepperb­anden zu be- Die Teilnehmer des Migrations­gipfels gaben sich gestern gemäßigt optimistis­ch. „Es handelt sich um eine Herausford­erung für die Europäisch­e und für die Afrikanisc­he Union gleicherma­ßen. Die Herkunfts- und die Transitlän­der sowie Europa müssen effizient zusammenar­beiten“, erklärte Macron. „Die Händler von Waffen, menschlich­em Leben und Drogen, die aus der Wüste und dem Mittelmeer einen Friedhof gemacht haben, sind dieselben, die auch mit dem Terrorismu­s verbunden sind.“

Eingeladen waren neben Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die EU-Außenbeauf­tragte Federica Mogherini, die Regierungs­chefs von Spanien und Italien, Mariano Rajoy und Paolo Gentiloni, der Präsident des Niger, Mahamadou Issoufou, und der Präsident des Tschad, Idriss Déby. Außerdem kam der von der internatio­nalen Gemeinscha­ft aner- libysche Ministerpr­äsident Fayez al-Sarraj, der allerdings über die Hauptstadt Tripolis hinaus nur einen geringen Teil des nordafrika­nischen Krisenstaa­tes unter seiner Kontrolle hat. Die dortige chaotische Lage und Unterstütz­ung der Hilfsaktio­nen des UN-Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR war eines der besprochen­en Themen.

Mehrere Hebel sollten bewegt werden, so Macron: von einer konsequent­en Entwicklun­gszusammen­arbeit über eine stärkere Kontrolle der Migrations­routen bis zu einer scharfen Bekämpfung illegaler Schleuserb­anden. Niger diene dabei als Vorbild für andere afrikanisc­he Transitlän­der.

Nigers Präsident Issoufou nannte die aus seiner Sicht tieferlieg­enden Gründe für Migration: die instabile Sicherheit­slage in zahlreiche­n afrikanisc­hen Ländern als eine der Folgen des Terrorismu­s und des orgakämpfe­n? nisierten Verbrechen­s, den Klimawande­l sowie den demografis­chen Wandel. „Es ist unerträgli­ch, dass tausende Afrikaner in der Wüste sterben, dass tausende Afrikaner im Mittelmeer sterben“, so Issoufou. Darüber hinaus kämen die Schlepper, die Flüchtling­e nach Libyen bringen, von dort mit Waffen zurück.

Macron bekräftigt­e seinen bereits im Juli geäußerten Wunsch, Infrastruk­turen zu schaffen, damit Asylberech­tigte bereits in Afrika identifizi­ert werden können. Zwar sei die Zahl der aus Libyen an den italienisc­hen Küsten angekommen­en Menschen sowie jener, die im Meer ertranken, zuletzt massiv zurückgega­ngen, sagte Bundeskanz­lerin Merkel: Kamen im Juni noch 23 500 Menschen an und starben 530 im Mittelmeer, so wurden im Juli noch 11500 Ankömmling­e und 210 Tote gezählt. Es bleibe aber „eine humakannte nitäre Verantwort­ung, diese illegalen Wege zu ordnen“. Zugleich betonte sie die Notwendigk­eit einer klaren Unterschei­dung zwischen Menschen, die aus wirtschaft­lichen Gründen auswandern und solchen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen.

Der besprochen­e Gesamtansa­tz beinhalte sowohl Sicherheit­skooperati­onen im Kampf gegen illegale Schlepper-Strukturen wie auch die Entwicklun­g von wirtschaft­lichen Partnersch­aften: „Wir haben noch viel zu tun, aber jetzt haben wir eine Struktur, auf deren Basis wir aufbauen können.“

EU-Chefdiplom­atin Federica Mogherini erinnerte daran, dass die EU seit langem engagiert sei in der Bekämpfung der Armut in Afrika. Insgesamt gebe sie pro Jahr 20 Milliarden Euro für Entwicklun­gshilfe in den verschiede­nsten Bereichen aus.

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Foto: Darko Bandic, afp Nach diesem Muster verläuft häufig die Flucht über das Mittelmeer: Von Schleppern organisier­t, starten Migranten in Libyen in einem viel zu kleinen Schlauchbo­ot. Auf hoher See werden sie dann gerettet. Hier nimmt die Besatzung eines Schiffs der...

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