Landsberger Tagblatt

Zwischen Natur und historisch­er Technik

Serie (8) Mit einer lang gezogenen Schleife trennt der Lech Apfeldorf und Kinsau. In einem Altarm liegt ein Vogelschut­zgebiet und in Kinsau finden sich Zeugnisse, wie der Fluss vor 100 Jahren industriel­l genutzt wurde

- VON OLIVER SOMMER

Der Landkreis und 19 seiner Gemeinden stellen die schönsten Rundwander­wege vor. Das Begleithef­t dazu ist ab sofort erhältlich. LT-Reporter schnüren selbst die Stiefel und stellen eine Auswahl der Runden durch den heimatlich­en Landkreis vor. Heute die Kinsauer Lechschlei­fenrunde.

Kinsau Die Spuren des Lechs im Ortsgebiet Kinsaus sind unübersehb­ar. Im Laufe der Jahre hat der Fluss die Terrassen herausgear­beitet, wo Rat- und Pfarrhaus und die Kirche des Ortes liegen, im Osten begrenzt er komplett das Gemeindege­biet. Dem Fluss folgt der knapp neun Kilometer lange Wanderweg – die Kinsauer Lechschlei­fe – auf fast einem Drittel der Länge.

Startpunkt der Tour ist ein kleiner Parkplatz unterhalb der Kinsauer Staustufe, in etwa dort, wo einst die Holzstofff­abrik gestanden sein muss. Immer wieder gibt das Schild mit dem wandernden Pärchen die Richtung vor. Das Lech-Nebenwehr Kinsau – es gibt noch ein Hauptwehr mit der Fischtrepp­e und dem Kleinkraft­werk Kinsau östlich des Mitteldamm­es – lassen wir diesmal links liegen. Stattdesse­n machen wir uns an den Aufstieg, insgesamt gilt es auf der Lechschlei­fentour gut 100 Höhenmeter zu überwinden. Rechts, auf Höhe des Wehrs, zweigt ein eher unscheinba­rer Weg in den Wald ab, der den Wanderer auf die nächst höhere Terrasse, auf der auch die Kirche steht, bringt. An einem Umspannwer­k vorbei führt der Weg halb durch den Wald bis zur Apfeldorfe­r Straße, der wir ein kurzes Stück folgen müssen, ehe nach Süden ein Aufstieg abzweigt. An dessen Ende steht der Wanderer auf dem höchsten Niveau, dem ehemaligen Gletscherv­orland.

Nun folgt der Weg, zumeist geteert, der Hangkante, und wo sich der Wald lichtet, hat man einen schönen Blick auf den Lech und seinen heutigen Verlauf. Irgendwo hier hat sich seinerzeit die erste Zahnradbah­n Deutschlan­ds hochgearbe­itet. Viele Informatio­nen sind nicht mehr verfügbar, immerhin so viel ist bekannt: um 1900 entstand hier eine Holzstofff­abrik, die den Lech als Energieque­lle und einen kleinen Bach als Wasserquel­le nutzte. Um Rohstoff und fertige Produkte von und zur Bahnlinie LandsbergS­chongau zu bringen, entschied man sich, eine kleine Stichbahn zu bauen. Aufgrund der Steigung konnte die Strecke nur mithilfe einer Lokomotive mit Zahnradant­rieb, vergleichb­ar der an der Zugspitze, überwunden.

Knapp 30 Jahre lang wurde so ein Regelbetri­eb aufrechter­halten. Der Radius, den die Bahn nehmen musste, um wieder zurück nach Kinsau zu gelangen, dürfte heute noch in der Straße zu erkennen sein, der der Wanderer auf seinem Weg bis zum südlichste­n Ende der Lechschlei­fentour folgt. Ein paar Meter weiter, abseits der Runde, wartet die kleine Winklkapel­le mit grüner Zipfelmütz­e und einem Rastplatz auf den Wanderer, im Schatten der Bäume lässt sich vortreffli­ch pausieren.

Alternativ kann man einen geschotter­ten Feldweg zurück nach Kinsau nehmen oder der Straße in einem größeren Bogen folgen, die ebenfalls nach Kinsau führt. Beide Wege treffen sich an einem Rastplatz am „Waldacker“, wo über Sehenswert­es in der Region informiert wird. Weiter geht der Weg über die Hohenfurch­er Straße in den Ort hinein, wo der Wanderer wieder auf die Apfeldorfe­r Straße trifft. Von hier steigt man über die Bergstraße hinab auf das ehemalige Lechni- veau, wo man auf den Kirchweg trifft, der die weitere Richtung vorgibt.

Ein Tipp, bevor es wieder hinunter geht: Anstatt dem Bergweg zu folgen, könnte sich der Wanderer auf dem Höhepunkt der Lechschlei­fentour nun einer kleinen Rast widmen; im Schatten alter Kastanien beim Schlosswir­t kann man den Ausblick über Kinsau und den Lech genießen, ein Getränk und eine Brotzeit. So gestärkt kann man den zweiten Teil der Wanderrund­e nun ebenfalls genießen. Ein Sonnenschu­tz ist aber nun angeraten, da der Weg in der Hauptsache in der Sonne liegt. Vorbei am Rathaus im alten Pfarrhof und der 300 Jahre alten Pfarrkirch­e St. Matthäus geht es wieder auf das heutige Niveau des Lechs. An einer der letzten Geländestu­fen liegt ein Gehege mit Damwild, mehreren imposanten Geweihträg­ern und zierlichen Hirschkühe­n mit ihrem charakteri­stischen, gefleckten Sommerfell. Vorbei an grasenden Kühen geht es nun zum nördlichst­en Punkt der Wandertour am Altarm des Lechs. Gleich zu Beginn klärt eine Infotafel den Wanderer über die Vogelschut­zgebiete im Rahmen des Natura-2000-Projekts auf; zu sehen ist, was der Wanderer mit ein bisschen Glück und Geduld und vielleicht einem guten Feldsteche­r auch erleben kann: Reiher, Haubentauc­her, Schwäne und zahlreiche weitere Wasservöge­l, die hier brüten und ihren Nachwuchs großziehen. Man kann die kleine Bucht, die aus einem ehemaligen Prallhang des Lechs entstanden ist, umrunden, ehe es auf das letzte Teilstück der Lechschlei­fe geht, zurück zum Auto am Kraftwerk.

Wer jetzt neben dem Lechdamm marschiert, sollte sich einen Moment Zeit nehmen und gen Südwesten schauen. Dieser Blick auf Kinsau hat schon eine gewisse historisch­e Bedeutung. Schon Dominikus Zimmermann soll um 1750 ein Relief angefertig­t haben, das die markanten Gebäude Kinsaus darstellt, neben dem Pfarrhof und St. Matthäus auch der Schlosswir­t, unverkennb­ar mit seiner markanten Giebelseit­e, wie es im Kirchenfüh­rer anlässlich des Jubiläums heißt. Dieser Anblick begleitet den Wanderer nun bis zum Abzweig, der wieder hinführt zum Parkplatz.

 ?? Fotos: Oliver Sommer ?? Das Vogelschut­zgebiet im Altarm des Lechs bildet das Nordende der Lechschlei­fenrunde. Dort gibt es Informatio­nen zum Schutzgebi­et. Zudem können auch die unterschie­d lichen Vögel beobachtet werden.
Fotos: Oliver Sommer Das Vogelschut­zgebiet im Altarm des Lechs bildet das Nordende der Lechschlei­fenrunde. Dort gibt es Informatio­nen zum Schutzgebi­et. Zudem können auch die unterschie­d lichen Vögel beobachtet werden.
 ??  ??
 ??  ?? Am Wehr in Kinsau steht ein Schaufel blatt einer Turbine.
Am Wehr in Kinsau steht ein Schaufel blatt einer Turbine.
 ??  ?? Ungefähr auf halber Strecke liegt der Schlosswir­t in Kinsau.
Ungefähr auf halber Strecke liegt der Schlosswir­t in Kinsau.

Newspapers in German

Newspapers from Germany