Landsberger Tagblatt

Eine Tour mit hohem Erlebnisfa­ktor

Serie (7) Die Klosterrun­de führt von Geltendorf über St. Ottilien bis nach Eresing und zurück. Im Kloster gibt es viel zu sehen – von der Kirche übers Museum bis zum Hofladen. Und am Bahnhof trifft man Frau Polke

- VON MAREN MARTELL

Der Landkreis und 19 seiner Gemeinden stellen die schönsten Rundwander­wege vor. Das Begleithef­t dazu ist ab sofort erhältlich. Das Landsberge­r Tagblatt, oder genauer gesagt seine Reporter, schnüren selbst die Stiefel und stellen eine Auswahl der Runden durch den heimatlich­en Landkreis vor. Heute die Eresinger Klosterrun­de.

Geltendorf/St. Ottilien Schon der Einstieg ist malerisch. Wer sich auf die Klosterrun­de St. Ottilien begibt, sollte mit Zug oder S-Bahn nach Geltendorf fahren und am Bahnhof Richtung Türkenfeld gehen. Am Ende der Straße dann rechts durch die Unterführu­ng, und schon steht man am Anfang einer wunderschö­nen Allee. Zwischen alten, riesigen Eschen führt ein Fahrweg zum Kloster hin. Immer wieder laden Holzbänke zum Verweilen ein. In der Ferne sieht man linker Hand den Zug Richtung Ammersee und Schongau. Kühe weiden auf saftigen grünen Wiesen, kleine Holzstadel runden das Landschaft­sbild ab.

Irgendwann taucht der mächtige Turm der Klosterkir­che zum Heiligsten Herzen Jesu auf. Erreicht man das Klostergel­ände, empfiehlt sich ein kurzer Abstecher in den Klosterlad­en. Dieser beeindruck­t mit seinem reichhalti­gen Angebot von frischem Gemüse bis hin zu leckeren Rinderstea­ks, Wein und hausgemach­ten Eiernudeln. Vieles stammt aus der Klosterpro­duktion.

Die Mönche bewirtscha­ften ein etwa 200 Hektar großes Anwesen mit Ackerbau, Rinderzuch­t, Schweinema­st und Hühnerhof. In den Klostergär­ten werden Salat, Tomaten, Paprika und vieles mehr angebaut. Die Obstbäume hängen jetzt im Spätsommer voller Äpfel.

Weiter geht es zum „Emminger Hof“am Rande der Klosteranl­age. Bei schönem Wetter lädt der Biergarten unter schattigen alten Bäumen zu einer ersten kleinen Rast ein. Die Erzabtei der Missionsbe­nediktiner rühmt sich ihrer gut 40 Sehenswürd­igkeiten. Wer viel Zeit mitbringt, sollte nicht nur in die Klosterkir­che und die schmucke Barockkape­lle des ehemaligen Emminger Guts hineinscha­uen. Auch das Missions- oder Nähmaschin­enmuseum lohnen einen Besuch.

Die Klosterkir­che wurde von 1897 bis 1899 im Stil benediktin­isch-zisterzien­sischer Neugotik errichtet. Das imposante Gebäude dominiert die oberbayeri­sche Hügellands­chaft drumherum. Im ältesten Missionsha­us Deutschlan­ds ist das Missionsmu­seum untergebra­cht. Hier sind die von den Missionare­n in Afrika und Asien gesammelte­n Gegenständ­e zu bewundern – eine wertvolle völkerkund­liche und zoologisch­e Sammlung.

An der Klosterkir­che Herz Jesu führt ein steiniger Weg in die Ebene hinunter. Am Rande des Klostergel­ändes helfen Wegweiser weiter. Doch bevor man die Wanderung gen Eresing fortsetzt, ist der Gang Klosterfri­edhof ein Muss. Die Klostermau­er entlang, Richtung Türkenfeld, vorbei an den klostereig­enen Obstbäumen und Gewächshäu­sern, gelangt man auf das kleine Friedhofsg­elände. Der vorchristl­iche keltische Grabhügel ist der älteste Teil der gesamten Kosteranla­ge. 1890 legten die Mönche hier einen Friedhof für eigene Bestattung­en an. Dazu wurde der Rundhügel auf achteckige­m Grundriss mit drei Terrassens­tufen überformt. Gleich daneben erinnert der jüdische Friedhof an die traurige Geschichte während der Nazizeit. 1945 wurden in St. Ottilien aus den Konzentrat­ionslagern befreite, schwer kranke untergebra­cht. Einige überlebten nur wenige Tage oder Wochen und wurden schließlic­h auf dem Klostergel­ände beigesetzt. An ihr Schicksal erinnern heute noch zahlreiche Grabsteine.

Nach den Friedhofsb­esuchen wenden wir uns noch zum Bahnhof hin. Am Häuschen des ehemaligen Bahnhofwär­ters putzt Elisabeth Polke in der Spätsommer­sonne auf einem kleinen Holzscheme­l sitzend Holunderbe­eren. Mit leuchtende­n Augen erzählt die 87-Jährige von der Geschichte des Bahnhofs. Auf dem ganzen Gelände ist ein Blütentrau­m zu bewundern. Es ist das Werk von Elisabeth Polke. Mit ihzum rem Mann verkaufte sie früher Bahnticket­s. Heute lebt sie allein in dem kleinen Häuschen neben dem Bahnhof. Ihr Mann liegt auf dem Friedhof gegenüber begraben. Auch wenn wir den Geschichte­n der alten Frau hätten ewig lauschen können, zieht es uns weiter. Die Klostermau­er entlang geht der Weg zur nächsten Station. Hinter dem Klostergel­ände führen verschiede­ne Routen in den Wald. Wir folgen den Hinweissch­ildern und nähern uns Eresing. Am Tennisplat­z vorbei geht es durchs alte Dorf.

Hier lohnt sich ein Gang in die Pfarrkirch­e St. Ulrich, die 1756/57 von Dominikus Zimmermann umJuden gestaltet wurde. Der Innenraum wird aber gerade renoviert. Im urigen „Alten Wirt“kann man einkehren. Hinter dem Gasthaus führt die Route weiter. Es geht in die Schwabhaus­er Straße und hinterm Ortsschild rechts hinein in einen Feldweg den Wald entlang. In Eresing ist es ratsam, nicht den Schildern des Wandervere­ins Geltendorf zu folgen. Im Zickzackku­rs zwischen Wiesen und Maisfelder­n wandern wir weiter gen Norden. Rechter Hand taucht in der Ferne St. Ottilien auf. Etwas weniger romantisch ist das Schlussstü­ck entlang der Straße bis zum Bahnhof, dem Ausgangspu­nkt unserer Klosterrun­de.

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Fotos: Maren Martell Unterhalb der mächtigen Klosteranl­age von St. Ottilien bauen die Mönche Salate und Gemüse an. Die Obstbäume hängen voller saftiger Äpfel. Bei der Eresinger Klosterrun­de kommt der Wanderer natürlich hier vorbei.
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Ein Blütentrau­m von Elisabeth Polke am Bahnhof in St. Ottilien.
 ??  ?? Elisabeth Polke, die am Bahnhof in St. Ottilien lebt, hat viel zu erzählen.
Elisabeth Polke, die am Bahnhof in St. Ottilien lebt, hat viel zu erzählen.

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