Nur die Ratten kommen an das Gift
Plage In den Dießener Seeanlagen sind die Nager mittlerweile auch tagsüber zu sehen. Kaum hat die Gemeinde einen Kammerjäger eingeschaltet, brodelt im Internet die Gerüchteküche
Dießen Für manche sind sie possierliche Wesen, die in ihrer schwarzweißen Version als Haustiere fungieren. Andere wiederum ekeln sich vor den schnell durch die Dunkelheit huschenden Gesellen mit ihren langen nackten Schwänzen. Unbestritten ist, dass Ratten Krankheiten übertragen können und eine zu große Population als abträglich für die menschliche Gesundheit gilt. Und in den Dießener Seeanlagen – vor allem auf der schattigen Südseite des Mühlbachs – haben die Tiere Überhand genommen. Was sich daran zeigt, dass man auch tagsüber Wanderratten zu Gesicht bekommt. Sie stecken sogar in der Fischerei frech ihr Näschen aus einem Loch im Gullydeckel. Ein Anlieger sagte dem LT, dass es heuer sehr viele Ratten gebe.
Auf die Rattenplage war auch die Marktgemeinde vor Kurzem aufmerksam gemacht worden. Mit Ratten sei zwar in der Nähe von Gewässern immer zu rechnen, heißt es in einer Pressemitteilung der Gemeinde. Wenn die Tiere aber bereits tagsüber im Park nach Futter suchten, „dann dürfte die Population eindeutig zu hoch sein“. Das Problem: Ratten finden ganzjährig Nahrung am See, da dort immer wieder Enten und Gänse gefüttert werden, wovon natürlich auch die Ratten profitieren.
Die Gemeinde hat reagiert und einen professionellen Schädlingsbekämpfer beauftragt. Kein unübliches Vorgehen: Verwaltungschef Karl Heinz Sprin- ger kennt es auch aus seiner Zeit in der Starnberger Verwaltung, dass immer mal wieder an verschiedenen Stellen am See Ratten bekämpft wurden. In den Boxleranlagen wurden 21 Rattenfallen ausgelegt. Die schwarzen Boxen geben sich als solche durch rote Warn-Aufkleber zu erkennen. Auch an einem Masten in der Nähe des Strandhotels wird darauf verwiesen, dass hier Ratten bekämpft werden. Kaum lagen die Fallen aus, gab am Samstag auch schon erste Reaktionen in der FacebookGruppe „Du kommst aus Dießen . . .“: Danach soll bereits ein toter Greifvogel bei den Boxen gefunden worden sein, der möglicherweise eine tote Ratte oder Maus gefressen habe. Und es wurde auch von zwei Hunden berichtet, die Gift gefressen haben. Wolfgang Weber von der Firma W&S InsektControl erläutert, dass dies aus mehreren Gründen nicht sein kann. Zum einen seien die Rattenfallen so konstruiert, dass es zwei etwa sechs bis acht Zenti- meter große Schlupflöcher, dahinter aber auch noch eine Querwand gebe. Hunde könnten nicht in die Box schlüpfen. Es gelinge auch keinem Kind, seine Hand in die Box zu stecken und zu dem Gift zu gelangen. Die Köder seien auch am Stück und in der Box festgemacht, sie könnten nicht durch Schütteln herausfallen. „Auch ein großer Hund bricht die Falle nicht auf, sie ist haustier-und kindersicher.“
Es handle sich um einen Köder auf Getreidebasis, speziell für Ratten oder Mäuse, der einen Blutgerinnungshemmer enthalte. Diesem sei zur zusätzlichen Absicherung ein Bitterstoff beigemischt. Hund oder Kind würden diese Mischung sofort ausspucken, „die Ratte frisst weies ter“. Der 28 Gramm schwere Köderblock reiche maximal aus, um eine Ratte zu töten. Ein Hund ab einem Körpergewicht von einem Kilogramm sterbe nicht mehr daran, erläutert Weber. Und es gebe noch ein Sicherungsmoment: „Der Blutgerinnungshemmer wirkt erst nach drei bis vier Tagen.“Sollte ein Hund einen Köder aufgenommen haben, könne ein Tierarzt auch noch ein Gegenmittel verabreichen. Würden tote Tiere wie der Greifvogel am Samstag bemerkt, könne dies nichts mit den Rattenködern zu tun
Ein toter Greifvogel hat nichts damit zu tun
haben. „Die wirken eigentlich erst jetzt“, sagte Weber dem LT am Dienstag. Wie stark der Rattenbefall tatsächlich ist, wird erst die für Ende dieser Woche vorgesehene Nachkontrolle der Fallen ergeben. Die Köder werden laut Information der Gemeinde zumindest bis Dezember in den Seeanlagen bleiben.
Thematisiert wurde die Rattenplage kurz auch im Umwelt- und Bauausschuss am Montagabend. Bürgermeister Herbert Kirsch informierte über die Rattenbekämpfung und bekam gleich einen aktuellen Erfahrungsbericht: Gemeinderat Johann Vetterl (Freie Wähler) hatte am Marktsonntag am helllichten Tag zwei Ratten am Mühlbach entlangspazieren sehen.