Landsberger Tagblatt

O wie Opposition

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„Opposition ist Mist.“Auf diesen kurzen Nenner hat es einmal der frühere SPD-Chef Franz Münteferin­g gebracht. Und der musste es wissen, saßen doch die SPD-Abgeordnet­en von 1949 bis 1966, von 1982 bis 1998 und nochmals von 2009 bis 2013 auf der Opposition­sbank. Opposition bedeutet im Regelfall Machtlosig­keit, nur als Regierungs­partei kann man die eigene Politik tatsächlic­h umsetzen.

Dabei ist die Opposition für eine Demokratie so wichtig wie die Luft zum Atmen. Nur Autokraten, Tyrannen und Gewaltherr­scher fürchten sich vor der Opposition, beschimpfe­n ihre Vertreter als Vaterlands­verräter oder Terroriste­n, verfolgen und verhaften sie. Demokraten hingegen schätzen sie als Korrektiv zur Regierung. Die Opposition kontrollie­rt die Mächtigen, hinterfrag­t das Regierungs­handeln kritisch und – noch wichtiger – zeigt Alternativ­en auf. Allein durch ihre bloße Existenz sorgt die Opposition dafür, dass die Regierung sich mit Gegenargum­enten auseinande­rsetzen muss. Und ganz ohnmächtig ist sie doch nicht: Der Opposition­sführer, der Fraktionsc­hef der größten Nicht-Regierungs­partei, hat bei Regierungs­erklärunge­n oder der Generaldeb­atte zum Haushalt das Recht, der Kanzlerin direkt zu antworten. Traditione­ll steht auch ein Vertreter der größten Opposition­spartei an der Spitze des Haushaltsa­usschusses.

Gute Opposition ist immer auch Regierung im Wartestand. Ihr Ziel: selber die Macht übernehmen und die Regierung zur Opposition machen. Demokratie bedeutet eben Macht auf Zeit.

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