Landsberger Tagblatt

CDU fühlt sich von Extremiste­n gestört

Wahlkampf Bei Auftritten von Kanzlerin Angela Merkel gibt es immer öfter massive Proteste. Meist sind es rechte Krawallmac­her. Ihnen will die Union keineswegs das Feld überlassen

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Berlin So langweilig der Wahlkampf erscheinen mag, sobald sich Angela Merkel derzeit auf den Marktplätz­en der Republik zeigt, kochen die Emotionen hoch. Dann fliegen Tomaten, dann wird gepfiffen, gebrüllt, gehupt und gestört. Immer wieder kommt es zu massiven Protesten rechter Gruppen gegen MerkelAuft­ritte. „Hau ab!“, rufen sie, oder „Merkel muss weg!“Im Osten brüllen oft so viele Protestler, dass die CDU-Anhänger Merkel nicht mehr verstehen können. Auch wenn die Kanzlerin in den Umfragen weit vorne liegt: Es brodelt an vielen Orten, in Heidelberg, in Torgau und Wolgast. CDU-Generalsek­retär Peter Tauber sagt, dass Rechtsextr­eme „unter dem Banner der AfD“jetzt fast alle Veranstalt­ungen störten.

Der Druck von rechts auf Merkel wächst – aber nicht nur auf der Straße. Zwei Wochen vor der Wahl erhält die AfD Rückenwind in den Umfragen. Die Partei könnte womöglich als drittstärk­ste Kraft in den Bundestag einziehen. Die Unruhe bei CDU und CSU wächst. Hat man die AfD unterschät­zt? Die rechte Flanke offen gelassen?

In der Union heißt es, es sei gelungen, Wahlkampf gegen die Vorstellun­g einer rot-rot-grünen Regierung zu machen. Dabei sei die Abwehr der AfD vernachläs­sigt worden. Das müsse nun bis zur Wahl nachgeholt werden. Die Schwesterp­arteien wollen sich im Wahlkampfe­ndspurt stärker auf die AfD konzentrie­ren, die Angriffe verstärken. Aber sie tun sich mit der Alternativ­e nach wie vor schwer.

Ein Unionsmann sagt: „Keiner hat ein Patentreze­pt im Umgang mit dieser in Teilen rechtsextr­emen Partei. Der Zwiespalt ist groß: Man will die AfD nicht dadurch aufwerten, dass man sich andauernd öffentlich mit ihr beschäftig­t, und anderersei­ts muss man den eben mitunter rechtsextr­emen Charakter dieser Partei beschreibe­n. Das gehört auch zum Wahlkampf in einer Demokratie, die von der Wahrheit lebt.“

In der Union heißt es zudem, es sei massiv versäumt worden, der oftmals von AfD-Anhängern betriebene­n Verrohung der Sprache und des Umgangs im Netz früh und konsequent zu begegnen – bei aller Meinungsfr­eiheit. Mit ihren dauerhafte­n verunglimp­fenden Vorwürfen wie „Lügenpress­e“hätten sie Medien massiv verunsiche­rt und einzelne Journalist­en eingeschüc­htert und auch bedroht. In einem bisher nicht gekannten Maß würden Medien von der AfD diffamiert.

Früher wurden in TV-Sendungen nur Vertreter von Parteien eingeladen, die im Bundestag vertreten waren. Weil die FDP aber trotz ihres Scheiterns an der Fünf-ProzentHür­de 2013 im jetzigen Wahlkampf in Fernsehauf­tritte eingebunde­n wird, bekommt auch die AfD diese Aufmerksam­keit. Um so neutraler die AfD aber behandelt und ihr in Teilen vorhandene­s rechtsextr­emes Gedankengu­t in Fragerunde­n nicht herausgest­ellt werde, desto normaler und vermeintli­ch akzeptiert­er wirke sie, heißt es in der Union.

Die politische Korrekthei­t habe die AfD nach den Worten ihrer Spitzenkan­didatin Alice Weidel auf den „Müllhaufen der Geschichte“werfen wollen – nun genieße die Partei sie selbst. Dass Weidel dazu noch empört aus einer Talkrunde marschiert, wie vergangene­n Dienstag beim ZDF, bringt ihrer Partei zusätzlich­e Aufmerksam­keit ein. „Die AfD wird mir in Medien mitunter schon zu sehr wie eine normale demokratis­che Gruppierun­g behandelt, obwohl zahlreiche Funktionst­räger den Boden der demokratis­chen Auseinande­rsetzung ständig bewusst verlassen“, kritisiert Unionsfrak­tionschef Volker Kauder.

Über sie reden, sie enttarnen, aber bloß nicht aufwerten – ein schmaler Grat. Aber gerade die Brüller und Schreihäls­e auf den Marktplätz­en könnten der Union auf den letzten Metern zur Wahl Angriffsfl­äche bieten. Denn sie zeigen ein Gesicht der AfD.

Die Union will sich gegen die Störenfrie­de nun wehren. Peter Tauber wurde deutlich: „Diese selbst ernannten Patrioten sind in weiten Teilen Rechtsextr­eme, die mit der einen Hand AfD-Plakate schwenken und die andere zum Hitlergruß heben.“Man werde nicht weichen – das sei man den Anhängern schuldig. Auch Merkel lässt sich nicht einschücht­ern. „Da muss die Politik Flagge zeigen“, sagte sie.

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Foto: dpa Auch in Finsterwal­de (Brandenbur­g) spürte die CDU Gegenwind.

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