Alter Pfarrhof von 1867 hat neue Bewohner
Tag der offenen Tür Im Windacher Mehrgenerationenprojekt sind die genossenschaftlichen Mieter eingezogen. Der Gemeinschaftsraum wurde gerade erst fertig. Jetzt stellte sich die Einrichtung der Öffentlichkeit vor
Windach Der Gemeinschaftsraum ist gerade noch rechtzeitig zum Tag der offenen Tür gefliest worden. Im Außenbereich gibt es aber noch einige Arbeiten zu erledigen. Seit August leben die ersten Parteien in dem Mehrgenerationen-Wohnprojekt „Alter Pfarrhof“in Windach. Beim „Tag des offenen Denkmals“stellte sich die genossenschaftliche Einrichtung vor – mit dem Projekt konnte auch der denkmalgeschützte Pfarrhof gerettet werden. Darüber referierte der Architekt Benedikt Sunder-Plassmann in einer Führung am Sonntagnachmittag. Im Speicher findet sich noch ein Balken mit der Aufschrift 1867.
Was zeichnet dieses Mehrfamilienhaus aus? Die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens und die Finanzierung über ein Genossenschaftsmodell. Die Zielsetzung lautet für die Maro Genossenschaft, im ländlichen Raum günstigen Wohnraum zu schaffen, wie Mitarbeiter Ralf Schmid gegenüber dem Landsberger Tagblatt erläutert. So seien bei dem Projekt einige Wohnungen frei finanziert, andere mit staatlicher Förderung gebaut worden, die dann nur an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermietet würden.
Wer hier wohnt, zahlt Miete, die jedoch im Vergleich zum Markt günstiger ist. Und er wird Genosse, sprich, er zeichnet Wohnungspflichtanteile, die für die frei finanzierten Wohnungen 600 Euro pro Quadratmeter betragen, für die geförderten 400 Euro, so Schmid. „Dies sind dann so um die 50000 Euro für diese 82 Quadratmeterwohnung.“Die Miete betrage je nach Förderstufe vier bis sechs Euro pro Quadratmeter oder 8,60 Euro Kaltmiete bei den frei finanzierten Wohnungen. Die Genossenschaft sei gemeinnützig, es gehe nicht um Gewinnmaximierung, sondern es gehe darum, eine schwarze Null zu schreiben. Von den 15 Wohnungen ist nur noch eine frei, das Interesse an dem Projekt ist groß.
Was macht nun den Unterschied zur normalen Mietwohnung? „Man hat die Sicherheit, hier alt werden zu können und nicht wegen Eigenbedarfs des Eigentümers gekündigt zu werden“, sagt Carmen Gierth, der dieser Aspekt neben dem gemeinschaftlichen Wohnen wichtig ist. Andererseits kann der Genosse aber auch ausziehen. „Er bekommt seine Anteile zurück – aber unverzinst“, erläutert Schmid.
Zum Konzept zählt auch, dass die Hausgemeinschaft ihr Haus selbst verwaltet. Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft für den Garten, die Finanzen, den Gemein schafts raum samt Gästeappartement und für die Technik, wie beispielsweise die Hackschnitzelh ei zung. Zu meinen fördere das den Austausch, zum anderen spare es Geld, macht der Genossen schafts mitarbeiter deutlich, d asses sich nichtu meine Luxus anla gehandelt. So ist auch die Wohnung s ausstattung schlicht, aber aus soliden, wertbeständigen Materialien: Eichenstäbchen parkett auf den Böden, Fußbodenheizung, cremefarbene Fliesen im Bad. Die Anlage ist barrierefrei, das Treppenhaus mit Lift erschließt das erste und zweite Stockwerk im Neubau sowie die Wohnung im ersten Stock im Alten Pfarrhaus als auch den Speicher dort. Nicht jede Wohnung hat eine Badewanne, aber jede hat einen Balkon. Auf der Nordseite erschließt ein breiter Laubengang, der auch noch genutzt werden kann, die einzelnen Wohnungen.
Deren Größe variiert von 50 bis 120 Quadratmeter, es gibt im Neubau sechs Zwei-Zimmer-Wohnungen, drei Drei-Zimmer-Wohnungen sowie drei Fünf-Zimmer-Wohnungen und im Alten Pfarrhaus noch einmal drei Wohnungen. Und von der fünfköpfigen Familie bis zum Single reicht die Variation an Lebensformen. Stefanie Kleinat ist mit ihrem Mann aus Hamburg hierher gekommen. Beide haben lang nach so einer Wohnform gesucht, wie Kleinat erzählt. Die meisten kommen jedoch aus Windach oder der Region, und ihnen wird auch ein Vorzug eingeräumt. Denn Zielsetzung ist es, vor Ort Wohnraum zu schaffen.
Katja Immel ist eine Windacherin, die hier eingezogen ist, und nun als eine der beiden Haussprecher fungiert. Ihr sind das Mehrgenerationenmodell und die Selbstverwaltung sehr wichtig. Die Maro-Genossenschaft hat mit ähnlichen Modellen mittlerweile insgesamt 45 Wohnungen in der Region geschaffen und ist an weiteren Projekten dran – unter anderem Mehrgenerationenwohnen, aber auch in Verbindung mit Demenz-Wohngruppen oder Pflege-Wohngruppe, wie Schmid gegenüber unserer Zeitung erzählt. Mittlerweile kämen Gemeinden auf die Genossenschaft zu, die ein entsprechendes Projekt in der Kommune verwirklicht haben wollten. Auch die Gemeinde Windach ist Genosse und hat sich mit einer Förderung von 30000 Euro beteiligt, wie Bürgermeister Richard Michl erzählt. Und habe sich dafür für sieben Jahre das Recht ausbedungen, dass bei der Wohnungsvergabe anerkannte Asylbewerber zum Zuge kommen. Zwei junge Eritreer sind schon eingezogen.