Wie Musik Grenzen überwindet
Ammerseerenade Bei der festlichen Eröffnung in St. Ottilien wurden am Ende auch die Konzertbesucher eingebunden
St. Ottilien „Musik hat die Kraft, Grenzen zu überwinden und Menschen zu verbinden.“Wie gut passt dieser häufig angewendete Spruch doch auf den letzten Programmpunkt des Konzerts in der Klosterkirche Sankt Ottilien, mit dem das Klassikfestival Ammerseerenade seine festliche Eröffnung erfuhr.
Das aus Dresden angereiste Männerquartett „echo“sang a cappella die finnische Nationalhymne. Die Hymne des Landes, das heuer 100 Jahre Unabhängigkeit vom damaligen russischen Großreich feiern kann und Schwerpunkt im Programm der diesjährigen Ammerseerenade ist, wurde vom deutschen Musiker Fredric Pacius komponiert, der schwedische Originaltext stammt von Johan Ludvig Runeberg. Dieselbe Melodie dient auch in Estland als Nationalhymne.
Als dann abschließend auch die Konzertbesucher mit eingebunden wurden und alle gemeinsam sich am bekannten Kanon „Dona nobis pacem“versuchten, war die Stimmung in der ansprechend farbig ausgeleuchteten Kirche endgültig allumfassend. Begonnen hatte das von Maximilian Maier (BR Klassik) moderierte Konzert – nach Begrüßungen durch Pater Timotheus Bosch, Prior der Erzabtei, sowie Dr. Thomas Goppel – mit dem Händel-Halleluja. Dabei stellten sich die beiden Ensembles des Abends gemeinsam vor. Die Russische Kammerphilharmonie Sankt Petersburg (Leitung Juri Gilbo) gastiert bereits zum zweiten Mal beim Festival. Für „echo“, das Männerchorensemble, dessen vier junge Sänger ehemalige Mitglieder des Dresdner Kreuzchores sind, war der Auftritt in unserem Landkreis eine Premiere.
Die Begleitung des Quartetts durch die Kammerphilharmonie geriet bei diesem ersten Programmpunkt etwas zu kräftig, die hervorragenden Stimmen gingen etwas unter. Auch fehlte die gewohnte Stimmgewalt dieses Chors aus dem Oratorium „Der Messias“. Ein echter Schmachtfetzen war das folgende, viel gesungene und häufig gehörte „Caro mio ben“, bei dem Sänger und Instrumentalbegleitung zu hervorragender Einheit verschmolzen. Gefühlvoll schmachtend, gar seufzend interpretierte die Kammerphilharmonie zwei kurze Stücke von Pjotr Tschaikowsky und Jean Sibelius. Ein Teppich aus nordischheiterer Melancholie und wohligschauriger Tristesse wurde ausgebreitet. Mit Joseph Haydns Symphonie Nr. 82 rollten die Musiker diesen Teppich schnell weg und brachten mit Harmoniemusik Wiener Lebensart in die Klosterkirche. Das Orchester spielte zuverlässig, abgeklärt, dynamisch – einfach perfekt aufeinander eingespielt.
Höhepunkt des Konzerts war der Auftritt von Milena Wilke, einer jungen, erst 21-jährigen Geigerin, die bereits etliche Preise einheimste und reiche Konzerterfahrung aufweisen kann. Nach dem Violinkonzert Nr. 5 von Wolfgang Amadeus Mozart, das Milena Wilke gemeinsam mit dem Orchester aufführte, tobte das Publikum im sehr gut besetzten Gotteshaus. Sie glänzte vor allem bei sanften, langsamen Passagen, die sie mit hinreißend gleichmäßigem Strich präsentierte.
Wunderbares Flageolett litt ein wenig unter der Überakustik des Konzertraums. Gleichwohl spielte die Musikerin ihre Violine auch höchst virtuos, überzeugte die ohnehin restlos begeisterten Zuhörer davon bei der Zugabe.