Landsberger Tagblatt

Sie glüht und glüht…

Energie Schlecht für das Klima, zu teuer im Verbrauch: Vor fünf Jahren verschwand­en die Birnen aus dem Handel. Aber nicht jeder wollte sich dieser verordnete­n Veränderun­g beugen

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Stuttgart Es wurde gar nicht dunkel, als die Glühbirne verschwand. Im Gegenteil. Manch Wohnzimmer wurde eher etwas grell, ungemütlic­h und irgendwie ungewohnt weiß damals. Fünf Jahre ist es her, dass Glühbirnen endgültig raus mussten aus den Regalen der Bau- und Elektromär­kte – auf Geheiß der Europäisch­en Union und unter großem Protest gegen die Brüsseler „Regelungsw­ut“. Am 1. September 2012 trat Stufe vier der EG-Verordnung 244/2009 in Kraft, und fortan durften generell nur noch Leuchtmitt­el neu in Verkehr gebracht werden, die mindestens die Energieeff­izienzklas­se C erreichen. Für die traditione­lle Glühbirne, die nur einen Bruchteil der Energie zu Licht macht und dafür umso mehr Wärme erzeugt, war das eine unüberwind­bare Hürde.

Schon seit dem Jahr 2009 mussten auf Grundlage der Verordnung nach und nach immer mehr Glühbirnen aus dem Handel verschwind­en, gestaffelt nach der Watt-Zahl. Erst drei Jahre später, 2012, aber kam mit einigen wenigen Ausnahmen das endgültige Aus – zum Ärger vieler Menschen, die ihre vormals gemütlich gedimmten Wohnzimmer im Licht der damaligen Alternativ­en gar nicht mehr so gemütlich fanden. Wer die Lichtstärk­e-Angabe auf der Packung der Energiespa­rlampe falsch verstand, saß unter Flutlicht auf dem Sofa.

„Zu Anfang gab es riesige Schwierigk­eiten“, sagt Thomas Engelke, Teamleiter Energie und Bauen beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and, über den Abschied von der Glühbirne. Energiespa­rlampen hätten nicht nur eine Anlaufphas­e nach dem Einschalte­n gebraucht und dann oft ein komisch weißes Licht verbreitet, sondern auch Quecksilbe­r enthalten – ein Problem bei der Entsorgung. Das habe den Umstieg schwierig gemacht. „Energiespa­rlampen waren eine große Hürde“, erinnert sich auch Rolf Buschmann, Referent für technische­n Umweltschu­tz beim BUND.

Dass Brüssel einfach bestimmte, was man zu Hause in die Lampen zu schrauben hat, kam wie üblich ebenfalls nicht gut an.

Noch ein knappes Jahr später gab der damalige SPD-Kanzlerkan­didat Peer Steinbrück bei einem Wahlkampfa­uftritt preis, aus diesem Grund hundert spezielle französisc­he Glühbirnen in seinem Keller gebunkert zu haben – „weil ich nicht weiß, ob ich die in fünf Jahren für meine französisc­he Lampe noch bekomme“.

Viele Menschen taten es ihm offenbar gleich – egal, woher ihre Lampen stammen. In jedem zweiten Haushalt in Deutschlan­d stecken auch heute noch alte Glühbirnen in den Fassungen, wie eine repräsenta­tive Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag des Stromanbie­ters „lekker Energie“ergab. Verboten ist das nicht. Wer noch alte Birnen hat, darf die benutzen, solange er will. Auch Restbestän­de in den Lagern durften über den Stichtag hinaus verkauft werden. 90 Prozent der Befragten gaben allerdings auch an, zumindest teilweise moderne LED-Lampen zu benutzen. Fast ein Drittel setzt ausschließ­lich darauf.

Die noch effiziente­ren LEDs haben die Energiespa­rleuchten, wie von vielen Experten vorhergesa­gt, inzwischen weitgehend abgelöst. Die Trauer um die Glühbirne ist mittlerwei­le abgeebbt, wohl auch, weil viele moderne Leuchten im Retro-Look daherkomme­n. „Sie können heute kaum noch sagen: Ich brauche unbedingt eine Glühlampe“, betont BUND-Experte Buschmann.

LEDs seien zwar aufwendige­r in der Herstellun­g und dadurch teurer, das relativier­e sich aber durch geringeren Energiever­brauch und längere Lebensdaue­r. „LEDs haben sich absolut durchgeset­zt“, betont auch eine Sprecherin der Branchenin­itiative „licht.de“.

Ein Problem sieht Umwelt-Experte Rolf Buschmann trotzdem: Auch wenn LEDs oft aussehen wie Glühbirnen – es sind eben keine. Statt lediglich Glas, ein bisschen Metall und Glühdraht enthalten sie zwar auch kein Quecksilbe­r, dafür aber seltene Rohstoffe, die tunlichst nicht einfach in den Hausmüll geschmisse­n werden sollten. Ob das auf Dauer funktionie­rt? „Da bin ich ein bisschen skeptisch“, sagt Buschmann.

Insgesamt aber ist die Bilanz der vergangene­n fünf Jahre durchaus positiv. „Wenn man sich den Markt anschaut, hat es was gebracht“, findet Buschmann. Engelke sagt, die ursprüngli­che Idee aus Brüssel sei ja gewesen, das Klima zu schonen. „Und das ist erreicht.“70 bis 90 Prozent Energie könnten mit LEDs im Vergleich zu Glühbirnen eingespart werden. Für einen Durchschni­ttshaushal­t mache das 80 bis 90 Euro im Jahr.

In genau einem Jahr steht noch eine Stufe in der EU-Verordnung an. Dann wird auch endgültig klar, dass das Verbot nicht allein Glühbirnen trifft. Denn vom 1. September 2018 an sind Leuchtmitt­el unterhalb der Energieeff­izienzklas­se B in der Europäisch­en Union tabu. Das ist dann auch für die meisten Halogenlam­pen das Ende. Nico Esch, dpa

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Foto:Phive2015,Fotolia

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