Wenn es beim Kraxeln richtig „brudahl“wird
Freizeit In der neuen „Kletterei“in Kaufering können sich Anfänger beim Bouldern versuchen. Beim Klettern in der großen Halle wird es anspruchsvoll. LT-Reporter Louis Pienkowski hat sich an die Wände gewagt
Kaufering „Es gibt nur die Wand und dich. Von der ersten Sekunde des Boulderns bis zum Ende hat der Kopf Sendepause.“Das ist für viele Sportler, wie Philipp Blaess aus Schondorf, der schönste Aspekt am Bouldern. Wer einmal mit Armen und Beinen an der Boulderwand hing, kennt dieses Gefühl. Bouldern (englisch „boulder“= Felsblock) ist eine Form des Kletterns, bei der ohne Gurt und Seil in Absprunghöhe geklettert wird. In den vergangenen Jahren hat das Bouldern starken Zulauf erhalten. Vor Kurzem hat auch die „Kletterei“in Kaufering eröffnet berichtete). Dort gibt es für Boulderer und auch für Kletterer einige Herausforderungen. LT-Reporter Louis Pienkowski hat sich an die Wände getraut.
Mit Kletterschuhen gehe ich im Boulderbereich an den Start. Dieser hat eine Fläche von rund 600 Quadratmetern. Die Halle ist schön hell ausgeleuchtet. Licht strahlt durch das teils transparente Dach und es läuft Indie-Musik. Es ist 11 Uhr vormittags und noch ist angenehm wenig los. Etwa 15 bis 20 Leute tummeln sich im Boulderbereich. Von Jugendlichen bis zu Großeltern mit ihren Enkeln sind alle Altersgruppen vertreten. Viele beobachten genau, wie andere klettern und geben dabei Tipps und Hilfestellungen. Die Wände sind hier zwischen 3,5 und 4,5 Meter hoch. Um Verletzungen vorzubeugen, ist der Hallenboden mit dicken Weichbodenmatten unterlegt. Manche Routen führen auf eine Empore. Über eine Leiter geht es dann zurück an den Start. Bei anderen gilt es, auch wieder sicher nach unten zu klettern.
Geübte Boulderer können auch einfach abspringen und sich auf dem Boden abrollen. Manche Routen erfordern sehr viel Kraft in den Armen, bei anderen kommt es mehr auf Technik und Gleichgewichtssinn an. Es gibt unterschiedliche Farben für die einzelnen Schwierigkeitsgrade. Von der gelben „Des machst scho“-Route bis zur schwarzen „Brudahl“-Route ist für jeden etwas dabei. Gelbe und grüne Routen sind gut zum Warmmachen geeignet. Die orangefarbene Route macht ihrem Namen alle Ehre und heißt „Oarschbacken zamkneifen“. Bei vielen der blauen Routen („Do legst di nieder“) beiße ich mir die Zähne aus und schaffe es nicht nach oben.
Tobias Nalewaja war schon öfter hier. „Die Wand mit dem langen Überhang in der Ecke der Halle gefällt mir besonders gut“, sagt der Landsberger. Marcus Degg aus Thaining hat schon lange auf die Eröffnung einer Boulderhalle im Landkreis gewartet. „Vorher musste ich immer nach München oder Augsburg fahren“, erzählt er. Nur einen größeren Fitness- und Kraftraum vermisst er in der „Kletterei“noch.
Die Kletter- und Boulderrouten des Neubaus sind hochmodern. „Die Kletterei weist einen Bestand von über 8000 unterschiedlichen Griffen und Tritten auf“, sagt Mitarbeiter Thomas Schuster. Die große Auswahl erlaube es, die Routen alle acht Wochen zu verändern. QR-Codes sind beim Start aller Strecken an den Wänden angebracht. „Bald wird es auch unsere eigene App geben“, erzählt Schuses ter. Künftig kann man dann Kommentare und Bewertungen zu jeder einzelnen Route digital eintragen. Zum Abschluss geht es auch noch in die Kletterwelt nebenan. Zwar gibt es auch im Boulderbereich eine Einsteigerwand mit automatischem Sicherungsgerät, doch im Kletterbereich geht es höher hinaus. Ein Kletterpartner sowie das vorherige Absolvieren eines Einsteigerkurses zum sogenannten Top-Rope-Sichern sind Pflicht. Die DAV–Sektionen Landsberg und Kaufering bieten auch zahlreiche Einsteigerund Fortgeschrittenenkurse an. Barabara Lezner übernimmt an diesem Tag meine Sicherung. Bei einer Wandhöhe von 15 Metern ist hier deutlich mehr Ausdauer gefragt als beim Bouldern. Nachdem ich sichtlich geschafft oben angekommen bin, seilt mich die Kletterbetreuerin vom Landsberger Alpenverein routiniert ab. Die Routen der Kletterhalle wurden von ihren Erbauern auch individuell getauft. Namen wie „Wirbelsäulengymnastik“, „Ritter Rost“oder „Kühlschrank“laden zum schweißtreibenden Vergnügen ein. Genau wie beim Bouldern sollte an der Kletterwand aus den Beinen heraus geklettert werden. „Die Arme lässt man möglichst oft gestreckt, um vorschnellen Muskelkater zu vermeiden“, sagt Lezner.
Nach dem ganzen Gekraxel bin ich ganz schön erschöpft. Vor allem das Bouldern hat mich richtig gefordert, aber sehr viel Spaß gemacht. Durch das spielerische Austüfteln in geringer Höhe kann jeder schnell und mit viel Spaß seine Technik, Koordination und Beweglichkeit verbessern und Kraft gewinnen.
In kaum einer anderen Sportart wird der Bezug zum eigenen Körper so deutlich. Allerdings sollte man keine Angst vor einem kurzen Fall auf die Weichbodenmatten haben. Im hauseigenen Restaurant „K2wei“treffe ich auf die Betreiber der Kletterei. „Am Eröffnungstag standen bereits um 6 Uhr morgens etwa 15 Leute vor unserer Tür“, schildern die Inhaber Markus und Bianca Wasserle. Mittlerweile würden die Besucher sich gut über den Tag verteilen. Mit den täglichen Öffnungszeiten von 6 bis 22 Uhr von Halle und Restaurant ist die Kletterei auch für Berufstätige interessant.