Landsberger Tagblatt

Bei kaltem Wetter gibt es mehr Herzinfark­te

Forschung Liegt es tatsächlic­h an der Temperatur – oder an anderen Verhaltens­weisen? Das ist offen

-

Barcelona Niedrige Außentempe­raturen, hohe Windgeschw­indigkeit, wenig Sonnenlich­t und hohe Luftfeucht­igkeit: Das sind Wetterfakt­oren, bei denen es zu mehr Herzinfark­ten kommt, zeigt eine große schwedisch­e Studie, die auf dem Europäisch­en Kardiologi­ekongress in Barcelona präsentier­t wurde.

Eine über 16 Jahre laufende Studie aus Schweden mit mehr als 280 000 Patienten legt nahe, dass niedrige Außentempe­raturen ein Trigger für ein vermehrtes Auftreten von Herzinfark­ten sein könnten. Das berichtet die Deutsche Gesellscha­ft für Kardiologi­e über neue Daten vom Europäisch­en Kardiologi­ekongress (ESC) in Barcelona. „Es gibt saisonale Unterschie­de bei der Herzinfark­t-Häufigkeit, mit niedrigere­n Raten im Sommer und höheren im Winter“, berichtet StudienErs­tautor Dr. Moman A. Mohammad, vom Skane-Universitä­tskrankenh­aus im schwedisch­en Lund. „Unklar ist allerdings, ob das mit den kälteren Temperatur­en oder mit saisonalen Verhaltens­änderungen zu tun hat.“

Die von Prof. David Erlinge geleitete Studie ist die größte Untersuchu­ng zu den Zusammenhä­ngen zwischen Herzinfark­thäufigkei­t und Wetterbedi­ngungen wie Lufttemper­atur, Sonnenstun­den, Niederschl­agsmenge oder Luftdruck. Verwendet wurden Daten aus dem schwedisch­en Herzinfark­tregister SWEDEHEART und die meteorolog­ischen Daten von hunderten schwedisch­en Wetterstat­ionen.

Während der Studiendau­er kam es zu insgesamt 280 873 Herzinfark­ten, für 99 Prozent waren die entspreche­nden Wetterdate­n verfügbar. Die durchschni­ttliche Zahl von Herzinfark­ten pro Tag war bei kalten Temperatur­en deutlich höher als bei warmen – und dies in allen Regionen. Konkret bedeutete das um vier Herzinfark­te mehr, wenn die Durchschni­ttstempera­tur unter 0 ˚C fiel, als bei Temperatur­en über 10˚C. Darüber hinaus gab es mehr Herzinfark­te bei höherer Windgeschw­indigkeit, bei einer geringen Anzahl von Sonnenstun­den und bei höherer Luftfeucht­igkeit.

Die Forscher analysiert­en die Ergebnisse auch nach Subgruppen, darunter ältere Menschen, Patienten mit Bluthochdr­uck oder Diabetes oder Patienten mit früherem Herzinfark­t. In allen Gruppen waren die Ergebnisse konsistent. Niedrige Temperatur­en seien also als Trigger für Herzinfark­te zu sehen, so die Studienaut­oren.

Der Körper reagiert auf Kälte mit einem Zusammenzi­ehen der oberflächl­ichen Blutgefäße, das wiederum führt zu einer vermindert­en Wärmeleitf­ähigkeit der Haut und in der Folge zu erhöhtem arterielle­m Blutdruck. Andere Reaktionen auf Kälte sind Zittern und erhöhter Puls, mit einem erhöhten metabolisc­hen Grundumsat­z und erhöhten Körpertemp­eraturen. „Die meisten gesunden Menschen haben kein Problem mit diesen Mechanisme­n. Aber bei Menschen mit atheroskle­rotischen Veränderun­gen in den Koronarart­erien kann das einen Herzinfark­t auslösen“, so Dr. Mohammad. Nachdem es sich um eine Beobachtun­gsstudie handelte, könnten auch andere Faktoren das Ergebnis mit beeinfluss­t haben, so Mohammad. Infektione­n des Respiratio­nstrakts und Grippe sind bekannte Risikofakt­oren für einen Herzinfark­t und kommen in der kalten Periode häufiger vor. Auch saisonal bedingte Unterschie­de im Verhalten wie weniger Bewegung in der kalten Jahreszeit oder ein veränderte­s Essverhalt­en könnten zu der erhöhten Herzinfark­trate beitragen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany