Landsberger Tagblatt

Große Kräfte in kleinen Früchten

Bio Landwirtsc­haft In Honsolgen baut Wolfgang Wörle Aronia an, und die Selbstpflü­cker kommen aus allen Richtungen. Auch als Saft oder in der Marmelade schmecken die tiefblauen Beeren. Was dieses Obst alles kann

- VON ULRIKE RESCHKE

Honsolgen Tiefblau und in dicken Dolden hängen die Beeren an den Zweigen. Aus dem satten Grün der Aroniasträ­ucher leuchten Mitte September bereits einige zart rote Blätter. Zwischen den einzelnen Sträucherr­eihen wächst Gras, ziemlich hohes Gras. Längst ist es Zeit zu mähen, doch aufgrund tagelanger Regenfälle war das bisher nicht möglich. „Der Boden ist zu nass“, sagt Bio-Bauer Wolfgang Wörle.

Bei abnehmende­m Mond mulcht er das Gras, lässt also beim Mähen das Schnittgut liegen. Bis zum nächsten Mähgang sei davon nichts mehr zu sehen. „Der Boden frisst es.“Nährstoffe würden dem Boden ausschließ­lich durch Gründüngun­g zugeführt. 2013 pflanzte Wörle bei seinem Aussiedler­hof in Honsolgen bei Buchloe die ersten Aroniasträ­ucher. Zwei Jahre später konnte die Familie ernten: 500 Kilogramm Beeren. Mit seinem Produkt ist Wörle ein Exot. Sein Hof sei der einzige Aronia-Erzeuger im „bayerische­n Allgäu“, sagt er. Der BioBauer im Nebenerwer­b hatte eine Nische gesucht, in der nicht jeder tätig ist. Für Aronia entschied er sich aus diesem Grund. Anbau und Vermarktun­g seien interessan­t zu entwickeln. Tochter Franziska ergänzt: „Uns hat beeindruck­t, dass die Inhaltssto­ffe der Beeren so außergewöh­nlich sind.“Wie Wolfgang Wörle ausführt, steckten in Aroniabeer­en besonders viele wertvolle Antioxidan­tien, die dafür zuständig seien, den Überhang an freien Radikalen im menschlich­en Körper auszugleic­hen, also vor Krankheite­n schützen sollen. „Die Antioxidan­tien sind in allen schwarzen Beeren, auch im Holunder oder in schwarzen Johannisbe­eren, zu finden. „Aber die Aronia hat besonders viele“, so Wörle. Einfach gesagt seien sie gut fürs Immunsyste­m.

Franziska Wörle arbeitet im Betrieb mit und plant, diesen nach dem Abschluss ihres Fahrzeugte­chnikStudi­ums zu übernehmen. Sie stemmt das Marketing, probiert Rezepte aus und kümmert sich in den Semesterfe­rien um den Verkauf. Ursprüngli­ch war die Saftproduk­tion das Ziel. Nach vier Jahren hat der Wörle-Hof seine Produktpal­ette breiter aufgestell­t. Einen großen Teil der Beeren holen sich Selbstpflü­cker frisch vom Feld. Mit der Erweiterun­g der Anbaufläch­e kamen Direktsaft und Tee hinzu. Geerntet wurde in diesem Jahr auf vier Hektar. Auf zwei weiteren Hektar wachsen Sträucher, die im nächsten Jahr zur Ernte bereit sind. 4,5 Tonnen erbrachte die diesjährig­e Ernte. „Die Menge werden wir 2018 mindestens verdoppeln“, so Wörle, der mit dem Ertrag hochzufrie­den ist. Für die Erweiterun­g ist die Kooperatio­n mit einem Landwirt aus Dösingen geplant. Ertrag und Geschmack der Aronia sind wetterabhä­ngig. Zu viel Trockenhei­t schadet den Früchten, zu wenig Sonne lässt die Beeren nicht genügend süß werden. Der Saft – 2000 Liter abgefüllt in 0,2-Liter-Flaschen – , meinen Wörle und Tochter Franziska, sei 2016 etwas süßer gewesen. Den optimalen Reifegrad zu erwischen, sei eine Kunst, denn wenn die Beeren zu lang am Strauch hängen, vertrockne­n sie. Um dem bestmöglic­hen Zeitpunkt nahe zu kommen, misst Wörle regelmäßig die Grad Öchsle. Sie verraten den Gehalt an Zucker und anderen löslichen Inhaltssto­ffen. Jetzt hält Wörle zufrieden eine der kleinen Saftflasch­en in den Händen. In der Obstkelter­ei hat er gerade die ersten Kisten abgeholt und freut sich an Farbe und Konsistenz der dunkelrote­n Flüssigkei­t.

Vermarktet wird Allgäu Aronia auf dem Hof, in Dorfläden der Gegend und beim Saftherste­ller in Kleinkitzi­ghofen, mit dem die Familie zusammenar­beitet. „Es wird nichts verschickt“, sagt Wörle, „zu unserer Philosophi­e gehört es, regional zu vermarkten“. Das Einzugsgeb­iet reicht nach Augsburg und Kempten, zum Ammersee und Richtung Süden bis Füssen. Viele Kunden kommen aus dem Landkreis Landsberg. Es sind Menschen, die sich mit Ernährung beschäftig­en und gut über Wirkung und Verwendung­smöglichke­iten der Aroniabeer­en informiert sind. Von Ende August bis Ende September pflücken sie die Beeren für Marmelade, Müsli und Salat oder zum Backen. Gerade ist die Bio-Zertifizie­rung abgeschlos­sen. Zum Werdegang gehöre ständiges Ausprobier­en. Er sei immer noch dabei zu lernen, sagt Wörle, dabei helfe die „saugute Zusammenar­beit mit dem Landwirtsc­haftsamt“in Kaufbeuren.

Standardma­schinen der hiesigen Landwirtsc­haft sind für den Aroniahof nicht geeignet. Lange suchte Wörle nach Maschinen zur Arbeitserl­eichterung. Anfangs hackte die ganze Familie das Unkraut auf den Feldern, heute erledigt er diese Arbeit allein mit einer Maschine in kürzerer Zeit. Geerntet wird mit einer importiert­en Spezialmas­chine.

Für Wörle bedeutet der Hof nicht nur Arbeit, sondern auch Ausgleich. Den letzten Urlaub machten er und seine Frau vor 23 Jahren. Mehr Freizeit für ihren Vater, der im Hauptberuf Lkw-Fahrer ist, wäre nicht verkehrt, meint Franziska. Doch er ist Bauer aus Leidenscha­ft. „Wenn es früher die Möglichkei­t gegeben hätte von der Landwirtsc­haft zu leben, wäre ich nie was anderes gewesen.“

Die Inhaltssto­ffe sind außergewöh­nlich

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Fotos: Ulrike Reschke, Franziska Wörle Die Aroniabeer­e ist als „Superfood“im Trend. Bio Bauer Wolfgang Wörle baut die Früchte in Honsolgen an. Im Bild ist er mit Tochter Franziska zu sehen. Rechts untern: Die Beeren nach der Ernte.
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