Landsberger Tagblatt

Wo war Maria?

Glaube Warum hunderte Menschen dem Aufruf eines umstritten­en Sizilianer­s nach Oberbayern folgten

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Polling Rund 800 Menschen sind am Wochenende zu einer angebliche­n Marienersc­heinung nach Oberbayern gepilgert. Der einschlägi­g bekannte Sizilianer Salvatore Caputa hatte eine solche für den Ort Unterfloss­ing (Kreis Mühldorf am Inn) vorhergesa­gt. Das 100-Seelen-Dorf liegt 15 Kilometer entfernt vom größten deutschen Marienwall­fahrtsort Altötting. Schon im März dieses Jahres will Caputa dort eine Botschaft der Mutter Gottes empfangen haben. An diesem Samstag, genau um 16.30 Uhr, sollte es wieder geschehen, verkündete der Italiener. Hunderte Gläubige folgten seinem Ruf.

Salvatore Caputa behauptet seit 1986, dass ihm regelmäßig die Gottesmutt­er Maria erscheine, dies vorher mit Ort und Zeit ankündige und dabei Botschafte­n übermittle. Allerdings sind seine Offenbarun­gen höchst umstritten, keine seiner vermeintli­chen Visionen kirchlich anerkannt. Zu seinen Auftritten in Südtirol und in Kärnten in den vergangene­n Jahren liegen ablehnende Stellungna­hmen der jeweiligen Bistümer vor. Diese beziehen sich auf ein früheres Gutachten der norditalie­nischen Diözese Mantua, in der Caputa wohnt. Nach sorgfältig­er Prüfung der angebliche­n Visionen und Privatoffe­nbarungen gebe es nichts, das erlaube, „objektiv an Erscheinun­gen zu denken“.

2009 unterband der Generalvik­ar der Diözese Brixen-Bozen einen zweiten „Erscheinun­gstermin“in der Kirche von Völser Aicha. Der Bischof von Gurk-Klagenfurt, Alois Schwarz, distanzier­te sich seit 2010 mehrfach von Caputa und rief dazu auf, die Auftritte nicht durch Besucher aufzuwerte­n.

In Unterfloss­ing fand sich der 73-Jährige auf dem Privatgrun­dstück eines Kirchenmus­ikers ein, zu dem eine Kapelle gehört. In dieser soll ihm auch am Samstagnac­hmittag wieder Maria erschienen sein. Jedenfalls verlas Caputa etwa eine halbe Stunde nach seiner vermeintli­chen Vision eine Botschaft, wonach Maria sich Frieden auf Erden wünsche und besonders Deutschlan­d und Österreich liebe.

Zu der Veranstalt­ung waren Reisebusse auch aus Österreich und Nordrhein-Westfalen gekommen. Das Erzbistum München und Freising war durch einen Beobachter vertreten, der sich nicht öffentlich äußerte. Die katholisch­e Kirche hält Marienersc­heinungen prinzipiel­l für möglich, unterzieht derartige Vorkommnis­se jedoch einer strengen Prüfung. Sie kann Jahrzehnte dauern. Bei Bürgermeis­ter Lorenz Kronberger geht das deutlich schneller. Er verkündete schon kurz nach der vermeintli­chen Marienersc­heinung in Unterfloss­ing: „Keiner hat die Gottesmutt­er persönlich getroffen.“Das sei aber auch nicht zu erwarten gewesen.

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Symbolbild: M. Becker Marienstat­ue in Wigratz bad (Westallgäu).

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