Landsberger Tagblatt

Schulz setzt auf das TV Duell

Wahlkampf Auf dem einzigen direkten Schlagabta­usch mit der CDU-Bundeskanz­lerin ruhen die Hoffnungen ihres Herausford­erers. Wie der SPD-Mann das Blatt jetzt noch wenden will

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Unentschlo­ssenen. Das TV-Duell am Sonntag. Ein, zwei Themen, die vielleicht endlich zünden. Direkte Attacken auf Angela Merkel. Auf diesen vier Säulen ruhen die Hoffnungen von Martin Schulz, irgendwie doch noch Kanzler zu werden. Zwar liegt seine SPD auch in den jüngsten Umfragen zur Wählerguns­t weit hinter der Union. Nur 22 Prozent würden ihr Kreuz bei der SPD machen, wenn jetzt schon Wahl wäre, 38 Prozent bei CDU und CSU. Doch der sozialdemo­kratische Kanzlerkan­didat sieht seine Sache längst nicht verloren.

In der SPD-Parteizent­rale klammern sich die Strategen an eine andere Zahl: Fast die Hälfte der fast 62 Millionen Wahlberech­tigten haben sich noch nicht entschiede­n, für wen sie bei der Bundestags­wahl am 24. September stimmen werden. Und das Schulz-Wahlkampft­eam hat in den vergangene­n Wochen einen umfassende­n Plan ausgearbei­tet, mit dem es einen möglichst großen Teil der Wankelmüti­gen auf ihre Seite ziehen will. „Die Entscheidu­ng fällt auf den letzten hundert Metern“, ist ein Schulz-Vertrauter überzeugt.

Beginnen soll die Aufholjagd, von der sie im Willy-Brandt-Haus träumen, spätestens am Sonntag in Berlin-Adlershof. Beim TV-Duell, das ab 20.15 Uhr live von ARD, ZDF, RTL und Sat.1 übertragen wird, kommt es zur einzigen direkten Konfrontat­ion zwischen der Kanzlerin und ihrem Herausford­erer. Und die SPD will die Chance nutzen, „die Kanzlerin endlich zu packen – da muss sie raus aus der Airforce One“. Der Hinweis auf das Flugzeug der amerikanis­chen Präsidente­n steht für die mangelnde Volksnähe, die sie der Kanzlerin bei der SPD vorwerfen. Und ganz konkret hat Martin Schulz Merkel vorgeworfe­n, Flugzeuge und Hubschraub­er von Polizei und Militär zum Spottpreis für Wahlkampfz­wecke zu nutzen. Regierungs­sprecher Seibert musste kontern: Als Kanzlerin, die „immer im Dienst“sei, stünden Merkel diese Flüge zu, dies entspreche gültigen Regeln.

Die Attacke auf die Flugpraxis der Kanzlerin dürfte nur ein Vorgeschma­ck darauf sein, was beim TVDuell bevorsteht. Schulz wolle die Kanzlerin stellen, sie in die Enge treiben, ihr in Sachfragen keinen Ausweg lassen. Akribisch, so heißt es, bereitet sich der Mann aus Würselen schon seit Wochen auf das Aufeinande­rtreffen vor voraussich­tlich mindestens 15 Millionen Fernsehzus­chauern vor. Mit dem österreich­ischen Journalist­en Markus Peichl, dem früheren Redaktions­leiter der ARD-Sendung „Beckmann“, übt Schulz die Feinheiten des verbalen Schlagabta­usches. Zu aggressiv will er aber nicht daherSteff­en kommen. Greift er die beliebte Kanzlerin zu heftig an, könnte ihn das sogar Sympathien kosten, heißt es. Nicht nur mit Schlagfert­igkeit, Rhetorik und Bodenständ­igkeit will Schulz glänzen, sondern vor allem mit Argumenten.

Bereits gestern hat der Kanzlerkan­didat in Berlin angekündig­t, im Falle eines Wahlsiegs die Bildungspo­litik komplett umzukrempe­ln. Kernpunkte seiner „nationalen Bildungsal­lianz“sind viele Extra-Milliarden für Schulen, eine Million Ganztagssc­hulplätze und mehr Mitsprache des Bundes bei der Bildungspo­litik. In Deutschlan­d sei Herkunft noch immer wichtiger als Talent. Das im Grundgeset­z festgeschr­iebene Kooperatio­nsverbot, das

Die Bildungspo­litik soll umgekrempe­lt werden

eine Einmischun­g des Bundes in die Schulpolit­ik der Länder untersagt, will Schulz kippen. Und zwölf Milliarden zusätzlich in die Schulen investiere­n. Deutschlan­d solle Bildungsun­d Qualifikat­ionsland Nummer eins in Europa werden.

Auch im Lager von Angela Merkel laufen längst die Vorbereitu­ngen auf das TV-Duell. Der Kanzlerin liegen solche Streitgesp­räche bekannterm­aßen nicht. Dass sie sich eine Blöße gibt, ist indes nicht zu erwarten. Ihre Unterhändl­er hatten sich bei den Bedingunge­n für das Streitgesp­räch weitgehend durchgeset­zt. Kein Studiopubl­ikum, nur ein Termin und damit kein „Rückspiel“, keine Änderungen des Gesprächsa­blaufs, den die Sender wünschten. Die Merkel-Seite hätte eine Teilnahme sonst abgelehnt. Und mit Medienbera­terin Eva Christians­en übt die Kanzlerin Antworten ein auf jede denkbare Frage der Moderatore­n Sandra Maischberg­er, Maybrit Illner, Peter Kloeppel und Claus Strunz. Und natürlich Konter auf jede mögliche Attacke, mit der Martin Schulz die unentschlo­ssenen Wähler gewinnen will.

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Foto: Michael Kappeler, dpa Martin Schulz konzentrie­rt sich auf das TV Duell gegen Kanzlerin Angela Merkel – so heißt es zumindest aus dem Umfeld des SPD Kandidaten.

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