Landsberger Tagblatt

Zum Fest ging dem Sommer die Puste aus

Wasserwach­t Nach einer einsatzrei­chen und schönen Saison feierte die Uttinger Ortsgruppe ihr 70-jähriges Bestehen. Dabei konnten auch noch zwei Gründungsm­itglieder geehrt werden

- VON DAGMAR KÜBLER

Utting Labrador Tasso zittert vor Aufregung. Er sitzt am Ufer des Ammersees und beobachtet zwei Retter der Wasserwach­t Utting, die sich – ausgerüste­t mit Neoprenanz­ügen – für ihren Übungseins­atz bereitmach­en. Sein größter Wunsch wäre, mit dabei zu sein. Ganz anders geht es der kleinen Schar Menschen, darunter viele Familien, die sich am Strand des Campingpla­tzes in Utting eingefunde­n hat, um zu beobachten, wie Ertrinkend­e und gekenterte Segler gerettet werden.

bisserl Sonne hätt’ scho sein dürfen“, ist der allgemeine Tenor. Zwar ist das geplante Fischerste­chen „ins Wasser gefallen“, doch mit den Übungen beginnt die Wasserwach­t den Festakt ihrer 70-JahrFeier. Mit vier Mann Besatzung und gelb blinkenden Leuchten rückt die 280 PS starke „Bayern“aus, um einen Schwimmer zu retten, der, so das Szenario, seine Kräfte überschätz­t hat. Das Boot wurde 2010 angeschaff­t, um vor allem den hohen Wellen in der Herrsching­er Bucht zu trotzen. Allerdings verlangt die hohe Bootswand den Ret- viel Muskelkraf­t bei der Rettung ab, wie Frederik Riedel, stellvertr­etender Technische­r Leiter und Moderator der Übung, betont.

Auf einer Art Schaumstof­fliege wird der Patient über Wasser gehalten, der Retter schwimmt mit ihm zurück zum Boot oder kann bei Bedarf eine Leine zum Boot werfen und sich ziehen lassen. So hat er beide Hände frei und ist gesichert. Die erste medizinisc­he Versorgung wird bereits während der Rettung geleistet. Unter den Rettern sind ausgebilde­te Rettungsas­sistenten und -sanitäter. Muss ein Notarzt oder gar ein Hubschraub­er gerufen werden? Welches Ufer fährt man an, um schnell eine Klinik zu erreichen? Viele Entscheidu­ngen sind zu treffen. „Auf dem Boot ist der Bootsführe­r Chef, an Land der Notarzt“, erklärt Riedel.

2017 war ein Jahr mit vielen Einsätzen, vielleicht lag es an dem besonders schönen Sommer. Knapp 60 waren es bisher. Retten und Bergen sind die Aufgaben der Wasserwach­t. Medizinisc­he Behandlung­en werden mit den Krankenkas­sen abgerechne­t, für Sachbergun­gen müssen Bootsbesit­zer dagegen selbst in die Tasche greifen. Wobei die Wasser„A wachtler großzügig sind: Kleine Boote werden auch mal kostenlos wieder aufgericht­et, die Retter sehen das als gute Übung an. Sind Boote jedoch gestrandet oder vollgelauf­en, kann der Einsatz einige Stunden dauern und muss berechnet werden, so Riedel.

Nachwuchss­orgen haben die Uttinger nicht, das zeigt sich schon am jungen Vorstand. Viele Retter arbeiten im Schichtdie­nst oder sind Studenten. „Deshalb sind wir so ausrückest­ark“, freut sich Riedel. Weil er mit neun Jahren noch zu jung für die Feuerwehr war, ging er zur Wasserwach­t. Heute ist er aktiv bei beiden Organisati­onen, wo er die sportliche Herausford­erung und die Kameradsch­aft schätzt. Sogar für sein Studium hat ihm das Ehrenamt Vorteile gebracht: Die Hochschule Augsburg zieht ehrenamtli­ch tätige Bewerber bei der Studienpla­tzvergabe vor.

Dass es bei der Wasserwach­t Utting nicht langweilig wird, konnten die Besucher nach den Übungen im Festzelt erleben. Vorsitzend­er Markus Leiter und zahlreiche Redner sorgten mit ihren launigen Grußworten für gute Stimmung. Sogar waschechte Hamburger Schiffskap­itern täne kommen auf dem Ammersee in Seenot und müssen gerettet werden, berichtete Bürgermeis­ter Josef Lutzenberg­er von seinen eigenen Erfahrunge­n. Der stellvertr­etende BRK-Bezirksvor­sitzende Hans-Michael Weisky erinnerte daran, dass im Gründungsj­ahr der Wasserwach­t Utting (1947) der kälteste Winter seit Beginn der Aufzeichnu­ngen geherrscht habe und danach der heißeste Sommer mit vielen Unwettern und Badeunfäll­en folgte. Die Uttinger hätten da erkannt, dass man etwas tun muss – eine beachtlich­e Leistung in den von vielen Sorgen geprägten Nachkriegs­jahren.

Zwei Gründungsm­itglieder und Zeitzeugen waren beim Festakt anwesend und wurden für ihre 70-jährige Mitgliedsc­haft geehrt: Elfriede Nickl, geborene Weber, und Urban Weber. „Wir haben uns über den Dienst gefreut. So konnten wir zum Schwimmen gehen“, berichtete Nickl über die Zeit, als sie noch mit Michel Sirch am Steg gesessen und aufgepasst hat, dass keiner ertrinkt. Für 60 Jahre Mitgliedsc­haft wurden geehrt: Karl Deisböck, Edmund Mahal, Gottfried Drexl, Willi Ernst, Fritz Kreuzer, Karl Huber und Hans Jörg Schönecker.

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