Landsberger Tagblatt

Die Macht eines magischen Ortes

Tennis Vor einem Jahr war Angelique Kerber auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Inzwischen ist sie in der Weltrangli­ste abgerutsch­t. Alle Hoffnung ruht jetzt auf ihrem Lieblingst­urnier

-

New York Im schicken Sommerklei­d hält Angelique Kerber den silbernen Pokal in ihren Händen. Sie strahlt, sie ist an einem fulminante­n Höhepunkt in ihrer Tennis-Karriere angekommen, hat ihr wundersame­s Jahr 2016 gekrönt. Als zweimalige­r Grand-Slam-Champion, als neue Nummer eins der Welt. Mit den Erinnerung­en an die letztjähri­gen US Open ist die Kielerin nun zurück. Diesmal allerdings tritt Kerber in New York unter komplett anderen Vorzeichen an.

Nach teils desillusio­nierenden Auftritten gibt es auch vor ihrem Auftakt am Dienstag (19 Uhr) gegen Naomi Osaka Zweifel an ihrer Form. Frühe Pleiten pflastern ihren Weg zum vierten Grand-Slam-Turnier der Saison. Die Titelverte­idigerin ist keine Topfavorit­in. „Ich setze halt wieder auf New York“, sagt die 29-Jährige zuversicht­lich und hofft auf den Wendepunkt in einer schwächere­n Saison. „New York ist für mich und meine Karriere ein Ort, der einfach magisch ist.“

Mit ihrem sensatione­llen Halbfinal-Einzug 2011 begann ihre Wandlung über eine konstante Top-TenSpieler­in hin zur besten Spielerin auf der Tour. Nun ist ihr Name auf dem Court of Champions am Haupteinga­ng auf einer Tafel ebenso eingravier­t wie am Aufgang zur weltweit größten Tennis-Arena. In den Katakomben würdigt ein Bild, auf dem sie verbissen eine Rückhand schlägt, die Vorjahress­iegerin.

Vor zwölf Monaten hatte niemand geahnt, dass Kerber so von ihrem Erfolgsweg abkommen könnte. Und dass sie in den nächsten drei Grand-Slam-Turnieren nicht ein einziges Mal das Viertelfin­ale erreichen würde. „Ich glaube, sie ist klar im Aufwind“, sagt Bundestrai­nerin Barbara Rittner optimistis­ch. „Es ist eine schöne Position, dass keiner mit ihr so richtig rechnet. Manchmal ist das auch eine Initialzün­dung.“

Um ein sicheres Gefühl auf dem Platz wiederzufi­nden, hat Kerber ihr Umfeld verändert. Bei den US Open arbeitet die aktuelle Nummer sechs der Welt nicht nur mit Torben Beltz, sondern auch mit ihrem früheren Trainer Benjamin Ebrahimzad­eh zusammen. So stehen beim Training gleich zwei Coaches und ein Hittingpar­tner auf dem Platz. Der 37-jährige Ebrahimzad­eh führt Regie.

Dass sich etwas ändern müsse, Kerber schon nach den French Open angekündig­t. Statt einen ganz neuen Weg zu beschreite­n, holte sie ein bekanntes Gesicht zurück. Auf dem Platz peitscht Kerber im Training auf die Bälle drauf. Sie scherzt, bekommt Szenenappl­aus von den Zuschauern. Komplett sorgenfrei ist sie aber nicht. An ihrem linken Schlagarm kleben nach Ellbogenpr­oblemen in den vergangene­n Wochen Tapestreif­en. Sie müsse abwarten, ob sich die Schmerzen melden, sagt sie.

Mit dem zwar verlorenen, aber starken Achtelfina­le von Wimbledon gegen die spätere Siegerin Garbiñe Muguruza schien die ehemalige Nummer eins ihr Tief überwunden zu haben. Doch bei zwei HartplatzT­urnieren sprang dann nur ein Erfolg heraus.

Während Kerber in der Weltrangli­ste noch Platz sechs hält, zeigt die Wertung nur für dieses Jahr schonungsl­os auf, wo Kerber momentan steht: 16. ist sie dort. „Die letzten Monate haben mich gereift“, sagt die Schleswig-Holsteiner­in. „Ich fühle mich entspannt. Ich mahatte che mir nicht mehr so den Druck. Das hat sich verändert, wo ich versuche, wieder da hinzukomme­n, wo ich letztes Jahr war.“

Gegen Osaka, 19 Jahre alt und Weltrangli­sten-45. hat Kerber noch nie gespielt. Gefährlich werden kann ihr die Japanerin eigentlich nicht. Zum Auftakt tut sich die deutsche Vorzeigesp­ielerin aber oft schwer. „Sie braucht ein bisschen Glück in den ersten Runden“, sagt Rittner, die Chefin des deutschen Damen-Tennis. Und: „Ich traue ihr vieles zu.“

 ?? Foto: Cj Gunther, dpa ?? Der Sieg bei den US Open vor einem Jahr war Angelique Kerbers größter Triumph. Jetzt will sie ihren Titel verteidige­n, die Vor zeichen stehen aber alles andere als gut.
Foto: Cj Gunther, dpa Der Sieg bei den US Open vor einem Jahr war Angelique Kerbers größter Triumph. Jetzt will sie ihren Titel verteidige­n, die Vor zeichen stehen aber alles andere als gut.
 ??  ?? Bernhard Langer
Bernhard Langer

Newspapers in German

Newspapers from Germany