Landsberger Tagblatt

Wieso Renk einen neuen Standort baut

Industrie Das Unternehme­n baut Getriebe für Jachten und riesige Mühlen. Zuletzt wurde es in Augsburg aber eng. Vorstand Florian Hofbauer erklärt, wie das Unternehme­n nun in den Landkreis expandiert und wie er zu den immer wiederkehr­enden Verkaufsge­rüchten

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Wer es in der Welt zu Erfolg und Reichtum gebracht hat, investiert sein Geld nicht selten in eine Jacht. Prominente und Milliardär­e sorgen mit ihren Luxusjacht­en immer wieder für Schlagzeil­en und Begeisteru­ng bei Schiff-Interessie­rten. Was man am wenigsten ahnt: Wichtige Teile eleganter Jachten stammen aus Augsburg, das von den Küsten immerhin ein großes Stück entfernt liegt. Das Unternehme­n Renk baut hier Getriebe unter anderem für solche Schiffe. Kunden mit speziellen Ideen wenden sich gerne an die Augsburger: „Wir sind die erste Adresse für Speziallös­ungen, die bisher so nie gebaut wurden“, sagt Vorstand Florian Hofbauer. Das Unternehme­n darf die Namen der Kunden nicht immer öffentlich nennen. Das kommt in der Industrie häufig vor. Wer mit Hofbauer durch die Hallen geht, ahnt aber, in welchen Größenordn­ungen die Ingenieure hier denken.

Manche der Schiffsget­riebe erreichen die Ausmaße eines Gartenhaus­es, andere ragen über den ersten Stock eines Wohnhauses hinaus. Da diese aus Stahl gefertigt werden, kann das schnell ins Gewicht gehen. Mühlengetr­iebe, wie sie nach Nigeria, Mexiko oder Pakistan gehen, wiegen zum Beispiel 185 Tonnen. Die Größe der Teile ist auch ein Problem. Denn der Platz am Standort ist begrenzt, in den Hallen wird eng. Nun will Renk das Werk in Augsburg erweitern – und zwar außerhalb des Stammsitze­s an der Gögginger Straße.

Da das Werk in der Nähe des Zentrums liegt, finden sich in der Nachbarsch­aft kaum Grundstück­e für eine Erweiterun­g. Deshalb habe man sich entschiede­n, den Wareneinga­ng in den Landkreis zu verlagern. Renk will bei Oberottmar­shausen eine Halle mit rund 15 000 Quadratmet­ern Fläche bauen. Nächstes Jahr soll der Baustart erfolgen. Später werden dort die Teile der Zulieferbe­triebe angeliefer­t – zum Beispiel Gehäuse, Pumpen, Motoren. Erst kurz vor der Montage werden sie in Zukunft in das Werk in der Stadt gefahren. 25 bis 30 Arbeitsplä­tze gehen auf Oberottmar­shausen über, Renk investiert dort einen zweistelli­gen Millionenb­etrag.

Seit 2007 ist Florian Hofbauer Sprecher des Vorstands. Davor war er an verschiede­nen Stellen im MAN-Konzern tätig, zu dem Renk gehört. MAN wiederum gehört zu Volkswagen. Hofbauer führt Renk zusammen mit Christian Hammel, der für Verwaltung und Produktion zuständig ist.

Das tägliche Geschäft ist derzeit nicht ganz einfach: „Die kommerziel­le Schifffahr­t leidet immer noch an den Überkapazi­täten“, sagt Hofbauer. Und in der Öl- und Gasindustr­ie werde weniger investiert, da die Energiepre­ise niedrig sind. Umsatz und betrieblic­hes Ergebnis lagen im ersten Halbjahr 2017 leicht unter den Vorjahresw­erten, auch der Auftragsei­ngang fiel niedriger aus als im ersten Halbjahr 2016. Da- mals profitiert­e Renk von Großaufträ­gen. „Wir haben aber aktuell einige Projekte in Bearbeitun­g, sodass wir den Rückgang aufholen wollen“, sagt Hofbauer. Die Rendite ist mit 13,3 Prozent zwar gesunken, aber immer noch glänzend im MAN-Konzern. Ein bisschen hat Renk also fast Luxusprobl­eme. „Wir sind grundsätzl­ich zufrieden und wollen das Niveau halten“, sagt Hofbauer. Ein wesentlich­er Vorteil des Unternehme­ns sind die unterschie­dlichen Geschäftsb­ereiche.

Neben Getrieben für Schiffe, Windräder, industriel­le Anwendunes gen und gepanzerte Fahrzeuge entwickelt und produziert Renk außerdem Prüfstände, Gleitlager und Kupplungen. „Wenn es in einem Geschäftsb­ereich zeitweise schwierig ist, gleicht das ein anderer aus“, sagt Hofbauer. „Das macht uns extrem stabil.“

Anderswo in der Industrie ändert sich gerade viel. Die Autobauer arbeiten am Elektroaut­o. In der Schifffahr­t bauen Hersteller wie MAN Diesel & Turbo in Augsburg an neuen, sauberen Schiffsmot­oren. Steht Renk vor ähnlichen Herausford­erungen? „Wo unsere Getriebe eingebaut werden, ist Elektromob­ilität kein Thema“, ist sich Hofbauer sicher. „Große Handelssch­iffe lassen sich nicht per Batterie über den Atlantik bewegen.“Und doch beschäftig­t der Elektromot­or auch Renk über einen Umweg: Es fahren immer mehr Schiffe mit Hybridantr­ieb. Den Dieselmoto­r ergänzt dann eine Gasturbine und/oder ein elektrisch­er Antrieb, der reicht, um in einen Hafen einzufahre­n. Für solche Hybridantr­iebe im Schiff bietet Renk neue Lösungen an.

Zu einem Wachstumsg­eschäft ist auch der Bau von Prüfstände­n geworden. Eben erst sind in Schweinfur­t bei der Firma SKF zwei Anlagen in Betrieb genommen worden, auf denen Lager zum Beispiel für Windturbin­en getestet werden. Die Prüfstände für Schweinfur­t sind Giganten des Maschinenb­aus – der größere wiegt 700 Tonnen. Höhe: elf Meter. „Wir können hier zeigen, wozu unsere Mitarbeite­r in der Lage sind“, sagt Hofbauer.

Und wo geht die Reise hin? Punkten will Renk künftig im Bereich der Digitalisi­erung. Je mehr Sensoren in die Geräte einziehen und je mehr Daten erhoben werden, desto besser lässt sich zum Beispiel vorhersage­n, wann in einer Maschine ein Teil seine Lebenszeit überschrei­tet. Dann könnte ein Ersatzteil bestellt werden, bevor der Schiffsant­rieb ausfällt oder ein Mühlengetr­iebe für Wochen stillsteht.

Doch könnten Renk bald andere Ereignisse selbst in raue See bringen? Es gibt immer wieder Spekulatio­nen, die MAN-Konzernmut­ter VW prüfe einen Verkauf von Renk. VW-Chef Matthias Müller sagte am Freitag dem Wall Street Journal, dass ein Team am Verkauf von nicht mehr zum Kerngeschä­ft zählenden Teilen arbeite. Im Juli allerdings hatten Arbeitnehm­ervertrete­r im MAN-Aufsichtsr­at den Verkauf von Renk strikt abgelehnt.

Und wie sieht man bei Renk den Sachverhal­t? „Diese Gerüchte gibt es, seit ich Renk kenne“, sagt Florian Hofbauer. Im Tagesgesch­äft beschäftig­e ihn aber das Thema nicht. Wichtiger sei es da, Renk mit seinen 2245 Mitarbeite­rn – davon über 1100 am Standort Augsburg – in die Zukunft zu führen.

Ein Mühlengetr­iebe wiegt 185 Tonnen

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Renk Chef Florian Hofbauer freut sich über Kunden mit speziellen Ideen: „Wir können hier zeigen, wozu unsere Mitarbeite­r in der Lage sind“, sagt der Vorstand des Augsburger Hersteller­s von Großgetrie­ben.
Foto: Ulrich Wagner Renk Chef Florian Hofbauer freut sich über Kunden mit speziellen Ideen: „Wir können hier zeigen, wozu unsere Mitarbeite­r in der Lage sind“, sagt der Vorstand des Augsburger Hersteller­s von Großgetrie­ben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany