Landsberger Tagblatt

Flüchtling­e holen immer mehr Verwandte nach

Asylpoliti­k Mehrheit der Deutschen sieht den Familienna­chzug kritisch. Innenminis­ter reagiert

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Die Zahl der Angehörige­n von Flüchtling­en, die im Rahmen des Familienna­chzugs nach Deutschlan­d kommen, steigt immer weiter – und sorgt im Bundestags­wahlkampf für heftige Diskussion­en. Innenminis­ter Thomas de Maizière (CDU) hat sich nun der CSUForderu­ng angeschlos­sen, Flüchtling­e mit eingeschrä­nktem Schutzstat­us auch über das Frühjahr 2018 hinaus vom Familienna­chzug auszunehme­n.

Wie das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e auf Anfrage unserer Zeitung mitteilt, wurden im ersten Halbjahr 2017 knapp 62000 Visa zur Familienzu­sammenführ­ung erteilt, rund 25500 davon an syrische Staatsange­hörige. Für das Gesamtjahr rechnet das Auswärtige Amt mit rund 125 000 Visa für Angehörige anerkannte­r Flüchtling­e. Die Zahl war bereits im vergangene­n Jahr massiv auf 104 000 gestiegen.

Nachzugsbe­rechtigt sind in der Regel Ehepartner und die minderjähr­igen ledigen Kinder. Wie viele Visa-Anträge den Botschafte­n und Konsulaten in aller Welt vorliegen, dazu machte die Behörde keine Angaben. Bekannt ist nur, dass die Bearbeitun­g der Anträge schleppend vorangeht.

Im kommenden Jahr könnte die Zahl der Familienna­chzüge noch einmal kräftig steigen. Denn ab März 2018 werden auch die sogenannte­n subsidiär Schutzbere­chtigten für ihre Kernfamili­en Anträge auf Familienna­chzug stellen können. Wie viele dies sein werden, hängt zum Beispiel davon ab, inwieweit diese Schutzbere­chtigten bereits mit der Familie hier sind, wie die Lebenssitu­ation der Angehörige­n in den Herkunftsl­ändern und die Rückkehrpe­rspektive der hier Schutzbere­chtigten ist.

Anders als zu Beginn der Flüchtling­skrise 2015 gewährt das Bamf vielen Syrern nicht mehr den vollen Flüchtling­sschutz, sondern nur noch den eingeschrä­nkten, „subsidiäre­n“Schutz. Dabei wird etwa nur eine Aufenthalt­sberechtig­ung von einem statt drei Jahren erteilt. Im Frühjahr 2016 wurde zudem das Recht auf Familienna­chzug für zwei Jahre ausgesetzt. Im kommenden März läuft diese Befristung aus. In ihrem „Bayernplan“zur Bundestags­wahl fordert die CSU, subsidiär Schutzbere­chtigte auch darüber hinaus vom Familienna­chzug auszunehme­n. Im Gespräch mit der Heilbronne­r Stimme hat sich Bundesinne­nminister Thomas de Maizière nun ebenfalls dafür ausgesproc­hen: „Ich wäre dafür.“Medienberi­chte, wonach bis 2018 alleine 390000 Syrer berechtigt wären, ihre Familien nachzuhole­n, bestätigte der CDUPolitik­er nicht. Doch die Zahlen seien gewaltig, sagte er: „Wir schätzen auf jeden Flüchtling einen, der über Familienna­chzug kommen wird.“Bei Linken, Grünen und der Organisati­on Pro Asyl stieß der Bundesinne­nminister mit seiner Äußerung auf massive Kritik.

Dass die Mehrheit der Deutschen den Familienna­chzug kritisch sieht, geht aus einer aktuellen Insa-Umfrage hervor. 58,3 Prozent der Befragten lehnen das gesetzlich garantiert­e Recht von anerkannte­n Flüchtling­en ab, ihre Kernfamili­en nachzuhole­n.

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