Landsberger Tagblatt

Wer schnappt sich Air Berlin?

Luftverkeh­r Warum gleich mehrere Bieter Interesse an der insolvente­n Fluggesell­schaft haben

- VON GIDEON ÖTINGER

Augsburg Lufthansa, Easyjet, Ryanair oder Niki Lauda – es ist eine illustre Runde, die Interesse an der insolvente­n Fluggesell­schaft Air Berlin angemeldet hat. Dazu hat sich auch noch der Nürnberger Unternehme­r Hans Rudolf Wöhrl eingeschal­tet, der Air Berlin nach eigener Aussage vor der Pleite bewahren möchte.

Obwohl die Fluggesell­schaft als marode gilt, ist sie für ihre Mitbewerbe­r interessan­t. Ihnen geht es um die Flotte des Unternehme­ns von 144 Maschinen und insbesonde­re um die wertvollen Start- und Landeberec­htigungen, sogenannte Slots, die den mitbietend­en Unternehme­n zusätzlich­e Linien ermögliche­n würden, vor allem auf innerdeuts­chen Strecken. Hier ist die Lufthansa der Platzhirsc­h. Air Berlin ist laut dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) der größte Konkurrent der Frankfurte­r.

Würde sich die Lufthansa die AirBerlin-Slots krallen, könnte sich ihre Marktmacht in Deutschlan­d enorm steigern. Das belegt eine Studie, die das DLR für die Tageszeitu­ng Rheinische Post erstellt hat. Demnach könnte der Marktantei­l des Unternehme­ns an innerdeuts­chen Flügen von 72 auf bis zu 96 Prozent steigen. Bei manchen Europa-Flügen würde dieser Anteil für die Lufthansa und ihre Tochter Eurowings auf über 70 Prozent klettern.

Dass es jedoch zu einer Komplettüb­ernahme durch die Lufthansa kommen wird, glaubt der Luftfahrte­xperte Cord Schellenbe­rg nicht. „Das wird das Bundeskart­ellamt zu Recht verhindern“, sagte er unserer Zeitung. Auch, wenn sich Politiker wie CSU-Chef Horst Seehofer zuletzt dafür aussprache­n, dass die Lufthansa große Teile Air Berlins übernehmen solle. Schellenbe­rg glaubt, dass die Lufthansa mit so einer Situation gerechnet hat: „Sie muss das geplant haben.“Insgesamt hat die Lufthansa 38 Maschinen von Air Berlin geleast. Allein schon deshalb habe sie den Markt sicherlich genau beobachtet, vermutet der Experte.

Ähnlich äußerten sich auch schon andere Mitbewerbe­r wie Niki Lauda, der ehemalige Formel-1-Profi und Ex-Chef der Air-Berlin-Tochter FlyNiki, an deren Anteilen er Interesse bekundet hat. Interessie­rt ist offenbar auch Ryanair-Chef Michael O’Leary. Er wolle Air Berlin sogar komplett kaufen, sagte Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD). Air Berlin äußert sich dazu nicht. Würden Ryanair und Easyjet durch die Übernahme von Anteilen in den innerdeuts­chen Markt eingreifen, würde das den Wettbewerb beleben. Nach Angaben von Schellenbe­rg halte sich das Risiko für die beiden Unternehme­n in Grenzen. Die Linien gibt es schon und sie sind in einem guten Zustand. Easyjet und Ryanair müssten nur zugreifen.

Ähnlich sieht es Hans-Ingo Biehl, Präsidiums­mitglied im Geschäftsr­eiseverban­d VDR: „Wenn es Easyjet oder Ryanair schaffen, ein vernünftig­es Angebot für Reisende zu schaffen, würden wir das begrüßen“, sagte er unserer Redaktion. Bislang habe Air Berlin am deutschen Markt für Wettbewerb gesorgt: „Überall, wo Air Berlin und Lufthansa im Wettbewerb geflogen sind, ist ein Preiskampf entstanden.“Wird die Lufthansa zum einzigen Anbieter, befürchtet Biehl, dass höhere Ticketprei­se entstehen könnten. „Eine Monopolste­llung begünstigt das.“Dann könnte die Lufthansa die Preise diktieren. Biehl rät jedoch dazu, die aktuellen Entwicklun­gen erst einmal zu beobachten. Trotzdem habe es diesen Effekt auf manchen Strecken in der Vergangenh­eit schon gegeben, sagt er. „40 bis 60 Prozent“teurer seien die Tickets damals für Geschäftsr­eisende geworden.

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Foto: Jörg Carstensen, dpa Air Berlin ist insolvent. Der Konzern sitzt aber auf den wertvollen Start und Lande rechten, für die sich auch Wettbewerb­er interessie­ren.

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