Der Traktor-König
Martin Richenhagen führt den Landmaschinenkonzern AGCO, zu dem auch Fendt gehört. Was ihn von anderen Managern unterscheidet – und wie er zu Trump steht
Martin Richenhagen hofiert nicht gern. Auch keinem Donald Trump. Während der Chef des Landmaschinenkonzerns AGCO vor der US-Wahl noch dazu aufrief, den Dingen gelassen entgegenzusehen, wettert er danach in einem Interview: „Trump kommt tatsächlich mit denselben flachen, standardisierten Theorien daher, die man aus dem Wahlkampf kennt. Ganz doof kann er nicht sein, aber ich glaube, viel Tiefgang hat er auch nicht.“Ihn erstaune, dass die Mehrheit der Topmanager versuche, ihm alles recht zu machen.
Richenhagen – 65, Halbglatze, Wohlstandsbauch – ist geradeheraus. Nicht nur das unterscheidet ihn von anderen Wirtschaftsbossen. Er ist auch der einzige Deutsche, der eines der 500 umsatzstärksten Unternehmen leitet. Seit seinem Amtsantritt 2004 hat er den Börsenwert des AGCO-Konzerns, zu dem auch der Marktoberdorfer Traktorenhersteller Fendt gehört, auf rund 5,3 Milliarden Dollar verdreifacht.
Die Freizeit verbringt der gebürtige Kölner mit Dressurreiten. Er ist Preisrichter, sponsort auch Turniere im Allgäu. Diese Passion beeinflusste seine Karriere immer wieder: Mit Mitte 20 wäre er beinahe beruflich in den Pferdesport eingestiegen, hätte der Vater, ein Theologe, nicht auf eine Ausbildung beharrt.
Allerdings startete Richenhagen nicht wie viele seiner amerikanischen Kollegen mit einem HarvardDiplom, sondern mit einem Religionsbuch in der Hand ins Berufsleben: als Lehrer an einem Gymnasium in der Rheinländer Provinz. Sein Reitkollege Jürgen Thumann, später Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, war es auch, der ihm zum Wechsel in die freie Wirtschaft riet. Richenhagen arbeitete daraufhin bei einem Stahlunternehmen, studierte Betriebswirtschaft, erreichte die Chefetagen verschiedener Firmen, die etwa Aufzüge und Bodenbeläge herstellen. Mit Traktoren kam er beim Landmaschinenfabrikanten Claas in Kontakt – und gleichzeitig mit AGCO-Gründer Robert Ratliff. Dieser setzte den Macher schließlich auf seine Liste potenzieller Vorstandschefs. Richenhagen punktete gegenüber den anderen Kandidaten, wohl auch, weil AGCO in Europa einen Großteil des Umsatzes macht. Zudem kann er gut mit Geschäftspartnern, spricht vier Sprachen, ist gesellig und weiß, was er erreichen will.
Daran, die Rente mit Ehefrau Brigitte in seinem Bauernhaus bei Atlanta zu genießen, seine drei erwachsenen Kinder zu besuchen, öfter zu jagen oder seine Sammlung alter Traktoren zu pflegen, denkt er noch nicht. Er hat seinen Vertrag bis 2020 verlängert. Die Ziele: den Marktanteil in den USA verdoppeln. Das Ernten, Mähen, Säen digitalisieren. Afrika Selbsthilfe durch Landwirtschaft beibringen, etwa auf einer Musterfarm. Einen Nachfolger finden. Vielleicht auch ein bisschen in Richtung Politik poltern. Das hat er auch schon unter Obama getan – und wurde dessen Wirtschaftsberater. Sabrina Schatz