Zwischen Natur und historischer Technik
Serie (8) Mit einer lang gezogenen Schleife trennt der Lech Apfeldorf und Kinsau. In einem Altarm liegt ein Vogelschutzgebiet und in Kinsau finden sich Zeugnisse, wie der Fluss vor 100 Jahren industriell genutzt wurde
Der Landkreis und 19 seiner Gemeinden stellen die schönsten Rundwanderwege vor. Das Begleitheft dazu ist ab sofort erhältlich. LT-Reporter schnüren selbst die Stiefel und stellen eine Auswahl der Runden durch den heimatlichen Landkreis vor. Heute die Kinsauer Lechschleifenrunde.
Kinsau Die Spuren des Lechs im Ortsgebiet Kinsaus sind unübersehbar. Im Laufe der Jahre hat der Fluss die Terrassen herausgearbeitet, wo Rat- und Pfarrhaus und die Kirche des Ortes liegen, im Osten begrenzt er komplett das Gemeindegebiet. Dem Fluss folgt der knapp neun Kilometer lange Wanderweg – die Kinsauer Lechschleife – auf fast einem Drittel der Länge.
Startpunkt der Tour ist ein kleiner Parkplatz unterhalb der Kinsauer Staustufe, in etwa dort, wo einst die Holzstofffabrik gestanden sein muss. Immer wieder gibt das Schild mit dem wandernden Pärchen die Richtung vor. Das Lech-Nebenwehr Kinsau – es gibt noch ein Hauptwehr mit der Fischtreppe und dem Kleinkraftwerk Kinsau östlich des Mitteldammes – lassen wir diesmal links liegen. Stattdessen machen wir uns an den Aufstieg, insgesamt gilt es auf der Lechschleifentour gut 100 Höhenmeter zu überwinden. Rechts, auf Höhe des Wehrs, zweigt ein eher unscheinbarer Weg in den Wald ab, der den Wanderer auf die nächst höhere Terrasse, auf der auch die Kirche steht, bringt. An einem Umspannwerk vorbei führt der Weg halb durch den Wald bis zur Apfeldorfer Straße, der wir ein kurzes Stück folgen müssen, ehe nach Süden ein Aufstieg abzweigt. An dessen Ende steht der Wanderer auf dem höchsten Niveau, dem ehemaligen Gletschervorland.
Nun folgt der Weg, zumeist geteert, der Hangkante, und wo sich der Wald lichtet, hat man einen schönen Blick auf den Lech und seinen heutigen Verlauf. Irgendwo hier hat sich seinerzeit die erste Zahnradbahn Deutschlands hochgearbeitet. Viele Informationen sind nicht mehr verfügbar, immerhin so viel ist bekannt: um 1900 entstand hier eine Holzstofffabrik, die den Lech als Energiequelle und einen kleinen Bach als Wasserquelle nutzte. Um Rohstoff und fertige Produkte von und zur Bahnlinie LandsbergSchongau zu bringen, entschied man sich, eine kleine Stichbahn zu bauen. Aufgrund der Steigung konnte die Strecke nur mithilfe einer Lokomotive mit Zahnradantrieb, vergleichbar der an der Zugspitze, überwunden.
Knapp 30 Jahre lang wurde so ein Regelbetrieb aufrechterhalten. Der Radius, den die Bahn nehmen musste, um wieder zurück nach Kinsau zu gelangen, dürfte heute noch in der Straße zu erkennen sein, der der Wanderer auf seinem Weg bis zum südlichsten Ende der Lechschleifentour folgt. Ein paar Meter weiter, abseits der Runde, wartet die kleine Winklkapelle mit grüner Zipfelmütze und einem Rastplatz auf den Wanderer, im Schatten der Bäume lässt sich vortrefflich pausieren.
Alternativ kann man einen geschotterten Feldweg zurück nach Kinsau nehmen oder der Straße in einem größeren Bogen folgen, die ebenfalls nach Kinsau führt. Beide Wege treffen sich an einem Rastplatz am „Waldacker“, wo über Sehenswertes in der Region informiert wird. Weiter geht der Weg über die Hohenfurcher Straße in den Ort hinein, wo der Wanderer wieder auf die Apfeldorfer Straße trifft. Von hier steigt man über die Bergstraße hinab auf das ehemalige Lechni- veau, wo man auf den Kirchweg trifft, der die weitere Richtung vorgibt.
Ein Tipp, bevor es wieder hinunter geht: Anstatt dem Bergweg zu folgen, könnte sich der Wanderer auf dem Höhepunkt der Lechschleifentour nun einer kleinen Rast widmen; im Schatten alter Kastanien beim Schlosswirt kann man den Ausblick über Kinsau und den Lech genießen, ein Getränk und eine Brotzeit. So gestärkt kann man den zweiten Teil der Wanderrunde nun ebenfalls genießen. Ein Sonnenschutz ist aber nun angeraten, da der Weg in der Hauptsache in der Sonne liegt. Vorbei am Rathaus im alten Pfarrhof und der 300 Jahre alten Pfarrkirche St. Matthäus geht es wieder auf das heutige Niveau des Lechs. An einer der letzten Geländestufen liegt ein Gehege mit Damwild, mehreren imposanten Geweihträgern und zierlichen Hirschkühen mit ihrem charakteristischen, gefleckten Sommerfell. Vorbei an grasenden Kühen geht es nun zum nördlichsten Punkt der Wandertour am Altarm des Lechs. Gleich zu Beginn klärt eine Infotafel den Wanderer über die Vogelschutzgebiete im Rahmen des Natura-2000-Projekts auf; zu sehen ist, was der Wanderer mit ein bisschen Glück und Geduld und vielleicht einem guten Feldstecher auch erleben kann: Reiher, Haubentaucher, Schwäne und zahlreiche weitere Wasservögel, die hier brüten und ihren Nachwuchs großziehen. Man kann die kleine Bucht, die aus einem ehemaligen Prallhang des Lechs entstanden ist, umrunden, ehe es auf das letzte Teilstück der Lechschleife geht, zurück zum Auto am Kraftwerk.
Wer jetzt neben dem Lechdamm marschiert, sollte sich einen Moment Zeit nehmen und gen Südwesten schauen. Dieser Blick auf Kinsau hat schon eine gewisse historische Bedeutung. Schon Dominikus Zimmermann soll um 1750 ein Relief angefertigt haben, das die markanten Gebäude Kinsaus darstellt, neben dem Pfarrhof und St. Matthäus auch der Schlosswirt, unverkennbar mit seiner markanten Giebelseite, wie es im Kirchenführer anlässlich des Jubiläums heißt. Dieser Anblick begleitet den Wanderer nun bis zum Abzweig, der wieder hinführt zum Parkplatz.