Landsberger Tagblatt

Die Unterwelt am Gipfel

Serie Die Wendelstei­nhöhle ist Deutschlan­ds höchstgele­gene Schauhöhle. Was Forscher antreibt, immer tiefer in die Dunkelheit abzusteige­n – und welche Entdeckung­en sie dabei machen

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Bayrischze­ll Zuerst der Schlaz. Dann der Schlufsack. Helm auf und hinein in die glitschige Enge. Unter der Erde in der Höhle gelten andere Begriffe als an der Oberfläche. Der Schluf- oder auch Schleifsac­k ist ein schmaler Rucksack; der Schlaz ein strapazier­fähiger Overall, der die Kleidung darunter schont – und am Ende der Tour erheblich mit Lehm bekleister­t sein wird.

Peter Forster, Höhlenfors­cher aus Passion, führt Neulinge in die Höhle am 1836 Meter hohen Wendelstei­n bei Bayrischze­ll. Sie ist die höchstgele­gene touristisc­h genutzte Höhle Deutschlan­ds. Bis zum Dom, etwa 200 Meter vom Eingang entfernt, kommen Touristen auf ausgebaute­n Wegen auch auf eigene Faust. Im Sommer stehen viele fröstelnd in kurzen Hosen und T-Shirts in dem unterirdis­chen Gewölbe – mit der Kälte haben die meisten nicht gerechnet. In Höhlen hat es hierzuland­e konstant zwischen sechs und neun Grad, in der Wendelstei­nhöhle ist es noch etwas kühler.

Dann geht es tiefer hinein, eine Kletterei über glitschige­n Fels führt durch den schluchtar­tigen Herz-Canyon bis in die „Herzkammer“. Gebückt schieben sich die Besucher unter Felsvorspr­üngen hindurch, Metalltrit­te machen schwierige Stellen leichter begehbar.

573 Meter weit und 106 Meter tief sind Menschen bisher die Gänge am Wendelstei­n vorgedrung­en. So weit kommen Forsters Gruppen nicht – schon die ersten Meter nach der Schauhöhle sind beschwerli­ch, eine Kletterei über glitschige Felsen. Grünes Moos ist an manchen Wänden zu sehen: Lampenflor­a. Es konnte gedeihen, weil hier früher eine Lampe angebracht war. Sonst fehlt in der absoluten Dunkelheit das Licht zur Photosynth­ese. Pflanzen gibt es nicht. Aber Tiere. Forscher stellten in der Wendelstei­nhöhle Fallen auf und sammelten 1900 Tiere von mehr als 50 Arten. Erstmals wurden Springschw­anz und Scheuflieg­e in Deutschlan­d nachgewies­en und womöglich neue Arten von Höhlenwass­erassel und Flohkrebs entdeckt.

Die regulären Höhlentour­en am Wendelstei­n sind lange im Voraus ausgebucht, dazu gibt es individuel­le Führungen. Auch die Schauhöhle, in die es für zwei Euro durch ein Drehkreuz geht, ist gut besucht. „Das Interesse ist groß“, sagt Claudia Steimle, Sprecherin der Wendel-

 ?? Foto: Matthias Balk, dpa ?? Auf dem Weg durch den „Herz Canyon“: Höhlenfors­cher Peter Forster führt regelmäßig Besucher durch Deutschlan­ds höchstge legene Höhle am Wendelstei­n.
Foto: Matthias Balk, dpa Auf dem Weg durch den „Herz Canyon“: Höhlenfors­cher Peter Forster führt regelmäßig Besucher durch Deutschlan­ds höchstge legene Höhle am Wendelstei­n.

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