Landsberger Tagblatt

Wenn Heuchler vor die Kamera treten

- VON WOLFGANG LANGNER wla@augsburger allgemeine.de

Das Leben sorgt für viele heitere Momente. Manchmal ist es derart lustig, dass man beim Frühstück vor lauter Lachen die Kaffeetass­e über den Esstisch kippt. Diesmal war es der alte Spaßmacher Uli Hoeneß, der einem die Lachfältch­en ins Gesicht zauberte. „Irgendwann wird auch der Zuschauer sagen: Ich muss mein Geld zusammenha­lten, dass ich mir ein Ticket leisten kann, und da wird mit dem Geld um sich geschmisse­n, als wenn eine Million nichts mehr wäre. Das halte ich doch für sehr bedenklich“, sagte Hoeneß. Dass sich der Präsident des FC Bayern derart selber auf die Schippe nehmen kann, nein wirklich, das hätte man ihm nicht zugetraut. „Diesen Transfer-Wahnsinn macht der FC Bayern nicht mit“, schob er noch hinterher. Tätä, Tätä, Tätä!

Ach, Sie meinen, das war gar kein Witz? Wie hat er das dann gemeint? Hoeneß wollte eigentlich nur mitteilen, dass Spieler, die jetzt oder in den vergangene­n Jahren zu seinem Klub wechselten, wie Corentin Tolisso (41,5 Millionen), Javi Martínez (40 Millionen) oder Mario Götze (37 Millionen), noch lange nicht das Wort „Transfer-Wahnsinn“verdienen. Hoeneß hat vermutlich die Summen im dreistelli­gen Bereich gemeint. Wie beim Wechsel des Brasiliane­rs Neymar (für 222 Millionen Euro zu Paris St. Germain) oder jetzt Ousmane Dembélé, der für knapp 150 Millionen Euro zum FC Barcelona wechselt.

Dabei muss man sich doch ernsthaft die Frage stellen, wo fängt der Wahnsinn an und wo hört er auf? Wenn heutzutage ein fast unbekannte­r Kicker, wie Maximilian Philipp vom SC Freiburg für 20 Millionen Euro (künftig bei Borussia Dortmund) den Verein wechselt, dann klingen 222 Millionen für Neymar doch gar nicht mehr nach so viel, oder?

Im Prinzip verursache­n diese Mega-Transfers nur eines: Die ganzen Heuchler im Fußball-Geschäft drängen sich vor die Kameras und erzählen uns jetzt wie unmoralisc­h es ist, solche Summen für einen Spieler auszugeben. Dabei ist es doch für uns Normalbürg­er völlig unerheblic­h, ob es zehn, 20, 40 oder 200 Millionen sind. Jeder dieser Beträge ist nahezu unvorstell­bar, wenn man nicht gerade aus reichem Hause kommt oder Monopoly spielt.

Die meisten Klubs, auch in Deutschlan­d, haben schon lange ihren Anstand und ihre Moral verloren. Als 1976 der erste MillionenT­ransfer über die Bühne ging und der Belgier Roger Van Gool zum 1. FC Köln wechselte, war das der Startschus­s zum Wahnsinn. Auch in Deutschlan­d wird sich das Rad weiter drehen und wer glaubt, dass innerhalb der Bundesliga ein Transfer im dreistelli­gen Bereich nicht möglich ist, soll weiter träumen.

Am allerwenig­sten wird das dann aber Uli Hoeneß verhindern.

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