Auf den Jägerständen herrscht Hochbetrieb
Natur und Umwelt In Bayern gibt es so viele Jäger wie nie zuvor. Dieser Trend macht sich auch im Landkreis Landsberg bemerkbar. Die Ausbildung ist aufwendig und die Anzahl der Reviere begrenzt
Landkreis Man sieht sie in den frühen Morgenstunden, aber meistens abends. Dann parken sie ihre Autos an Waldwegen oder Wiesenrändern und gehen auf die Pirsch. Noch nie hat es in Bayern und auch im Landkreis Landsberg so viele Jäger gegeben wie aktuell. Allein 2016 haben im Freistaat mehr als 2000 Teilnehmer die Jägerprüfung erfolgreich abgeschlossen – Rekordwert mit Folgen. „Wir haben eine große Nachfrage nach Jagdgelegenheiten“, sagt Mick Kratzeisen. Der Zweite Vorsitzende des Jagdschutzund Jägervereins Landsberg berichtet von vielen Jungjägern im Landkreis, die nach Möglichkeiten suchen, ihr Hobby ausüben zu können.
Woran liegt es, dass immer mehr Männer und auch Frauen ansitzen und auf Jagd nach Rehen, Hasen und Wildschweinen gehen? „Das liegt am vermehrten Naturbewusstsein der Bevölkerung“, sagt Dr. Dieter Hiller. Der promovierte Bodenkundler aus Hofstetten betreibt die Jägerschule Landsberg. „Wenn man auf dem Hochsitz sitzt, fährt man runter. Man hört das Singen der Vögel und kann zu sich kommen. Man konzentriert sich dann natürlich auch“, gibt er Einblick in die Seele eines Waidmannes. Zudem hätten wohl auch die Lebensmittelskandale der vergangenen Jahre dazu geführt, dass sich immer mehr Menschen ihr (Wild)Fleisch selbst jagen wollen.
Die Jägerschulen im Freistaat haben gut besuchte Kurse. Für die vier Prüfungstermine 2016 hatten sich fast 2500 Personen angemeldet, wie es aus dem Bayerischen Forstministerium heißt. „Das anhaltend große Interesse an der Jagd ist sehr erfreulich. Denn um die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben auch künftig erfüllen zu können, brauchen wir engagierten Jägernachwuchs“, so Forstminister Helmut Brunner. Auch immer mehr Frauen legen an. Waren es vor 30 Jahren gerade einmal acht Prozent Frauen, die an der Jägerprüfung teilgenommen haben, so hat sich ihr Anteil mittlerweile verdoppelt. Der Jägerboom herrscht auch im Landkreis Landsberg. 2014 hatten laut Landratsamt 549 Personen einen Jagdschein – aktuell sind es bereits 653.
Über diesen Zulauf kann Mick Kratzeisen vom Jagdschutz- und Jä- gerverein Landsberg nur mutmaßen. „Die Methode der Ausbildung hat sich stark verändert. Früher hat sie ein Jahr gedauert. Das war dann irgendwann nicht mehr zeitgemäß. Aber leider ist das Niveau der Ausbildung gesunken“, so Kratzeisen, der damit nicht mit Forstminister Brunner konform geht. Der Minister lobt die vor zehn Jahren vonstattengegangene Ausbildungsreform. „Die Reform hat es ganz offensichtlich geschafft, die Jägerprüfung durch zusätzliche Termine und Standorte nachhaltig attraktiver zu machen“, so Brunner. Mick Kratzeisen stellt sich gegen ein gewisses Lifestyle-Gefühl nach dem Motto „Mein Haus, mein Auto, mein Boot, meine Jagd“, das sich wohl einige Jagdschein-Absolventen erhoffen. „Jagd geht nicht nach Lust und Laune. Ich muss mich an der Natur orientieren und nicht nach einem Zeitplan, den ich habe.“
Der Jäger richtet sich nach der Natur – nicht umgekehrt
Auch wenn es vielerorts Intensivkurse bei der Jägerausbildung gibt, ist der Weg zur erfolgreichen Prüfung steinig. Davor stehen 120 Stunden Ausbildung in Theorie und Praxis an Abenden und Wochenenden. Sechs Fächer werden abgedeckt – von Waffenkunde über Jagdrecht bis hin zu Naturschutz und Jagdhundewesen. Bei der schriftlichen Prüfung kommen dann aus einem Pool von 1200 Fragen 100 dran. 76 davon müssen laut Ausbilder Dr. Dieter Hiller korrekt beantwortet werden. Danach geht es ins Mündliche.
Aber damit ist die Jägerausbildung nicht vorbei. Denn auch in Sachen „jagdliches Schießen“müssen die Prüflinge fit sein. „60 Stunden müssen nachgewiesen werden“, so Hiller, „und das hat nichts mit Luftgewehrschießen zu tun.“Die Prüflinge müssen bewegte Ziele treffen, zum Beispiel einen Keiler aus Pappe oder Tontauben. Drei von fünf Versuchen müssen sitzen. „Man muss beweisen, dass man schießen kann. Zum Beispiel aus 100 Metern Entfernung ein Ziel treffen, das kleiner als ein Suppenteller ist“, erklärt der Leiter der Jägerschule. Und dann steht einer erfolgreichen Prüfung so gut wie nichts mehr im Wege. Wer sie besteht, darf sich eine Langwaffe zur Jagd besorgen.