Landwirte sorgen sich um die Böden
Flächenverbrauch Der Kreisobmann des Bauernverbands, Johann Drexl, fordert ein grundlegendes Umdenken im Umgang mit der Ressource Land. Bei der Standort-Entscheidung fürs Landratsamt wollte er ein Zeichen setzen
Landsberg Dass der Bayerische Bauernverband und die Grünen auf einer Linie sind, kommt nicht oft vor. Doch seit einiger Zeit gibt es ein Thema, bei dem beide ähnlich ticken: der Flächenverbrauch. Die Grünen denken über ein Volksbegehren nach, um die Umwandlung von Landschaft in Siedlungs- und Verkehrsflächen zu bremsen. Und jetzt tritt auch der Kreisobmann des Bauernverbands, Johann Drexl aus Kaufering, an die Öffentlichkeit. Er fordert ein grundlegendes Umdenken im Umgang mit dem Boden.
Ein Zeichen setzte Drexl jüngst bei der Standort-Entscheidung in Sachen Landratsamt: Als einziger CSU-Kreisrat scherte er aus der Linie seiner Fraktion für das Penzinger Feld aus. Seine Begründung: An dieser Stelle solle wieder einmal wertvollstes Ackerland zubetoniert werden, obwohl es durchaus andere mögliche Bauplätze gebe, etwa auf der innerstädtischen Fläche am Schlüsselanger. Ein gedanklicher Mitstreiter Drexls ist dabei sein Berufsund Gemeinderatskollege Wilfried Lechler aus Stoffen.
Die Ressource Boden betrachten die beiden Bauern – der eine wirtschaftet ökologisch, der andere konventionell – vor allem aus ihrer beruflichen Perspektive. Ihnen ist zwar klar, dass die Sicherung der Ernährung in Bayern aktuell nicht an der Größe der hiesigen Ackerund Wiesenflächen hängt, dafür seien die Märkte global viel zu sehr vernetzt. Allerdings wachse der Anspruch der Menschen nach regional und womöglich auch ökologisch produzierten Lebensmitteln – und man wisse auch nie, ob Krisen nicht einmal die momentane Sicherheit infrage stellen, meinen die beiden.
Boden ist im Landkreis Landsberg nicht gleich Boden, sondern ein höchst unterschiedliches Gut, weiß Drexl aus seiner landwirtschaftlichen Praxis in Kaufering. Die Landsberger Platte, die sich zwischen Lech und Paar bis südlich nach Landsberg erstreckt, gehört zu den fruchtbarsten Landstrichen in Bayern. Das liegt zum einen am Lösslehm-Boden: Dieser kann Wasser gut halten und damit die Versorgung der Pflanzen mit Feuchtigkeit und Nährstoffen auch in Trockenzeiten aufrechterhalten. Dazu kommt ein günstiges Klima: Gute Böden gibt es zwar etwa auch in Ostdeutschland, dort fehlt es aber oft an Regen, rund um Landsberg fällt dieser hingegen reichlich.
Auf den Terrassen westlich des Lechs sieht es ganz anders aus. Der eher sandige Boden ist mit grobem Kies gemischt. Wasser versickert rasch und wenn es länger nicht regnet, kommt es schnell zu Trockenschäden und schwachen Ernten – ein Problem, das auch heuer wieder auftrat, sagt Drexl: „Auf der Landsberger Platte können auf einem Hektar je nach Jahr 80 bis 90 Doppelzentner Winterweizen geerntet werden, auf den kiesigen Böden waren es heuer zum Teil nur 30 bis 40 Doppelzentner, in besseren Jahren 60 bis 70 Doppelzentner.“
Doch es geht Drexl nicht nur um die Bedeutung des Bodens für die Landwirtschaft: „Wiesen und Äcker sind auch Lebensgrundlage für Pflanzen, Insekten und Wildtiere“, sagt er, und je mehr davon zugebaut werde, desto größer wird das Hochwasserproblem. Und Lechler ergänzt: Je stärker die Agrarflächen schrumpfen, desto intensiver werden sie auf Kosten der Natur bewirtschaftet.
Die beiden Landwirte und Kommunalpolitiker fordern ein Umdenken von den Entscheidungsträgern: „Draußen ein Baugebiet nach dem anderen auszuweisen und drinnen im Dorf stehen x Häuser leer oder es gibt Innerorts-Bebauungspläne, die nur zwei Wohneinheiten auf 1000 Quadratmetern erlauben“, wie es Lechler formuliert, das könne es eigentlich nicht mehr geben.
Die beiden wissen aber auch, warum die Wirklichkeit oft anders aussieht: Junge Leute wollten lieber ins Neubaugebiet, als das Elternhaus im Dorf vergrößern oder daneben im Garten bauen. Und sie wissen, warum manche Gemeinden auf Wachstum an Einwohnern und Gewerbe setzen: beispielsweise um Einnahmen für die wachsenden infrastrukturellen Erfordernisse (zum Beispiel Kinderbetreuung) zu erzielen. Wohin diese Ansprüche aber führen, machen Drexl und Lechler so anschaulich: „Jeden Tag werden in Bayern 13 Hektar zugebaut, das ist jede Woche die Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebs mit 70 oder 80 Hektar, in einem Monat ist eine Flur wie Stoffen mit 423 Hektar weg und in einem Jahr so viel wie der Ammersee.“
Wenn ein neues Wohn- oder Gewerbegebiet oder ein weiterer Supermarkt am Ortsrand als nötig erachtet werde, dann, so der Appell Drexls und Lechlers, sollte wenigstens überlegt werden, wo dies im Hinblick auf die Ressource Boden am ehesten verträglich sei. In Landsberg und Kaufering sollte zum Beispiel einer Entwicklung auf den ertragsarmen Böden im Westen der Vorzug gegeben werden, anstatt die fruchtbare Landsberger Platte zu bebauen.