Landsberger Leute, fotografiert von einem Engländer
Porträt Der Ellinor-Holland-Kunstpreisträger Peter Wilson plant eine besondere Ausstellung schon vor der Kunstnacht
Landsberg Nicht nur bei Nachtführungen sind Taschenlampen hilfreiche Begleiter. Auch Peter Wilsons „Landsberger Leute“lassen sich mit den kleinen Funzeln in der Kunstnacht draußen leichter aufspüren.
Er steckt voller Tatendrang. Was für Peter Wilson vor einigen Jahren als kleines Projekt begann, hat sich mittlerweile – das kann man durchaus sagen – zu einer Lebensaufgabe entwickelt. Seine inzwischen auf über 70 Porträts angewachsene Fotoserie „Landsberger Leute“wird der gebürtige Engländer „fortsetzen, solange Menschen in diesen Dialog mit mir eintreten“. Und die Liste der Bewerber wächst weitaus schneller, als Wilson sie abarbeiten kann. Mehr als zwei Porträts in einem Monat schafft der hauptberuflich als Grafikdesigner tätige „Landsberger Stadtschreiber“nur selten. Denn für ein gutes Ergebnis müssten beide, der vor und der hinter der Kamera, eine gewisse Zeit gemeinsam auf einem Weg sein. Das könne nur wenige Tage dauern, habe sich einmal aber auch schon über ein halbes Jahr hingezogen.
„Es ist ein Deal“, sagt Wilson, „so oder so, eine tiefe Beziehung, egal ob man sie mit jemandem nur für ein paar Stunden oder ein ganzes Leben eingeht“. Dabei habe er seinem Modell bestenfalls das fotografische Fachwissen voraus. Ansonsten sei es für ihn jedes Mal aufs Neue ein großes Lernen. Niemand wisse schließlich besser über jemanden Bescheid als derjenige selbst. „Ohne Vertrauen führt aber kein Weg zueinander“, weist Wilson darauf hin, dass der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis der Dialog auf Augenhöhe sei. Das Foto selbst steht am
Ende dieses
Austauschs und bringt idealerweise das „So-sehe-ich-dich“des Fotografen mit dem „So-bin-ich“des Fotografierten in Einklang. Ein Schwelgen in Harmonie bedeutet das aber nicht. Im Gegenteil: Nichts ärgert Wilson mehr als ein langweiliges Bild. „Brüche als Teil jeder Biografie können gar nicht anders als auch Teil meiner Porträts sein“sagt er. Das Foto der gebürtigen Nigerianerin Elizabeth Nwokoma in ihrem Dirndl, sein „Lizzy-Bild“, mit dem er im vergangenen Jahr den Ellinor Holland Kunstpreis gewann, belegt dies beispielhaft. Viele weitere, mit alten wie jungen, überhaupt Personen aus jedem Lebensbereich, reihen sich hinzu. Für seine Arbeit trennt Wilson ganz klar: „Das ist zwar mein Projekt, aber was dabei entsteht, sind nicht nur meine Fotos.“Und wendet sich mit dieser demokratischen Haltung nach außen, indem er Menschen mit ihren Nachbarn konfrontiert, und über diese auch mit der Kunst. Nach einer ersten Begegnung der „Landsberger mit sich selbst“in der Stadtbücherei im September 2014 und einer weiteren im Altstadtsaal der VR-Bank im vergangenen Jahr trägt der Fotograf das Projekt zur Kunstnacht mit großformatigen Drucken ausgesuchter Porträts auf weißen LkwPlanen nun in den gesamten Innenstadtbereich.
Gehängt wurden die Bilder in der gestrigen Nacht und überraschen die Landsberger heute mit neuen Stadtansichten. Vom Bayertor über die Alte Bergstraße, verschiedene Stellen rund um den Haupt- und Hellmairplatz bis hin zum PeterDörfler-Weg sowie auf dem Bauzaun vor der Pflugfabrik verteilt er mit Unterstützung der Stadt seine „Landsberger Leute“– versehen jeweils mit dem üblichen kleinen Steckbrief. Hier erfährt man dann ein wenig mehr über die Landsberger Leute.
Den „Tribut der Straße“zollt er dabei ganz entspannt: „Wenn es regnet, werden sie nass und wenn’s dunkel wird, sieht man sie nicht gut“, lacht Peter Wilson. Zumindest bei Letzterem können findige Landsberger ja mit Taschenlampen Abhilfe schaffen.